ADB:Winckell, Georg Franz Dietrich aus dem

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Winckell, Georg Franz Dietrich aus dem“ von Richard Heß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 43 (1898), S. 342–343, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Winckell,_Georg_Franz_Dietrich_aus_dem&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 03:21 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 43 (1898), S. 342–343 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Georg Franz Dietrich aus dem Winckell in der Wikipedia
Georg Franz Dietrich aus dem Winckell in Wikidata
GND-Nummer 117403733
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|43|342|343|Winckell, Georg Franz Dietrich aus dem|Richard Heß|ADB:Winckell, Georg Franz Dietrich aus dem}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117403733}}    

Winckell: Georg Franz Dietrich aus dem W., Forstmann, geboren am 2. Februar 1762 auf dem Rittergute Priorau (im Kurkreise Sachsen), † am 31. Mai 1839 in Schierau (bei Dessau). Er verlor seinen Vater, den kurfürstlich-sächsischen Oberhofgerichtsassessor Karl Gottlob a. d. W., schon in seinem ersten Lebensjahre, mußte daher mit noch acht Geschwistern zunächst von der Mutter, als deren Liebling er sich selbst bezeichnet, erzogen werden. Als diese 1769 zur zweiten Ehe mit dem sächsischen Premierlieutenant v. Schierbrand schritt, erhielt er in diesem einen gütigen Stiefvater. Die ersten grundlegenden Schulstudien machte er 1773–1777 auf dem königl. Pädagogium zu Halle; 1777–1780 setzte er dieselben auf der Landesschule zu Grimma fort. Zu Ostern 1780 bezog er die Universität Leipzig, um, dem Wunsche seines Vormundes gemäß, Jurisprudenz zu studiren. Aus eigenem Antrieb fügte er seinem Studienprogramm noch cameralistische Fächer ein. Ein unglücklicher Sturz vom Pferde im zweiten Jahre seiner Studienzeit zwang ihn aber, die juristische Laufbahn, weil diese zu einer mehr sitzenden Lebensweise nöthigte, aufzugeben und einen Beruf zu wählen, bei dem durch häufige Bewegung im Freien die durch seinen Fall geschwächte Brust nach und nach sich wieder stärken konnte. Mit Freude ergriff er diese Gelegenheit, sich dem Forst- und Jagdwesen zuzuwenden, wofür er schon von Jugend auf eine besondere Liebhaberei hatte. Er trat infolgedessen 1781 bei dem Hofjäger Hähnel zu Sitzenroda (bei Torgau) in die forstliche Lehre ein. Während einer dreijährigen Lehr- und Lernzeit unter den Augen dieses wackeren Mannes, der jedoch vorwiegend nur Jäger war, suchte er nicht nur in der Jagdkunde möglichst reiche Kenntnisse und Fertigkeiten sich anzueignen, sondern auch im Forstwesen; hierbei dienten ihm die Schriften von Flemming, Döbel, Beckmann und Zanthier als Grundlage. Seine Hoffnung, als Sprößling einer der ältesten adeligen Familien Sachsens als Jagdpage eingeschrieben zu werden und in dieser Carrière mit der Zeit zu einer hervorragenden Stellung als Forstmann zu gelangen, ging nicht in Erfüllung, da es ihm, infolge einer von einem seiner Vorfahren geschlossenen Mesalliance nicht möglich war, die erforderliche geschlossene Reihe von Ahnen nachzuweisen. Er zog sich daher auf das ihm bei der Erbtheilung zugefallene Rittergut Schierau zurück, wo er theils dem Betriebe seiner eigenen Forstökonomie und Jagd, theils dem weiteren Studium im Walde und in den besten forstlichen Werken sich hingab. 1791 begründete er daselbst durch seine Verheirathung mit Fräulein v. Ludwiger aus dem Hause Zschepkau einen eigenen häuslichen Herd. Durch die Verhältnisse gezwungen, mußte er aber sein Gut schon 1794 an die Frau Erbprinzessin von Anhalt-Dessau verkaufen. Eine Folge dieses Verkaufs war sein Eintritt in die Dienste des regierenden Fürsten Leopold Friedrich Franz von Dessau. Vorläufig erhielt er nur die Hofcharge eines Kammerjunkers; jedoch wurde ihm die Zusage ertheilt, im Forst- und Jagdfache placirt zu werden, sobald die Theilung des damals noch nicht erledigten Fürstenthums Anhalt-Zerbst vollzogen sein werde. Da aber diese Zusage nach der erfolgten Theilung nicht erfüllt und auch ein nochmaliges Gesuch um Anstellung im [343] Forstdienste abschlägig beschieden wurde, suchte er 1802 um seine Entlassung aus dem dessauischen Hofdienste nach, der ihm ohnehin niemals sympatisch gewesen war. Er verließ Dessau, jedoch mit der Hoffnung auf dereinstige Rückkehr, da er sich der Gunst des Erbprinzen erfreute. Seinen nächsten Wohnsitz schlug er in einem seiner einzigen noch lebenden Schwester gehörigen Landhause zu Obernitzschka (bei Wurzen) auf; 1807 ließ er sich in Machern (bei Leipzig) nieder. In diese Jahre der Muße fällt die Herausgabe seines „Handbuch für Jäger, Jagdberechtigte und Jagdliebhaber“ (3 Theile; mit 2 Kupfern und Tabellen, 1805–1806). Die Anregung zu diesem berühmt gewordenen Buche verdankte er dem Hofrath Spazier, mit welchem er in Dessau bekannt geworden war. Die 2. Auflage besorgte er noch selbst (1820–1822). Nach seinem Tode wurde das Werk in drei weiteren Auflagen (1858, 1865 und 1878) von Dr. Johann Jakob v. Tschudi herausgegeben. Dieses classische Buch behandelt alle zur Jagd gehörigen Gegenstände auf Grund eigener Kenntniß und Erfahrungen mit der größten Gründlichkeit in ausführlicher Weise. Man kann es noch heute als die beste Grundlage für jagdliches Wissen und jagdliche Erfahrungen bezeichnen; es wird auch thatsächlich fast stets angerufen, wenn unter den Jüngern Diana’s eine Meinungsverschiedenheit über einen jagdlichen Gegenstand entsteht. Auf Empfehlung des Geheimeraths Moritz v. Thümmel wurde ihm endlich noch die Freude zu Theil, im October 1812 zum Administrator der etwa 40 000 bairische Tagwerke umfassenden Forste des Kämmerers Freiherrn v. Thüngen zu Thüngen (in Franken) ernannt zu werden. Bis 1832 verblieb er auf diesem Posten; zuletzt ließ er sich wieder in Schierau nieder. Von 1823 ab war er zugleich Mitredacteur der Zeitschrift für das Forst- und Jagdwesen in Baiern. Außerdem lieferte er Beiträge in den Sylvan. Er war Mitglied der Societät der Forst- und Jagdkunde zu Waltershausen.

