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Artikel „Kurz, Franz S.“ von Adalbert Horawitz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 419–421, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kurz,_Franz&oldid=- (Version vom 9. Oktober 2024, 19:31 Uhr UTC)
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Kurz: Franz S. K., Geschichtsforscher, wurde zu Kefermarkt in Oberösterreich am 2. Juli 1771 geboren und starb im Stifte St. Florian am 12. April 1843. Wie in Norddeutschland Gelehrte und Künstler meist aus Pastorenhäusern stammen, so ist in Oesterreich die Erscheinung sehr häufig, daß bedeutendere Männer Landschullehrer zu Vätern haben. Auch Kurz’ Vater gehörte diesem Stande an. Der Sohn hat ihn zärtlich geliebt und bis zu dessen 1821 erfolgendem Ableben jährlich besucht. Im Schulhause hat K. dann auch gründliche musikalische Kenntnisse und Liebe zur Tonkunst gewonnen, die ihm im Verein mit seiner begeisterten Hingabe an die Classiker des alten Rom jene ideale Lebensauffassung verliehen, die ihn vom banausischen Wesen so vieler Klostergeistlichen stets ferne hielt. Denn K. war ins Kloster getreten und zwar in das berühmte Stift Oberösterreichs, St. Florian. Ziegler’s Verdienst war es, daß der regen Wißbegierde des Jünglings die Richtung auf bibliographische und paläographische Studien gegeben ward. Hier fand sich K. bald in seinem Elemente, dem er aber durch die in Wien zu absolvirenden theologischen Studien entzogen wurde. Daß diese den denkenden und lebhaften Geist Kurz’ unbefriedigt ließen und mannigfache Zweifel erregten, ist selbstverständlich. Durch die Beziehung zu dem Bibliographen Denis und das Studium des Generalbasses bei Albrechtsberger, dem bald Compositionen folgten, suchte K. jenen Scrupeln zu entrinnen. Die ihm 1793 übertragene Custosanstellung im stiftlichen Münzcabinete führte ihn zu numismatischen Studien. 1796 wurde er aber durch seine Ernennung zum Cooperator an der Stiftspfarre zur Seelsorge geführt, in der er fast ein halbes Jahrhundert thätig war, die ihn, den echten Kinderfreund, auch mit der Schule, „seinem Lieblingsgeschäft“, in Verbindung brachte. Immer größer und vielseitiger wurde sein Wirkungskreis. 1797 wurde der namentlich von Händel’s Musik Entzückte Regens chori, 1799 Archivar. Diese letztere Verwendung paßte für K. vortrefflich, denn wenn Einer, hat er die Bedeutung der Urkunden für die Geschichtsforschung zur Geltung zu bringen gewußt. Die Stellung am Klosterarchive führte ihn auch zur litterarischen Thätigkeit, die er 1805 mit seinen „Beiträgen zur Geschichte des Landes Oesterreich ob der Enns (Versuch einer Geschichte des Bauernkrieges in Oberösterreich) eröffnete und in so überaus fleißiger und wahrhaft rühmlicher Weise durch Decennien fortgeführt. 1808 folgte die Darstellung der Unruhen im Hausruckviertel und der Laimbaur’schen Händel. Mit diesen gründlichen Forschungen gingen die Rettung von Tausenden von Urkunden, der Hinweis auf den Werth der alten Schriften und die ungemeine Rührigkeit Hand in Hand, mit der er überall Verbindungen suchte, um die alten Denkmale zu erhalten und die Benutzung der historischen Documente zu ermöglichen. Natürlich machte er bei diesen Perscrutationen der Archive zahlreiche höchst werthvolle Funde, z. B. das berühmte Stadtrecht von Enns aus dem J. 1212. Wie später Chmel, so war auch K. voll von Entwürfen und Plänen, schon 1808 suchte er zur Gründung einer Gesellschaft zur [420] Sammlung und Bearbeitung der österreichischen Geschichtsquellen – natürlich umsonst – anzuregen. Wenigstens an sich ließ es K. nicht fehlen. 1808 erschienen „Merkwürdigere Schicksale der Stadt Lorch“ etc., 1809 „Geschichte des Kriegsvolkes Kaiser Rudolph II.“. Der Plan einer Topographie des Mittelalters für Oesterreich wurde in unfreundlichster Weise durch die Kriegswirren unterbrochen. Auch K. hatte außerordentlich von den Rohheiten der Franzosen zu leiden, die im Stifte sich empörend benahmen, auch er ward vom Lazarethtyphus ergriffen, an dessen Folgen er sein Leben lang zu tragen hatte. Kaum war er genesen, so trieb ihn patriotische Begeisterung zur Abfassung des Werkes: „Geschichte der Landwehr in Oesterreich ob der Enns“ (1810). Für die Kriegsereignisse des J. 1809 ist dieses Buch eine „Quellenschrift ersten Ranges“. – Die warme Freundschaft mit Hormayr, dem Director des Haus-, Hof- und Staatsarchivs zu Wien, der – hierin ein Vorgänger v. Arneths – die Schätze desselben mit der größten Liberalität der Benutzung zugänglich machte, gab auch K. die Möglichkeit, seinen Studien höhere Ziele zu stecken und aus der Localhistorie zu größeren Aufgaben sich zu erheben. Von nun an gehört seine ganze Kraft der historischen Behandlung der Regenten aus dem Hause Habsburg während des Mittelalters. So erschienen als Frucht dieser Studien 1812 „Oesterreich unter Friedrich IV.