ADB:Kohl, Hans
Paul K. (vgl. d.) zu Regensburg und Buchdrucker daselbst, zu Wien und zu Heidelberg. Nachdem Paul K. 1525 vom Geschäfte sich zurückgezogen hatte, nahm dasselbe der Sohn, jedoch erst 1529 wieder auf, aber es ist sehr wahrscheinlich, daß ihm von dem ersteren die Offizin schon bei seinem Rücktritte übergeben und deren Betrieb nur aus irgend einem äußeren Grunde mehrere Jahre sich verzögert hat. Gemeinschaftlich haben beide kein Werk gedruckt. Im J. 1538, nachdem der Barfüßer-Guardian Johann Erber mit seinem Convente zur lutherischen Kirche sich bekannt hatte und das Kloster gegen Sicherung der Gehalte dem Rathe der Stadt übergeben worden war, verlegte dieser die Hans Kohl’sche Druckerei dahin und die ersten Erbauungsbücher der neuen Kirche wurden darin gedruckt. Thätig wirkte K. vorerst zu Regensburg von 1529–1547, und brachte es, nachdem er auch 1538 Bürger geworden, in der Kunst bedeutend höher als sein Vater, denn seine Druckwerke, wozu er das Papier aus der auf dem oberen Werd 1539 von ihm erbauten Papiermühle gebrauchte, lassen auf eine mit allen Requisiten wohl eingerichtete Officin schließen. Und nicht nur zeichneten sich seine deutschen und lateinischen Typen vor denen seines Vaters aus, sondern er führte auch zuerst in Regensburg die griechischen und hebräischen Lettern ein und schmückte seine Bücher mit Holzschnitten und Randverzierungen. Mehreren derselben fügte er auch seinen Druckstock bei, welcher in seinem und seiner Frau Wappen besteht. Unter seinen 21 Druckwerken dieser Periode sind durch äußere Ausstattung wie Inhalt bemerkenswerth sein erster: „Nachricht von der Türken Belagerung Wiens“, 1529. 4., mit einem Holzschnitt von Hans Guldenmundt zu Nürnberg; „Joannis Damasceni lbi. de his qui in fide dormierunt“, 1522, ein sehr seltenes zuerst in Antiqua gedrucktes Schriftchen; „Pictura hyaenae versibus a P. N.“, ein Bild, eine Hyäne vorstellend, eine Schmähschrift auf die katholische Kirche und: „Eine … Summa der … Lehre unseres … Glaubens … Gedruckt durch Hans Kohl im Barfüßerkloster“, 1547. Von 1548 bis 1551 tritt eine Pause in seiner Wirksamkeit wenigstens für Regensburg ein, indem er, aus welchem Grunde, ist bis jetzt unaufgeklärt, nach Wien übersiedelte. Hier erscheint er 1549 zuerst als Socius des Buchdruckers Aegidius Aquila, trennte sich aber noch in demselben Jahre wieder von ihm und druckte für sich allein. Aquila aber (Adler) aus den Niederlanden und wahrscheinlich aus Gent gebürtig, errichtete nach seiner Trennung von K. 1550 eine eigene Officin im St. Annenhofe (in Curiae diuae Annae), der damals wegen der an der Pest ausgestorbenen Nonnen leerstand, scheint aber diesen Hof noch in demselben Jahre wieder verlassen [424] zu haben, weil die Bezeichnung in den zu Anfang des J. 1551 gedruckten Büchern sich nicht mehr, sondern lediglich „Viennae Austriae“ findet, und übertrifft seinen ehemaligen Genossen an Zahl und Schönheit der Ausgaben, die fast alle in Quartform gedruckt und auch wohl mit Figuren verziert sind. Unter seinen Schriftgattungen zeichnen sich besonders die hebräische sowie das Cursiv aus. Daß er auch eine gelehrte Erziehung müsse genossen haben, läßt sich vielleicht aus dem Lobe schließen, welches ihm Bischof Nausea 1551 ertheilte, indem er ihn in dem Drucke „Frid. Nauseae de Clericis … ordinandis“ als „Typographum eruditum, solertem et diligentissimum“ bezeichnet. Nach 1552 verschwindet sein Name, weil er in diesem Jahre, den 17. August, starb und am 12. November auch sein einziger gleichnamiger Sohn. In seiner Officin waren auch u. a. ein Vincentius Han, vielleicht ein Nachkomme des Druckers zu Rom Ulrich Han, sowie die späteren Buchdrucker Caspar Kraft und Michael