Die Bedeutung Winckell’s für die Forstgeschichte liegt in dem oben genannten Jagdhandbuch. Zweifellos hat er auch erfolgreich in den Thüngen’schen Forsten, die größtentheils aus Buchen- und Eichenhochwald bestehen, gewirkt; jedoch war er als Forstmann nicht hervorragend. Seine Selbstbiographie zeugt von wohlthuender Bescheidenheit, ernstem Streben nach Erweiterung seiner Kenntnisse und regem Pflichtgefühl.

Laurop und Fischer, Sylvan, Jahrbuch für Forstmänner, Jäger und Jagdfreunde auf das Jahr 1823, S. 3 (Selbstbiographie). – Pfeil, Kritische Blätter für Forst- und Jagdwissenschaft, fortgesetzt von Dr. Nördlinger, 45. Band, 2. Heft, 1863, S. 186. – Bernhardt, Geschichte des Waldeigenthums etc. II, S. 397 und 404, Bemerkung 23; III, S. 396. – Theodor Hartig, Lehrbuch für Jäger von G. L. Hartig, I. Band, 10. Aufl. 1877, S. 25. – Roth, Geschichte des Forst- und Jagdwesens in Deutschland, S. 557. – Heß, Lebensbilder hervorragender Forstmänner etc., 1885, S. 412.