ADB:Maltzan, Joachim Freiherr von

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Artikel „Maltzan, Joachim v.“ von Ludwig Schultz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 155–157, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Maltzan,_Joachim_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 10. Oktober 2024, 15:03 Uhr UTC)
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Maltzan: Joachim v. M., geb. 1492, † 1556, ein Sohn des fehdelustigen Berend M., gelangte nicht allein durch seine persönlichen Gaben und Leistungen, sondern nicht minder durch die besonderen Zeitumstände, in welchen ihm eine Rolle zu spielen vergönnt war, zu großem Ruhm und Ansehn. – Schon im 13. Jahre bezog er mit seinem jüngeren Bruder Ludolf unter Begleitung eines Magisters nach der Sitte der damaligen Zeit die Universität Leipzig und erwarb sich eine für den weltlichen Stand immerhin nicht gewöhnliche Bildung. Abenteuerlich, wie sein ganzes Leben, begann seine Laufbahn, indem in Folge einer Fehde der märkischen Familie von Pfuhl mit den Herzögen von Mecklenburg beide Brüder Joachim und Ludolf als Geiseln gewaltsam von der Universität in eine fast zweijährige Gefangenschaft geschleppt wurden. Nach Beendigung der später wieder aufgenommenen Studien und nach kurzem Aufenthalt am bairischen Hofe finden wir M. im Kriege der heiligen Ligue gegen Frankreich, nachdem er zuvor unter des Hauptmannes Georg von Frundsberg Regiment die ersten Kriegsdienste gethan hatte, 1512 als Feldhauptmann im Dienst des Herzogs Maximilian Sforza von Mailand auf dem italischen Kriegsschauplatz. Als solcher führte er wesentlich durch seine Dazwischenkunft mit 6000 Schweizern den Entsatz der Stadt Novara und die völlige Niederlage der Franzosen in dieser Schlacht (6. Juni 1513) herbei und zwang darauf, das völlig aufgelöste französische Heer verfolgend nach Vereinigung mit dem Kaiser Maximilian in Burgund die Festung Dijon, wohin sich die Trümmer des französischen Heeres geflüchtet hatten, zur Uebergabe. Auch in dem darauf folgenden Feldzuge, welchen Franz I. nach Ludwigs XII. Tode im Jahre 1515 zur Wiedereroberung Mailands begann und durch den glänzenden Sieg bei Marignano glücklich beendete, hatte M. als „Oberster Hauptmann“ eines sogenannten „Freien Haufens“ von 8000 Mann, besonders aus Schweizern und Deutschen bestehend, durch tapfere, wenn auch vergebliche Vertheidigung der Gebirgspässe Savoyens und durch einen überaus kühnen ersten Angriff gegen die Franzosen am Vorabend der Schlacht bei Marignano sich so sehr hervorgethan, daß der König Franz selbst auf ihn aufmerksam ward und sich bemühte, denselben in seine Dienste zu ziehen. [156] Da nun Maximilian Sforza sein Herzogthum eingebüßt hatte und den M. aus seinen Diensten entließ, so trug dieser kein Bedenken, den Werbungen des Königs Franz unter den glänzendsten Bedingungen, 2000 Kronen jährlich, Folge zu leisten. Mit gleicher Auszeichnung, wie zuvor auf dem Schlachtfelde, diente M. jetzt als gewandter Diplomat seinem nunmehrigen Herrn in vielfachen geheimen Gesandtschaften 8 Jahre lang. Die bekannten, in diesem Zeitraum vom Könige Franz mit Aufbietung aller Mittel betriebenen Bewerbungen um den deutschen Kaiserthron scheinen in der That gerade durch die Beziehungen, welche M. als deutscher Edelmann zu verschiedenen Höfen namentlich in Norddeutschland hatte, zeitweise nicht unwesentlich gefördert zu sein, so daß der König alle Ursache hatte, die Dienste desselben hochzuschätzen, wenn auch schließlich alle Bemühungen für Franz erfolglos blieben. Frankreichs oder richtiger gesagt der persönliche Einfluß des französischen Königs in der damaligen europäischen Politik und zwar besonders auch in Beziehung auf die Angelegenheiten Deutschlands war ja zeitweise ein so mächtiger, daß bekanntermaßen selbst deutsche Fürsten zu Bündnissen mit ihm und mit seinem Nachfolger sich bereit finden ließen. Machte doch