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Artikel „Ramberg, Johann Heinrich“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 27 (1888), S. 207–208, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ramberg,_Johann_Heinrich&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 18:18 Uhr UTC)
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Ramberg: Johann Heinrich R., Maler, Zeichner und Kupferätzer, wurde am 22. Juli 1763 zu Hannover geboren; sein Vater, der Kriegssecretarius und nachherige kurfürstliche Hofrath R., ein Kunst-Liebhaber und -Kenner, entdeckte bald das früh erwachte Talent des Sohnes und suchte dasselbe durch Blätter von Le Prince, durch Zeichnungen von La Fage, Boucher und Genossen zu entwickeln und zu fördern. Ein Dutzend „Ansichten aus dem Harz“, welche durch den hannöverschen Gesandten dem König Georg III. vorgelegt wurden, verhalfen dem siebenzehnjährigen Künstler zur Aufnahme an der Akademie zu London. Hier blieb er neun Jahre zu seiner Ausbildung, malte mehrere Bilder und Porträts, lieferte Illustrationen und zeichnete Witzblätter und Caricaturen für den damals schon gemüthskranken König, welcher meistens selbst die Sujets angab, die R. in ein paar Minuten zum großen Beifall des Monarchen, für den man solche Unterhaltungen suchte, aufs Papier warf. Damit hängen die ersten, sehr selten gewordenen Radirversuche Ramberg’s zusammen. Mit Unterstützung seines königlichen Mäcen reiste R. 1788 nach den Niederlanden, besuchte die dortigen Galerien und wendete sich nach Deutschland. In Leipzig malte er das Bildniß des Dichters Gleim (gestochen von Schulz) und kam 1791 zu Dresden mit Chr. Gottfr. Körner zusammen, dessen Urtheil über R. jedoch nicht besonders günstig lautet. Er schilderte ihn als einen wilden, übermüthigen Burschen, der sich fühlt und schwerlich weiter in der Kunst kommen werde; es fehle ihm nicht an Ideen, aber er sei einseitig und dabei ebenso dreist im Urtheilen, als in seinem Zeichnen; überhaupt wolle er lieber das Leben nach seiner Weise genießen, als fortstudiren. Das paßt ganz auf R., welcher schon früher größere Anerkennung fand, als sein mehr improvisatorisches Talent verdiente. Durch verschiedene Empfehlungen gefördert, reiste R. über Prag und Wien, wo er sich überall einige Zeit aufhielt und ein Talent wie das seine ganz geeignet war, die vornehmen Kreise zu unterhalten. Dann strebte R. nach Italien, berührte Venedig – hier traf er den nachmals als Generaldirector der französischen Museen berufenen Denon, dessen Bildniß er malte, während Denon 1791 das Porträt Ramberg’s stach – Bologna und Parma, Rom und Neapel und kehrte endlich nach Hannover zurück, wo R. 1792 das Diplom eines Hofmalers erhielt. Außer verschiedenen, sehr manierirten Bildern schuf R. eine große Zahl von [208] Zeichnungen des verschiedenartigsten Inhalts. Mehr als 20 Jahre übte dieser Künstler eine fast souveräne Herrschaft über eine Schaar von Almanachen und Taschenbüchern (wie „Orphea“, „Minerva“, „Penelope“, Schütze’s „Taschenbuch der Liebe und Freundschaft“, Becker’s „Taschenbuch zum geselligen Vergnügen“ u. s. w.) und begleitete von Lafontaine, Wieland, Iffland bis zu Clauren einen guten Theil unserer Dichter, Novellisten, Operncomponisten mit seinen Darstellungen, „blieb aber immerdar hinter dem Fluge reiner und edler Geister zurück, während er der Frivolität gewisser Schriftsteller vollkommen Genüge leistete“. Mit vielen seiner meist cyclischen Compositionen machte er geradezu Epoche, darunter mit den uns heutzutage sogar widerwärtig erscheinenden Illustrationen zu Schiller, Shakespeare, oder zum „Reinecke Fuchs“ (30 radirte Blätter, Hannover 1826) und „Till Eulenspiegel“ (55 Umrisse, Hannover 1887); ebenso mißhandelte er die Ilias des Homer „seriös und comisch“, d. h. in Blumauer’s Manier. Auch in der Caricatur, Allegorie und Mythe, im Porträt, in landschaftlichen und anderen Darstellungen erwarb R. einen Namen, welcher alsbald ebenso übertrieben wie noch während seines Lebens wieder unterschätzt wurde. Wenn man auch der Originalität und dem großen Reichthum seiner Gedanken alle Gerechtigkeit zollt und den scharfen Beobachter des ordinären Lebens, den witzigen und launigen Kopf anerkennen muß, so bleibt einer objectiven Kritik immer zu beklagen, daß ein solches Talent so häufig in leere Oberflächlichkeit und süßliche Nachlässigkeit verfiel. Ihm fehlte durchaus „die Weihe sittlicher Schönheit“. Allein das „elegante“ Publicum seiner Zeit liebte diese Mängel sogar als Vorzüge. „Seine rundlichten, koketten und schalkhaft blickenden Mädchen hatten viele Verehrer, seine pathetischen, schauspielerhaften Helden schienen die ganze Welt erobern zu wollen“. Eines flüchtigen Reizes wegen finden seine fast zahllosen Blätter heute noch Freunde und Sammler. Einzelne Blätter wurden von ihm selbst gestochen, die meisten von Bause, Berger, Schmutzer, Böhm, H. Schmidt, Stölzel, Eßlinger u. A. R. starb am 6. Juli 1840 zu Hannover und wurde auf dem Gartenkirchhof daselbst begraben.

Vgl. Nagler 1842, XII 275 ff. – A. Conze in den Preuß. Jahrb. 1870, XXVI, 83 ff. und die Monographie von Jacob Chr. Carl Hoffmeister, Hannover 1877, welcher die Thätigkeit Ramberg’s nach 337 Nummern gruppirt, ihre künstlerische Bedeutung sehr richtig und ohne Ueberschätzung schildert, seine Fehler und Schwächen weder entschuldigt noch in Schutz nimmt, dabei aber manch’ ernstes, bedeutungsvolles Wort spricht.