“ (rectius Fr. III.), 1816 „Oesterreich unter den Königen Ottokar und Albrecht I.“, in dem der zweite Theil der bisher ganz vernachlässigten Culturgeschichte gewidmet ist; 1818 „Oesterreich unter Friedrich dem Schönen“, 1819 „Oesterreich unter Herzog Albrecht dem Lahmen“, 1821 „Oesterreich unter Herzog Rudolph IV.“ Mitten in diese Regentengeschichten, die auf ein sorgfältiges Urkundenstudium gestützt waren, fällt die Ausarbeitung von culturgeschichtlichen Monographieen, die leider keine Nachahmer gefunden. Ueberaus werthvoll, ja jetzt noch – da durch Sailer’s frühen Tod die Aussicht auf eine umfassende Geschichte der volkswirthschaftlichen Verhältnisse Oesterreiches aufs neue in weite Ferne gerückt wurde, – das einzige Werk über diese Lebensseite ist Kurz’ „Oesterreichs Handel in älteren Zeiten“ (erschien 1822), 1825 folgte „Oesterreichs Militärverfassung in älteren Zeiten“, ein Buch, das freilich durch die neueren Forschungen überholt wird. Noch in demselben Jahre veröffentlichte K. seine „Geschichte Oesterreichs unter Albrecht III.“, dem 1830 „Oesterreich unter Albrecht IV.“, und als Abschluß der habsburgischen Studien 1835 die „Geschichte König Albrechts II.“ folgte. Die Vorzüge der Kurz’schen Forschung sind in allen diesen Werken unverkennbar; sie liegen in dem regen Eifer, die ältesten Quellen zu finden, die besten zu benutzen, in dem ehrlichen Streben nach Unparteilichkeit und einer solchen Gründlichkeit, „daß kaum eine Nachlese möglich ist“. Weitere charakteristische Eigenschaften seiner wissenschaftlichen Arbeiten aber sind das Bemühen alle seine Darstellungen auf Urkundenmaterial zu basiren und die Hinneigung zur Culturgeschichte. Wenn sich auch bei ihm, wie bei Anderen jener Zeit, eine gewisse geschmacklose Loyalität und eine wenig anziehende Form des Stiles unangenehm geltend machen, so freut man sich doch an Anderem, vor allem aber an dem Mangel confessioneller Befangenheit. Man bedenke doch, was der überaus rührige Mann geleistet in einer Periode, in der es an litterarischen Hülfsmitteln so sehr fehlte, in der die Archive meist verschlossen, Verleger schwer zu gewinnen waren und der Gelehrte die albernsten Vexationen blöder Censoren zu ertragen hatte. Die Freundschaft mit Hormayr, an der K. zu allen Zeiten festhielt, sowie die mit Hammer-Purgstall ermöglichte ihm eine Zeit lang wenigstens die Benützung des Wiener Staatsarchivs; als Hormayr abgesetzt ward, konnte nur die Verwendung des Erzherzogs Johann K. die gewünschten Urkunden verschaffen. Und doch wurde der so kränkliche Mann nie müde, stets nährte er seinen Geist mit neuen Plänen, er hegt das Project einer Geschichte [421] der Babenberger, denkt an ein Corpus diplom. Austriae, an Monumenta Austriaca, arbeitet für Chmel’s Regesten und sorgt für neue Schüler der historischen Wissenschaft, die er auch in Jod. Stülz, in Max Fischer in Klosterneuburg, in Max Millauer, in Chmel und A. Muchar fand. Gerade in seinen kränksten Tagen arbeitete er das Beste, er ließ nicht ab von den Studien, die ihm Bedürfniß waren. In seiner letzten Krankheit, die er geduldig trug, las er noch Chmel’s Friedrich III. K. starb nach langem Todeskampfe am 12. April 1843 in den Armen seines Schülers Stülz; er liegt begraben auf dem Friedhofe zu St. Florian. Ehrenbezeigungen wurden ihm wenige zu Theil, die größte war wol die Ernennung zum Mitglied der kgl. baierischen Akademie der Wissenschaften. – Wahrheit war es, nach der er stets gestrebt, mit den Worten Hormayr’s, der diesen Zug seines Wesens besprochen, mag diese Skizze beschlossen sein. Hormayr sagt: In Hinsicht auf edle Entschlossenheit im Heraussagen der Wahrheit, ganz wie er sie gefunden, unbekümmert um das sogen. Zeitgemäße und auch das, was die Götzen des Augenblickes gerne oder ungerne hören, gebührt K. ein hoher Ruhm. – Für sein Stift ist er als der Gründer der historischen Schule, für Oesterreichs Historiographie jedenfalls als einer der tüchtigsten Forscher von unverlierbarer Bedeutung.

Stülz in Zeitschrift des Museum Franc.-Carol., 1843, Nr. 15, S. 57. Hormayr’s Taschenbuch, 1845, 10 und das weitaus Beste in dem gründlichen Abschnitte Franz S. Kurz in Mühlbacher’s litter. Leistungen St. Florians.