die traurige Zerrissenheit Deutschlands und die dadurch bedingte Schwäche der einzelnen Glieder des Reiches eine Anlehnung an eine auswärtige Macht fast zur Nothwendigkeit. So dürfte denn auch Maltzans’s Dienst beim König Franz durch die Zeitverhältnisse seine Erklärung finden. – Das J. 1525 aber brachte eine Wendung in der ganzen Sachlage. Durch die Gefangennahme des Königs Franz in der Schlacht bei Pavia hörte auch des M. Dienstpflicht in Frankreich auf, und nachdem derselbe eine Zeitlang auf den noch von seinem Vater käuflich erworbenen Besitzungen in Böhmen, Graupen und Teplitz, sich aufgehalten, trat er in die Dienste des Königs Ferdinand von Böhmen. Auch in dieser Stellung spielte M. sowohl in dem Kriegszuge Ferdinands gegen Johann Zapolya im J. 1526 zur Erlangung der Krone Ungarns, als auch bei den wiederholten, das Reich so sehr gefährdenden Einfällen der Türken bis 1543 sogar als „Oberster Feldmarschall“ Ferdinands eine sehr hervorragende Rolle, so daß der König ihn bereits 1530 in Anerkennung seiner Verdienste in den Freiherrnstand erhob mit Bezug auf die 1529 von M. erkaufte Standesherrschaft Wartenberg in Schlesien und zugleich auf den Besitz von Stadt und Burg Penzlin in Mecklenburg. – Hatten bisher die großen Ereignisse der auswärtigen Politik den Gang der religiösen Angelegenheiten in Deutschland in den Hintergrund gedrängt, so traten nunmehr nach Abwendung der Türkengefahr und nach endlichem Friedensschluß zwischen Karl V. und Franz I. zu Crespy die feindlichen Absichten des Kaisers gegen die Protestanten immer bestimmter hervor. Es kam endlich 1546 zum schmalkaldischen Krieg. M., der sehr wahrscheinlich bereits damals sich der protestantischen Lehre zugewandt hatte, – obwohl ein bestimmtes Jahr seines Uebertritts nicht anzugeben ist – diente freilich auch in diesem Kriege sogar noch als oberster Befehlshaber dem König Ferdinand, doch scheint er sehr bald, dem Kaiser Karl und dem Könige verdächtigt, in Ungunst gefallen zu sein, so daß plötzlich in Anlaß einer Schuldklage 1551 der Verhaftsbefehl gegen ihn und die Sequestration von Schloß und Stadt Wartenberg in Schlesien erfolgte. M. selbst hatte sich allerdings persönlich durch rechtzeitige Entfernung nach Mecklenburg gesichert und fand dort beim eifrig protestantischen Herzoge Johann Albrecht nicht allein Schutz, sondern auch diplomatische Verwendung. Es ist sehr wahrscheinlich, daß besonders auch auf Maltzan’s Betreiben von Seiten der Protestanten neue Verhandlungen mit Frankreich und England angeknüpft wurden, welche auch endlich zu Friedenwalde im October 1551 zu einem Schutz- und Trutzbündniß mit Frankreich führten. Auch an dem nunmehr erfolgenden siegreichen Kriegszuge der Protestanten gegen den Kaiser, welcher mit [157] der Erstürmung der Ehrenberger Klause, mit der eiligsten Flucht des Kaisers begann und mit dem Frieden von Passau 1552 so glücklich für die Protestanten endigte, nahm M. den thätigsten Antheil. Noch einmal betrat er darnach den Boden Frankreichs, um den am dortigen Hofe als Geisel zurückgelassenen Herzog Christoph nach Mecklenburg zurückzuführen. Auf der Rückreise aber schwer erkrankend, machte er zu Wittenberg sein Testament, kehrte allerdings im Sommer 1555 noch nach Mecklenburg zurück, starb aber bald darauf, nachdem er noch kurze Zeit als „Erster Geh. Rath“ des Herzogs thätig gewesen war, im März 1556 wahrscheinlich zu Penzlin, woselbst er auch begraben zu sein scheint. Er hinterließ seine Wittwe, eine geborene von Wallenstein, aus dem Hause des später so eng mit den Geschicken Mecklenburgs verflochtenen Albrecht Herzogs von Friedland, mit 6 Kindern, von denen der älteste Sohn Johann Bernhard die wiedererworbene Herrschaft Wartenberg, später auch Penzlin erbte und die noch jetzt in Mecklenburg ansässige Linie der Maltzan fortpflanzte. –

Lisch, Urkunden-Sammlung zur Geschichte des Geschlechtes von Maltzan, Bd. V. – Mecklenb. Jahrb. Bd. 20.