ADB:Mauch, Johann Matthäus von

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Artikel „Mauch, Johann Matthäus von“ von August Wintterlin in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 684–686, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Mauch,_Johann_Matth%C3%A4us_von&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 15:15 Uhr UTC)
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Mauch: Joh. Matthäus (v.) M., Architect, geb. zu Ulm den 22. Febr. 1792, † zu Stuttgart am 13. April 1856, kam mit seinem Vater, einem Beamten der damaligen Reichsstadt Ulm, in seinem vierten Lebensjahre nach dem gewerbereichen Städtchen Geislingen, wo seine technischen und künstlerischen Talente frühzeitig zu Tage traten. Im J. 1804 in das inzwischen baierisch gewordene Ulm zurückgekehrt, trieb er mit Vorliebe Mathematik und Zeichnen. Im J. 1809 wurde er als Eleve in die Akademie der bildenden Künste zu München aufgenommen und widmete sich besonders unter der Leitung von Professor Fischer[WS 1] dem Studium der Architectur. Als Ulm im J. 1810 württembergisch wurde, bewilligte ihm König Friedrich im Februar 1811 ein Stipendium zur Fortsetzung seiner Studien, ließ ihn aber vier Monate später zum Militär ausheben. M. mußte als Artillerist, später als Oberfeuerwerker und zuletzt als Quartiermeister vier Jahre lang dienen, bis er endlich auf sein Ansuchen zur königlichen Bau- und Gartendirection abkommandirt und in Freudenthal bei den dortigen königlichen Bauten verwendet wurde. König Wilhelm unterstellte ihn bald nach seinem Regierungsantritte im J. 1816 dem trefflichen Architecten, Hofbaumeister Thouret, und ertheilte ihm auch kurz darauf den Abschied aus dem Militärdienste, um ihm Gelegenheit zu weiterer Ausbildung im Auslande zu geben. M. fand zunächst mit seinem Freunde Karl Alexander Heideloff (s. Bd. XI S. 300) Arbeit bei der Restauration des Schlosses zu Koburg und benützte dabei den Vortheil der Nachbarschaft von Nürnberg und Bamberg, um die mittelalterliche Kunst zu studiren. Jedoch Schinkel’s Name zog ihn nach Berlin. Er ging dahin noch im J. 1816 und fand eine Anstellung [685] als Zeichner an der dortigen königlichen Eisengießerei, woneben er noch Vorlesungen über Mathematik, Physik, Chemie und Kunstgeschichte hören konnte. Er wurde bald auch mit Schinkel persönlich bekannt, der ihn als Conducteur bei dem Baue des neuen Schauspielhauses verwendete und im J. 1821 dem Vorstande des neugegründeten königlichen Gewerbe-Institutes, Beuth, zu einer Lehrstelle für Architectur und Handzeichnen empfahl. Vom Jahr 1832 an vertrat M. daneben noch dieselben Fächer und Maschinenzeichnen an der vereinigten Artillerie- und Ingenieurschule. Als gewandter Zeichner wurde er zu verschiedenen durch das preußische Ministerium veranlaßten Publicationen beigezogen, so namentlich zu dem von der technischen Deputation der Gewerbe herausgegebenen Prachtwerke: Vorbilder für Fabrikanten und Handwerker (1821–1830), für welches er viele Zeichnungen lieferte und einen Theil davon selbst stach und lithographirte. Für die königliche Kalender-Deputation machte er auf alljährlichen Reisen Aufnahmen von Landschaften, Städten und Monumenten, welche durch den Stich vervielfältigt wurden. Von einer längeren Studienreise nach Italien im J. 1830, wo er viel mit Eckermann und dem jungen Goethe zusammen war, brachte er allerlei Früchte fleißiger Studien mit, die er in der Folge als Schriftsteller und Lehrer zu verwerthen wußte. Im J. 1832 erschien das erste, im J. 1835 das zweite, im J. 1839 das dritte und im J. 1845 das vierte Heft des Werkes: „Vergleichende Darstellung griechischer Bauordnungen“, welches in den 3 ersten Heften als Fortsetzung von C. Normand’s[WS 2] gleichnamigem Buche bzw. der deutschen Ausgabe desselben von M. H. Jakobi[WS 3] galt, später aber unter Mauch’s Namen allein gestellt wurde und unter dem Titel: „Neue systematische Darstellung der architektonischen Ordnungen der Griechen und Römer und neueren Meister“ viele Auflagen (von der 5. (im J. 1862) an verbessert und vermehrt von L. Lohde[WS 4]) erlebte. Für die preußischen Gewerbeschulen arbeitete M. in amtlichem Auftrage das Werk aus: „Klassische Verzierungen als Vorlegeblätter für einen fortschreitenden Unterricht der Architekten und aller Gewerbtreibenden.