Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Liebherr, Joseph“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 581–582, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Liebherr,_Joseph&oldid=- (Version vom 3. November 2024, 22:52 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Liebich, Christoph
Band 18 (1883), S. 581–582 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Joseph Liebherr in der Wikipedia
Joseph Liebherr in Wikidata
GND-Nummer 131712535
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|18|581|582|Liebherr, Joseph|Hyacinth Holland|ADB:Liebherr, Joseph}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=131712535}}    

Liebherr: Joseph L., Mechaniker, geb. 1767 zu Immenstadt im Allgäu als Sohn eines Thurmuhrmachers; lernte in München und Constanz, arbeitete dann selbständig als Uhrmacher in seiner Heimath und bei Hengeler in München. Durch einen, ohne besondere Anleitung gefertigten Sextanten wurde er mit Reichenbach und Utzschneider bekannt, welche 1804 unter diesem dreifachen Namen das mathematisch-mechanische Institut begründeten. Aus dieser Werkstätte ist (auch auf die ausübende Astronomie) eine bleibende Wirkung hervorgegangen, sodaß mit ihm eigentlich eine neue Epoche beginnt; Künstler bildeten sich hier, die sich in verschiedenen Theilen Europa’s neue Werkstätten begründeten. L. erfand ein Räderschneidzeug, welches den Anstoß gab zu Reichenbach’s neuer Kreistheilungsmethode; beide fertigten zusammen die erste Theilungsmaschine. Außerdem machte L. viele Erfindungen und Verbesserungen an Meßinstrumenten, selten kam ein Instrument mit ungeändertem Bau aus seinen Händen; so gab er auch zur Verwirklichung von Frauenhofer’s Idee, der Verbindung[WS 1] parallaktischer Aufstellung mit einem Uhrwerk zu größeren Refractoren, manche gute Winke. L. war jedenfalls mehr als ein ausgezeichnetes Werkzeug Reichenbach’s, [582] mit welchem jedoch der eigensinnige L. in Streit gerieth und in Folge dessen 1814 aus dem Institut schied, wo er ebenso thätig wie nützlich gewirkt und viele angehende Mechaniker, darunter Traugott Ertel, gebildet hatte. Er gründete nun vorerst eine eigene Werkstätte und trat (als Reichenbach sich von Utzschneider und Frauenhofer getrennt hatte) mit Utzschneider und Werner in neue Verbindung, wobei Utzschneider, wie in allen seinen patriotischen Unternehmungen, Chef und Triebfeder des Ganzen war, L. aber den technischen und Werner den commerziellen Theil unter sich hatte. Doch löste sich auch diese Gesellschaft auf und L. zog, nachdem er noch die Aufstellung des Frauenhofer’schen Refractors für Dorpat ausgeführt hatte, nach Kempten zurück, wo er fünf Jahre lang nach seiner Methode Schriftgießerei betrieb, bis er 1828 als Professor an die neuerrichtete polytechnische Centralschule nach München berufen wurde. Hier fertigte er viele Modelle und physikalische Instrumente, wetteifernd mit Ramsden, Reichenbach und Repsold. Er construirte eine neue Buchdruckerpresse, für welche er vom polytechnischen Verein die goldene Medaille erhielt, dann ein Uhrenräderschneidzeug, eine Kniehebelpresse zum Pressen von Oel, Rübenzucker etc. Von L. kam die Angabe einer Münzjustirmaschine und u. a. auch ein Cohäsionsmesser, Storchenschnabel oder Pantograph, eine neue Regulirung der Uhren (von ihm die Normaluhr über dem zur königl. Akademie der Wissenschaften führenden Portal in der Neuhausergasse), viele Theodolithen mit verbesserter Construction, bordaische und Vertikalkreise auf verschiedenen Sternwarten und eine Art Universalinstrument mit Repetition für Zenith und Azimuth. – L. war und blieb ein Autodidakt mit allen guten und bösen Seiten eines solchen; seine Zeit lohnte ihm nicht im Verhältniß zu seinen Verdiensten. Obwol vielfach in Schatten gestellt und darob mannigfach verbittert, gewährte er doch immer Allen seinen nützlichen Rath. Seine Freimüthigkeit und Offenheit der Rede scheute keinen Gegner, wodurch er seine Stellung nicht erleichterte, mied aber auch, im vollen Bewußtsein seines Werthes, alle Prahlerei. Er starb am 8. October 1840 zu München.

Sein Bruder, Benedikt L., Uhrmacher und Mechaniker, begründete in Landshut eine bedeutende Wollspinnmanufactur.

Vgl. Nekr. im Kunst- und Gewerbeblatt von Baiern. München, XXVI. (= XVIII.) Bd., 1840, S. 696–700, von (Dr. Ludwig) M(er)z. Gilbert’s Annalen der Physik, Bd. LV. LVII. LVIII. LIX. Mädler, Geschichte der Himmelskunde, II. S. 347.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Verbindnng