Zimmermann (vgl. beide) beschäftigt, welche auch sein Testament als Zeugen unterschrieben. Die sämmtlichen Druckwerke Aquila’s belaufen sich auf 41. K. dagegen ließ zu Wien 42 Drucke erscheinen, von welchen einige mit Holzschnitten und mit seinem Wappen versehen sind, auch war er hier mit griechischen und hebräischen Typen wohl versehen und brachte dieselben 1551 im Dominicanerkloster zur Verwendung. Auffallend ist es, und noch nicht erklärt, daß K., der gleich seinem Vater der neuen Lehre anhing, seine Officin in diesem thatsächlich von Dominicanern bewohnten Kloster aufgeschlagen hatte. Seiner mit Aquila gemeinschaftlich gedruckten Preßerzeugnisse aber sind es nur zwei und wir lassen von den ersteren wie den letzteren die gekürzten Titel einiger der besseren Produkte folgen: „Nicolai Han vom Kampff des Fleisches vnd des Geistes“, Wien, Hans Khol, 1547 (erstes Druckerzeugniß); „De Senectute M. T. C. Ein schön vnd vast lieblich Buch … Hans Khol“. o. J; „De mysteriis … Missae Sacrificii“, 1549. 4.; „De imagine mundi“, 1549; „Thomae Babelii … Rationale mysteriorum dom. pass. …“, 1550. 8. und „Platonis dialogus de furore poetico. Viennae in Coenobio Praedicatorum Joh. Carbo excud.“, 1551. Das letzte Erzeugniß war: „Apologia Matthiae Flacii Illirici …“, 1556. Eines der mit Aquila in Gemeinschaft gedruckten Werke ist betitelt: „Ode Discolos Tetrastrophos cont. Periphrasim Psalmi …“, 1549. Aus welchem Grunde K. Wien wieder verlassen habe, ist niemals bekannt geworden. Im Laufe des Jahres 1551 kehrte er nämlich mit seiner Druckerei wieder in seine Vaterstadt Regensburg zurück, wo er aber das Minoritenkloster, das vom Magistrate wieder an den Bischof hatte zurückgegeben werden müssen, nicht wieder, sondern ein anderes Drucklokal bezog und seine Thätigkeit sogleich wieder begann. In diese Zeit fallen u. a. die Drucke: „Hier. Rauscher’s Leichenpredigt auf Elisabetha von der Pfalz“, 1554. 4., drei Schriften über Luther’s christlichen Abschied und Begräbniß o. O. und „Leges disciplinae et stud. schol. Ratispon. auct. Nicol. Agricola“, 1556. 8. Aber auch dieser sein zweiter Aufenthalt in Regensburg währte nur kurze Zeit, denn schon 1558 hörte plötzlich die Druckerei auf, K. wanderte nochmals aus und verlegte seine Officin nach Heidelberg. Ueber die Ursache dieser letzten Auswanderung giebt uns Gemeiner a. a. O. S. 139 eine nur leider allzukurze Andeutung: „Hans K. wurde wegen einiger in den Grumbach’schen Händeln gedruckten Piècen aus der Stadt geschafft“. Ueber sein ferneres Schicksal in Heidelberg fehlt jede Nachricht und von Drucksachen sind nur sehr wenige, darunter „Jac. Colonii Commentar in leg. Filius quem C. fam. Heidelb. ex officina Joann. Carbonis“, 1558. 8. bekannt geworden, auch sein Todesjahr ist nicht überliefert. Sein Insigne, das er daselbst 1559 gebrauchte, hat Roth-Scholtz (Insignia) Nr. 169 abgebildet und sein Wappen findet sich bei Denis a. a. O. auf Kupfertafel Nr. V, auch in der astronomischen Abhandlung: „Ein … Instrument zu wissen am Tag bey der [425] Sonnen vnd in der Nacht … mancherlei nutzbarkeit“ o. J. (1549–52). Ein von 1565–1578 in Nürnberg als Bürger und Buchdrucker lebender K. gleichen Vornamens mag wol ein echter Sprosse dieses Regensburger K. gewesen sein.
Kohl: Hans K. (Khol, Carbo), Sohn des Buchdruckers- P. Schier, Comment. de prim. Vindob. Typogr. p. 34–35. Lambacher, Bibl. civ. Vindob. p. 137. Denis, Merkwürdigk. d. Garelli’schen Bibl. S. 276. 278, dessen Bücherkunde I, 127 und Wiens Buchdruckergesch. XI–XII. XIX–XXIII. Geßner, Buchdruckergesch. IV, 201. Gemeiner, Nachr. von seltenen Büchern und dessen Reform.-Geschichte von Regensburg. Pangkofer, Buchdruckergesch. Regensburgs S. 25–28.