“ Heft I und II. Berlin 1837, wozu er sämmtliche Blätter selbst in Kreidemanier auf Stein zeichnete. Als tüchtiger Aquarellist wies er sich durch viele Architectur- und Landschaftsblätter aus, mit denen er (vgl. darüber die betr. Jahrgänge des Kunstblattes) die Kunstausstellungen zu Berlin und Stuttgart zu beschicken pflegte. Seine vielseitig nützliche Thätigkeit verschaffte ihm in Berlin auch mannichfache äußere Anerkennung, wie die Ernennung zum Mitgliede der Akademie der Künste (1832), zum Professor (1835), zum Mitgliede des archäologischen Instituts in Rom und die Auszeichnung durch 2 goldene Medaillen und einen Orden. An persönlichem Entgegenkommen in den Berliner Künstlerkreisen hatte es ihm von Anfang an um so weniger gefehlt, als er eine sehr gesellige und mit glücklichem Schwabenhumor begabte Natur war. Dennoch folgte er als treuer Sohn seiner Heimath im J. 1839 einem Rufe an die königliche Gewerbeschule (jetzt polytechnische Hochschule) in Stuttgart als Professor für monumentale Baukunst und deren Geschichte und für Ornamentenzeichnen und Modelliren, wozu noch die Mitgliedschaft in der Direction der königlichen Kunstschule mit einem Lehrauftrag für Perspective und später die Inspection der Formerei auf der königlichen Eisengießerei zu Wasseralfingen kam. In diesen Aemtern entfaltete M. eine hochgeschätzte, auch von der württembergischen Regierung durch eine goldene Medaille für Kunst und Wissenschaft und den Orden der württembergischen Krone anerkannte Wirksamkeit. Obwohl von der classicistischen Richtung ausgegangen und dieser vor anderen bleibend zugethan, machte er sich doch durch Reisen in Deutschland, Frankreich und Belgien mit den mittelalterlichen Stilen so vertraut, daß er auch für diese als berufener Lehrer auftreten konnte. Er führte seine [686] Schüler in das gründliche Studium derselben, besonders durch Excursionen nach den bekannten Kunststätten Maulbronn, Bebenhausen, Wimpfen u. s. w. ein, wo er zu den theoretischen Erläuterungen der Baudenkmale Vermessungen und Aufnahmen durch die Schüler selbst fügte. Zu Hause autographirt oder lithographirt und am Schlusse des Schuljahres an die Schüler vertheilt, auch zu Tauschen nach auswärts verwendet, bildeten diese Blätter zugleich ein werthvolles Anschauungsmaterial für die süddeutsche Kunstgeschichte. Einen verdienstlichen Beitrag zu der letzteren bietet auch sein Programm vom Jahre 1849: „Abhandlung über die mittelalterlichen Baudenkmale in Württemberg“ (mit 4 lithogr. Tafeln). Als geborener Ulmer übernahm M. im J. 1842 mit besonderer Freude die Oberleitung der Restauration des Ulmer Münsters, war aber Künstler genug, diesen Auftrag bald wieder abzugeben, als ihm dabei in Betreff der Stellung einer neuen Orgel Zumuthungen gemacht wurden, welche mit seinem künstlerischen Gewissen unvereinbar schienen. Seine Kraft an bedeutenden Neubauten zu erproben, war ihm nicht vergönnt. Für die einzige größere Aufgabe, die ihm in Stuttgart zugewiesen wurde, die Errichtung einer Reiterkaserne (1841–1845), waren die Mittel zu spärlich bemessen, um einen eigentlichen Kunstbau zu erlauben. Gerühmt wird eine Villa, die er in dem Städtchen Gaildorf für eine verwittwete Gräfin zu Waldeck erbaute; auch die vier Kandelaber am Stuttgarter Schillerstandbilde loben ihren Meister.

Vgl. außer den Künstlerlex.: Den Nekrolog von E. M. [auch] im Deutschen Kunstblatt Jahrg. VII, 1856, S. 259 ff. und den Nachruf von B[reymann][WS 5] in der Schwäb. Kronik v. 1856 S. 809.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Karl von Fischer (1792–1820), erster Professor des Fachbereichs Architektur der Münchner Akademie der Bildenden Künste. Siehe den Wikipedia-Artikel über ihn.
  2. Charles-Pierre-Joseph Normand (1765–1840), französischer Architekt und Designer, Graphiker und Kupferstecher.
  3. Moritz Hermann von Jacobi (1801–1874), deutsch-russischer Physiker. Siehe den Wikipedia-Artikel über ihn.
  4. Ludwig Lohde (1806–1875), deutscher Architekt und Bauforscher. Siehe den Wikipedia-Artikel über ihn.
  5. Gustav Adolf Breymann (1807–1857), deutscher Architekt und Lehrer an der Königlich Württembergischen Polytechnischen Schule Stuttgart. Siehe den Wikipedia-Artikel über ihn. Erwähnt im ADB-Artikel zu seinem Neffen, dem Bildhauer Adolf Breymann (1839–1878).