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Artikel „Lindner, Johann Gotthelf“ von l. u. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 704–705, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lindner,_Johann_Gotthelf&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 20:57 Uhr UTC)
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Lindner: Johann Gotthelf L., geb. am 11. September 1729 zu Schmolsin bei Stolpe, wo sein Vater, Georg Friedrich L., damals als Pastor stand, studierte in Königsberg und ward hier im J. 1750 Magister. Er erhielt [705] 1753 eine Anstellung als Lehrer an der Domschule zu Riga, deren Rector und Inspector er 1755 ward. Von hier wurde er 1765 (?1764) als Professor der Dichtkunst nach Königsberg zurückberufen, wo er dann bis zu seinem Tode blieb. Im J. 1772 ward er auch zum dritten Hofprediger ernannt; 1773 ward er Doctor der Theologie, 1775 Kirchen- und Schulrath und dabei Pastor auf dem Löbenicht. Er starb am 29. März 1776 in seinem 47. Lebensjahre; wol nicht schon 1775, wie Heerwagen u. A. angeben. L. und sein Bruder Gottlob Immanuel L. (geb. 1734, † 1808) verkehrten in dem Kreise bedeutender Männer, die sich damals in Riga und Königsberg fanden (Hamann, Hippel, Kant u. A.) und durch Johann Christoph Berens (vgl. Bd. II, S. 359 f.) zusammengeführt wurden. Unser L. nahm an den Bestrebungen derselben lebhaften Antheil. Er hat selbst außer kleineren wissenschaftlichen Abhandlungen verschiedenen Inhalts und erbaulichen Schriften (vgl. Meusel) auch moralische Gedichte und Erzählungen veröffentlicht, vor Allem aber durch theoretische Werke auf die Litteratur Einfluß gehabt. Er schrieb eine „Anweisung zur guten Schreibart überhaupt und zur Beredsamkeit insbesondere“ (1755), ein „Lehrbuch der schönen Wissenschaften“ (2 Bde., 1767 f.), einen „Kurzen Inbegriff der Aesthetik, Redekunst und Dichtkunst“ (2 Thle., 1771 f.). Er hat auch einige geistliche Lieder verfertigt und würde sogar in dieser Hinsicht ganz besonders zu nennen sein, wenn der Angabe Heerwagen’s, daß er der Verfasser der im J. 1772 anonym bei Haude und Spener in Berlin erschienenen „geistlichen Lieder“ sei, zu trauen wäre. Aber in der kleinen Schrift „Ueber das Autorschicksal des Verfassers des Buches über die Ehe u. s. f.“, Königsberg 1797, werden S. 22 diese „geistlichen Lieder“ unter den anonym erschienenen Werken Theodor Gottlieb v. Hippel’s (des älteren, Bd. XII, S. 463 ff.) aufgeführt und der Verfasser dieser Schrift, der sich unter der Vorrede nennt, der bekannte spätere Erzbischof Ludwig Ernst Borowski (vgl. Bd. III, S. 177 f.), hatte Hippel so nahe gestanden, daß ein Irrthum hier unmöglich scheint. Obwol also zunächst nur Behauptung gegen Behauptung steht, so ist doch wol wahrscheinlicher, daß Heerwagen oder sein Gewährsmann (vermuthlich die Leipziger gelehrte Zeitung vom J. 1773) sich geirrt habe. Während Meusel, Richter, Kayser (im Bücherlexikon) der Heerwagen’schen Angabe folgen, sehen deshalb die Hymnologen Rambach, Koch, Fischer u. A. es für ausgemacht an, daß Hippel der Verfasser dieser Lieder sei, gegen welche Annahme innere Gründe sich auch nicht geltend machen lassen. Danach hätten wir von diesen Liedern, die theilweise zu den besseren ihrer Zeit gehören und etwa als zwischen Gellert und Klopstock stehend bezeichnet werden könnten und von welchen sich einige noch in Gemeindegesangbüchern befinden, hier nicht weiter zu reden.

Heerwagen, Litteraturgeschichte der geistlichen Lieder und Gedichte neuer Zeit, 1. Thl. (1797), S. 245 f. – Richter, Allg. biograph. Lexikon alter und neuer geistlicher Liederdichter, S. 203. – Meusel VIII, S. 237 ff.; hier auch ein ausführliches Verzeichniß von L.’s Schriften, das von Rotermund zum Jöcher III, Sp. 1885 f., ergänzt wird. – Goedeke II, S. 560 u. 652. – Rambach, Anthologie, V. S. 289 ff. – Koch, Geschichte des Kirchenlieds etc., 3. Aufl., VI. S. 307 – (Ueber Hippel’s geistliche Lieder vgl. auch Jördens, Lexikon, II. S. 412, und Fischer im Kirchenliederlexikon bei den in der 2. Hälfte, S. 447 unter „Hippel“ genannten Liederanfängen.)