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Artikel „Eckermann, Johann Peter“ von Carl August Hugo Burkhardt in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 613–614, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Eckermann,_Johann_Peter&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 20:04 Uhr UTC)
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Band 5 (1877), S. 613–614 (Quelle).
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Eckermann: Johann Peter E., geb. den 21. Septbr. 1792 zu Winsen an der Lühe[1] in Hannover, war in sehr bescheidenen, fast ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen. Eine kleine Oekonomie und besonders ein zeitweiser Hausirhandel des Vaters nährte die Familie, die bei dürftigem Einkommen für eine bessere Ausbildung des Knaben nichts beitragen konnte, auf dessen Beihülfe im Gegentheil beim Betrieb der kleinen Wirthschaft gerechnet wurde. Erst als in demselben zufällig ein Zeichentalent entdeckt wurde, nahmen sich seiner einige gebildete Ortseinwohner an und ließen ihm mit ihren Kindern einen über die Volksschule hinausgehenden Unterricht ertheilen. Mit der Confirmation hörte dieser, wie überhaupt jede Unterstützung auf und nur dem dortigen Justizbeamten war es vielleicht zu danken, daß E. in eine seinen Neigungen nicht völlig fremde Sphäre der Thätigkeit gewiesen wurde, indem er bis 1810 die Stelle eines Privatschreibers bekleidete. Nach Auflösung des Amtes seiner Vaterstadt wurde er im Steuerbureau zu Lüneburg, darauf in der Unterpräfectur zu Uelzen beschäftigt. Vom Ende des J. 1812 versah er die Stelle eines Mairiesecretärs zu Bevensen, als ihn die Pflicht gegen das Vaterland als Freiwilliger unter die Fahne des Kielmannsegge’schen Jägercorps rief, dem er bis zu dessen Auflösung im Herbst 1814 angehörte. Bei seiner Rückkehr in die Heimath fand er den Vater nicht mehr am Leben; es galt jetzt der Begründung einer neuen Existenz, die ihm vielleicht, so hoffte er, das in ihm entdeckte Zeichentalent gewähren könne. Sein Vorbild war Ramberg, den er in Hannover aufsuchte. Ein systematischer Unterricht hatte begonnen, doch war die Zukunft um so trüber, als E. ohne Mittel, in Hannover ausschließlich auf die Unterstützung eines Freundes angewiesen war. Das drückende Gefühl, das aus der fortwährenden Unterstützung hervorging, vorzüglich aber eine Krankheit, die unmittelbare Folge der anstrengenden Feldzüge, nöthigten ihn zum völligen Aufgeben seiner künstlerischen Laufbahn. Mit Freuden erfaßte er eine sich darbietende Gelegenheit zu seiner weiteren Versorgung. Er trat in die Dienste einer mit der Kriegscanzlei verbundenen Montirungscommission, die ihm hinreichende Zeit ließ, mit anregenden Freunden der Kunst und Litteratur sich zuzuwenden. Insbesondere nahm die letztere sein ganzes Interesse in Anspruch, zumal begeisterten ihn Theodor Körner’s damals so hoch gefeierte Dichtungen und erregten in ihm selbst den Trieb zum Dichten. Die Behandlung eines der Zeit angemessenen Themas brachte ihm große Anerkennung und belebte ihn zu neuen Versuchen, die ihn nach neuen Vorbildern suchen ließen. Damals 24 Jahr alt, las er zum ersten Male Schiller und Goethe; von Shakespeare wandte er sich zum Studium der griechischen Dichter. Hier war es, wo er zum Bewußtsein gelangte, daß bei dem Mangel classischer Bildung weder Verständniß noch Nachahmung möglich sei. Er nahm zunächst Privatunterricht