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Artikel „Lotze, Wedego“ von Theodor Pyl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 19 (1884), S. 290–291, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lotze,_Wedego&oldid=- (Version vom 9. Dezember 2024, 02:07 Uhr UTC)
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Lotze: Wedego L., Bürgermeister, und Henning L., Professor der Rechte und Präpositus der Nikolaikirche zu Greifswald, gehören zu einer alten Patricierfamilie, welche sich sowohl im Rathe, als auch bei der Universität und im geistlichen Stande auszeichnete. Ob sie mit dem hervorragenden Stettiner Geschlecht Loitze desselben Ursprungs sind, läßt sich nicht nachweisen. Von Nikolaus L., der 1458 zum bacc. art. promovirt wurde, stammen Georg L., vom Stifter der Universität, Dr. H. Rubenow (1462) zum Erzieher des in seinem Hause weilenden Herzogs Swantibor V. (Wartislaws X. Sohn) bestellt, dann Professor der Rechte und Domherr; Katharina L., die Gattin des BM. Nik. Smiterlow I. († 1485, s. d. Art.); und Heinrich L., Rathsherr (1476 bis 1509), mit Rubenow’s Nichte vermählt, deren Töchter sich mit den F. [291] Beckman, Apenburg und Corswant verheiratheten. Von Nikolaus Lotze’s Bruder, Henning d. Aelt., stammen der Priester Johann L. (1466) und Wedego, 1459 immatriculirt, 1466 zum bacc. art. promovirt, 1476 Rathsherr und (1485 bis 1525, in welchem Jahr er, in Folge der durch Verfassungsstreitigkeit entstandenen Unruhen, wegen seines hohen Alters sein Amt niederlegte) Bürgermeister, aus dessen Ehe zwei Söhne hervorgingen: Michael L., 1504 immatriculirt, und nach des Vaters Tode die kaufmännische Thätigkeit desselben fortsetzend, und Henning L., welcher den geistlichen Stand erwählte, 1492 immatriculirt, 1496 Magister und 1504 Ordinarius der Juristenfacultät, sowie Doctor beider Rechte und Domherr der Nikolaikirche in Greifswald wurde. Während dieser Zeit (1504–15) führte er fünfmal das Rectorat und erhielt (1508) die Würde eines bischöflichen Officials und (1511) die Präpositur an der Domkirche; nach Einführung der Reformation verließ er Greifswald und wurde (1536–39) Archidiacons von Tribsees und Parchim. Bekannter als durch ihre amtliche Thätigkeit sind Wedego und Henning durch die Anklagen, welche Ulrich von Hutten gegen dieselben in seinen Querelen (1510) erhebt, und welche bisher ohne genauere Prüfung als berechtigt anerkannt worden sind. Betrachten wir dagegen die beiden Bücher, mit je 10 Elegien, unbefangen, so zeigen dieselben, neben einer Fülle leerer Phrasen und unbewiesener Schmähungen, eine geringe Zahl klarer Gedanken und Thatsachen, welche, selbst im Munde des Klägers, eher für Wedego und Henning, als gegen sie Zeugniß ablegen. Darnach war Hutten (1509) völlig mittellos nach Greifswald gekommen und von L. mit Geld und Kleidung ausgerüstet, hatte aber, nach Art fahrender Sänger, sorglos der Zukunft entgegengesehen (I, El. VIII), bis L. die wiederholt erbetene Unterstützung abschlug (II, El. VIII, 53 ff.), zugleich aber auch die Abreise Hutten’s (VIII, 64) verhinderte. Als dieser jedoch, ohne zu zahlen, die Wanderung nach Rostock antrat, ließ L. ihm durch die Stadtdiener seine Kleider und Bücher nehmen, ein zwar hartes, aber vom Gesichtspunkt des Pfandrechtes leicht erklärliches Verfahren, welches nicht die Bezeichnungen des Raubes und schmählichen Frevels, wie in Hutten’s Querelen, verdient. Bedenken wir ferner, daß Joh. Hadus und Herm. v. d. Busche über ähnliche Erlebnisse klagen, und daß der Bürgermeister und der Präpositus in der Folge durch die Reformation aus ihren Aemtern verdrängt wurden, so erscheint Hutten’s Pfändung als ein Act der Nothwehr, theils gegen das Unwesen der fahrenden Sänger (I, El. X, 50), welches eine Schattenseite jener Zeit bildete, theils gegen politische und religiöse Neuerungen vom conservativen Standpunkt.

Greifsw. Stadtbücher und Univ.-Matrikel; Mohnike, U. Hutten’s Klagen, 1816; Barthold, Pomm. Gesch. IV, 2; 63, 389; Fock, Rüg.-Pomm. Gesch. V, 215; Balt. Stud. XI, 1, 80; Kosegarten, Gesch. d. U. I, 150, 168.