Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Kucharz, Johann Baptist“ von Rudolf Müller in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 284–285, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kucharz,_Johann_Baptist&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 18:16 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Kübel, Lothar von
Band 17 (1883), S. 284–285 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Jan Křtitel Kuchař in der Wikipedia
Jan Křtitel Kuchař in Wikidata
GND-Nummer 122465903
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|17|284|285|Kucharz, Johann Baptist|Rudolf Müller|ADB:Kucharz, Johann Baptist}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=122465903}}    

Kucharž: Johann Baptist K., Tonkünstler, geb. zu Chotetsch am 5. März 1751, † in Prag am 18. Febr. 1829, Sohn eines Landwirths, erhielt nach bäuerlichem Brauche neben dem Lesen und Schreiben, vom Dorfcantor auch „etwas Musik“ eingedrillt. Sich fähig zeigend für eines wie das andere, setzte es der befreundete Pfarrer durch, daß der frische Junge zu den Jesuiten nach Königgrätz ins Gymnasium geschickt wurde, wo er nebenbei noch seiner Liebe zur Musik Genüge thun und Orgelspielen lernen durfte. Letzteres gewann offenbar ein Uebergewicht, so daß die Patres Interesse daran fanden und K. als Organisten ins Ordensseminar nach Gitschin empfahlen, wo er zugleich nach Wunsch die Humaniora studiren konnte. Daß aber das Studium in dieser Richtung nur mehr ein formelles, die Ausbeutung des musikalischen Talentes eine von den Jesuiten selbst beabsichtigte war, beweist am besten, daß sie K. vollständig zum Concertmeister des Seminars bestimmten und kirchlich musikalische Productionen durch ihn veranlaßten – bei welchen dieser zugleich als Componist auftrat und allgemeinen Beifall erntete. Das dadurch gewonnene Selbstgefühl quoll indeß über die Klosterschranken hinaus und drängte den doch blos autodidakten Virtuosen in die Landeshauptstadt, um sich hier mit den Meistern der Orgelkunst zu messen. An der Spitze dieser stand aber der berühmte Contrapunktist und Kreuzherrnkirchen-Organist, Jos. Seeger[WS 1] (auch Segert genannt). Und es genügt für das eigene richtige Ermessen, daß K. nach dem Anhören desselben, sich ihm sofort als Schüler unterwarf und mehrere Jahre hindurch seiner Leitung überließ. Nach Dlabacz vollendete K. während dem zugleich die philosophischen Studien, mit deren Abschluß er dann definitiv auf das Musikgebiet überging. Mit welchem Erfolge, dafür spricht am deutlichsten seine alsbaldige Berufung zum Organisten der St. Heinrichs-Pfarrkirche auf der Neustadt in Prag. Ueber kurz auch ein beliebter Lehrer für Gesang und Clavierspiel, erwarb er sich zudem noch guten Namen als Componist durch einen Cyclus von Sonaten und Sologesängen, so daß ihm in Ansehung seines verdienstlichen Wirkens für die Kunst der Neustädter Magistrat das Bürgerrecht taxfrei verlieh. Ein besonderes Verdienst erwarb sich K. noch durch seine Clavierauszüge aus den Opern Mozart’s, die nicht wenig dazu beitrugen den großen Meister in Prag populär zu machen – was dieser selbst auch dankbar anerkannte. Eine Wendung und Erweiterung im Wirkungskreise Kucharz’ brachte das J. 1790, in welchem er nach dem Ableben des Prämonstratenserstifts-Organisten Joh. Ign. Wolf, an seine Stelle berufen wurde, und sein großes Talent in der großen Orgel der Stiftskirche – am Strahow zu Prag – erst das rechte Werkzeug vorfand, um, wie Joseph Proksch äußerte: „zum Ruhme des Vaterlandes wirken zu können“. Gewichtiger als alles andere für die Bedeutung Kucharz’ ist, was der genannte gefeierte musikalische Pädagog in seiner „Studie zur Geschichte der Musik in Böhmen“ noch weiter über denselben ausspricht: „Ich halte Kucharz für den größten Organisten Böhmens! An Phantasie stand ihm selbst sein großer Lehrer weit nach; dieser vermochte gewiß auch keinen also wirksamen Gebrauch von den verschiedenen Registern zu machen, als dieses K. verstand, worin er allerdings [285] wesentlich mit unterstützt wurde von dem großartigen und vielstimmigen Strahower Orgelwerke, dessen er vollkommen Meister wurde. – Ich erinnere mich heute noch mit wahrer Herzenslust an die weihevollen Momente in dieser Kirche, in welche dieser Meister stets zu versetzen wußte, namentlich während der Wandlung (beim Meßopfer), wo er sein Thema in den geistreichsten Verknüpfungen der mannigfaltigen Register vortrug. Mit ihm verstarb wol auf langehin (in Böhmen) die wahre Orgelkunst!“ Zur Berufung an dieses Organistenamt erfolgte 1791 auch noch die zum Capellmeister des Prager Opernorchesters und wurde gleich Rühmliches von den Zeitgenossen über sein Wirken in dieser Stellung ausgesprochen. Besonders über die bei Gelegenheit der Krönungen Kaiser Leopolds II. 1791 und Franz I. im J. 1792 arrangirten musikalischen Festlichkeiten, ferner anläßlich der ersten Aufführung von Haydn’s „Schöpfung“ – 1800 und des „Vater Unser“ von Naumann – 1801, welcher der Componist persönlich beiwohnte. Von Werken Kucharz’, theils Manuscript, theils gedruckt, sind bekannt: mehre Sonaten für das Clavier zu vier und zwei Händen; zwei Concerte für die Orgel; eine Reihe von Präambulen, Phantasien, Toccaten etc. für die Orgel, ein concertanter Orgelchor: „O salutaris Hostia“; Transcriptionen aus Mozart’s Figaro, Don Giovanni, Cosi fan tutte, Clemenza di Tito, Recitative zur Zauberflöte – aus 1794: Cantate zu Ehren des Strahöwer Abtes Milo Grün – aus 1807: „Opfer der Freundschaft“, Cantate zu Ehren des Dr. Wenz. Edlen v. Bauer und Adelsbach – 1808: Cantate zur silbernen Hochzeit des Hrn. Mich. Kriner –; verschiedene Compositionen für die 1799 von Heinr. Klein erfundene Tastenharmonika und die Mandoline. – K. hinterließ einen Sohn Namens Joseph, welcher zum Organisten herangebildet, schließlich in den Prämonstratenserorden eintrat und als Professor für Geographie und Geschichte Anstellung erhielt.

Dlabacz, Künstlerlexikon. Jahrbuch der Tonkunst für Prag und Wien, 1796. Jos. Proksch, Studie zur Geschichte der Musik in Böhmen (in Prof. Müller’s biogr. Denkmal Jos. Proksch’s).


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Joh. Seeger