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Artikel „Mälzel, Johann Nepomuk“ von Josef Sittard in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 157–158, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:M%C3%A4lzel,_Johann_Nepomuk&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 05:13 Uhr UTC)
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Mälzel: Johann Nepomuk M., Sohn eines Orgelbauers und Mechanikers in Regensburg, ist dortselbst am 15. August 1772 geboren. M. zeigte nicht nur für letztere Kunst schon in frühester Jugend großes Geschick und Talent, sondern auch hervorragende musikalische Begabung, so daß er im 14. Jahre bereits für einen der besten Clavierspieler seiner Vaterstadt galt. Sowohl durch sein Spiel als durch Clavierunterricht gründete er sich eine selbständige Existenz (1788–1792); die Liebhaberei für Mechanik und sein Erfindungstalent ließen ihn jedoch bald der Tonkunst den Rücken kehren und das Musikzimmer mit der Werkstätte vertauschen. Im Jahre 1792 ging er, um sich in der Mechanik noch weiter auszubilden nach Wien, später nach London und Paris. In ersterer Stadt erfand er (1800) das sogenannte Panharmonikon, ein Instrument, welches wie die Spieluhren durch einen inneren Mechanismus (Blasebalg und Walzen) zum Erklingen gebracht wird. Dasselbe vereinigte ein ganzes Orchester mit Pauken und Trompeten in sich und war 8 Fuß lang, 5 Fuß breit und 10 Fuß hoch. Im Jahr 1808 entstand ein neues vielfach verbessertes ähnliches Instrument, welches er an eine Gesellschaft in Boston um 400 000 Dollars verkaufte, nachdem er das erstere in Paris für 60 000 Franken angebracht hatte. Die Erfindung seines berühmt gewordenen Trompeter-Automaten verschaffte ihm vom Kaiser von Oesterreich den Titel eines Hofkammermaschinisten. In seiner in Stein’s Pianofortefabrik am Glacis zwischen der Karlskirche und dem Gasthause zum „Mondschein“ gelegenen Werkstätte war es, wo er die häufigen Besuche Beethoven’s erhielt. Er versuchte für letzteren ein Hörrohr zu construiren und fertigte deren vier an, von welchen der Meister gelegentlich eines benützt haben soll. M. hatte auf seinen Reisen durch Deutschland, Frankreich und Italien, da seine gründlichen Kenntnisse in der Mechanik und Musik bekannt waren, von den angesehensten Componisten und Conservatorien die Aufforderung erhalten, sein Talent auch einmal an einer gemeinnützigen Erfindung zu erproben, und eine Art Maschine zu construiren, durch welche die Componisten in den Stand gesetzt würden, die Geschwindigkeit der Ausführung eines Musikstückes genau zu bestimmen. Die erste Idee zu einem solchen Instrument hatte schon ein im Jahre 1702 gestorbener Pariser Tonkünstler Namens François Loulié gehabt, und die Versuche Saveur’s und Anderer ein solches Instrument zu construiren, fanden keine weitere Verbreitung. Erst im Jahre 1796 construirte der Cantor Stöckel zu Burg im Magdeburgischen einen Chronometer, welcher die ganzen und halben Takte durch den Schlag eines Hammers an einer Glocke wahrnehmbar machte. Das Ganze sah einer gewöhnlichen Pendeluhr ähnlich, [158] an deren Zifferblatt die Zahlen von 0–84 angebracht waren, auf welche der Zeiger gerückt werden konnte, um das verlangte Tempo anzugeben. M. ging nun an die Verbesserung dieses Stöckel’schen Taktmessers, welcher nicht nur zu groß und zu schwerfällig, sondern auch zu complicirt und zu kostspielig war, um eine weitere Verbreitung zu finden. Er kam jedoch zu keinem Resultat und reiste daher Anfangs 1812 nach Holland, um mit dem berühmten Mechaniker Winkler Rücksprache zu nehmen. Winkler fand sofort das entscheidende Moment, indem er den Mittelpunkt der Schwere mit Hülfe eines Bleigewichtes verrückte, welches der Länge des Pendels entlang geschoben wurde, um die Bewegung des letzteren zu beschleunigen oder zu verlangsamen. Winkler machte von seiner Erfindung M. gegenüber kein Hehl. Letzterer gab nun aber diese Erfindung als seine eigene aus, obwohl er nur die Gradtafel hinzufügte, und machte glänzende Geschäfte. Winklern blieb jedoch die Handlungsweise Mälzel’s nicht verborgen und er erhob für sich den Anspruch der Priorität, und als einige Jahre später M. sich wieder in Amsterdam aufhielt, verlangte Winkler die Niedersetzung einer Commission, welche die Sache untersuchen solle; das Resultat der genauen Prüfung war, daß M. schließlich Winkler die Priorität der Erfindung zugestehen mußte. M. reclamirte nur das Eigenthumsrecht über die Construction des Pendels, welches ihm auch von keiner Seite bestritten wurde. Anfangs der 30er Jahre versah er seine Metronome mit Glockenwerk zur Markirung der vollen Takttheile. Er erfand noch mehrere mechanische Kunstwerke, von welchen namentlich sein Seiltänzer-Automat großes Aufsehen erregte. Nach längerem Aufenthalt in Paris und London, woselbst er durch die Ausstellung seiner mechanischen Kunstwerke große Summen verdiente, die er in wüsten Gelagen wieder vergeudete, ging er 1826 nach Amerika, und starb im August 1838 auf einer Reise von La Guayra nach Philadelphia, ein bedeutendes Vermögen hinterlassend.

Wiener Vaterländ. Blätter vom 13. October 1813. Leipz. Allg. Mus. Ztg. II, 414. 657. 784. A. W. Thayer, L. van Beethoven’s Leben. Deutsch von Deiters, 1866. Bd. III.