in den alten Sprachen, besuchte dann das Gymnasium zu Hannover, um intensiver in den Geist des Alterthums einzudringen. Aber trotz aller Energie vermochte er auf die Dauer der Schule nicht zu folgen, da die dienstlichen Anstrengungen mit den Anforderungen der Wissenschaft schwer zu vereinbaren waren, zumal die physischen Kräfte auf die Dauer nicht ausreichten. Aber treu seinem Beschluß setzte er in langsameren Zügen durch Privatunterricht seine Studien fort. Nach manchen schriftstellerischen Versuchen, die sich auch auf Theaterstücke erstreckten, aber ohne nennenswerthe Erfolge blieben, verließ er endlich seine dienstliche Stellung und bezog im Mai 1821 mit Unterstützung seiner Vorgesetzten die Universität Göttingen. Mit Rücksicht auf seine [614] Zukunft widmete er sich dem Studium der Jurisprudenz, die aber in Wahrheit, wie sehr es ihm auch Ernst war, ihr anzugehören, doch in zweiter Linie stand, da die schönwissenschaftlichen Studien stets den Vorrang behaupteten. Als die materielle Unterstützung aufhörte und die vorwiegende Neigung nicht zu bekämpfen war, verließ er im Herbst 1822 die Universität und vollendete auf einem Landsitze in der Nähe Hannovers sein Erstlingswerk „Beiträge zur Poesie“, eine Reihe theoretischer Aufsätze, in denen er auf die Schöpfung und Beurtheilung dichterischer Werke einen Einfluß auszuüben suchte. Die Arbeit sandte er an Goethe, theils um ein untrügerisches Urtheil, theils um gleichzeitig eine materielle Verwerthung des Geschaffenen zu gewinnen. Als Goethe sich günstig aussprach, ging E. selbst nach Weimar, um sich dem größten deutschen Dichter vorzustellen. Wie sich das Verhältniß Eckermann’s zu Goethe seitdem gestaltete, ist ausführlich in den bekannten „Gesprächen“ dargelegt. E. war dazu ausersehen, bis zu einem gewissen Grade Goethe’s Vertrauter und dessen Stütze bei Veröffentlichung der Werke zu werden. – An äußeren Anerkennungen der Verdienste Eckermann’s fehlte es selbstverständlich nicht, er wurde zum Lehrer des Erbgroßherzogs Karl Alexander für englische Sprache und Litteratur überhaupt auserlesen; die Jenenser philosophische Facultät beehrte ihn 1827 mit dem Doctortitel; er wurde 1838 Hofrath, Bibliothekar der Großfürstin etc. – Eine litterarische Bedeutung hat E. in einem seinem rastlosen Streben entsprechenden Maße nicht gewonnen. Vielleicht, daß doch sein Bildungsgang einen guten Theil der Schuld trug. Jedenfalls läßt sich darüber streiten, ob nicht die durch das Verhältniß zu Goethe bedingte zum Theil einseitige Thätigkeit seiner ferneren Entwicklung wesentlichen Eintrag that. Neben seinen Gedichten verfaßte er eine Reihe beachtenswerther Aufsätze in „Kunst und Alterthum“ und im „Morgenblatt“, während seine „Gespräche mit Goethe“ (Bd. I. u. II. 1836, Bd. III. 1848), weithin bekannt, allein seinen litterarischen Ruf begründet haben. An der Redaction der Goethe’schen Werke hat er den vorzüglichsten Antheil genommen. – E. war bis an sein Ende eine liebenswürdige Natur, wenn man auch im Verkehr mit ihm mancherlei Eigenthümlichkeiten unbedingt Rechnung zu tragen hatte. Er starb zu Weimar am 3. Decbr. 1854.

Eckermann’s Selbstbiographie in den Gesprächen mit Goethe, deren dritter Theil nicht frei von Datirungsfehlern ist. – v. Biedenfeld, Weimar. – Blätter für litterarische Unterhaltung 1857, S. 886.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 613. Z. 6 v. o. l.: Luhe (st. Lühe). [Bd. 6, S. 795]