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Artikel „Kirchner, Timotheus“ von Julius August Wagenmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 22–23, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kirchner,_Timotheus&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 08:00 Uhr UTC)
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Kirchner: Timotheus K., lutherischer Theolog des 16. Jahrhunderts, geb. den 6. Jan. 1533 als Sohn eines Schulmeisters zu Döllstädt (Tolstadii) in der Grafschaft Gleichen in Thüringen, † den 14. Sept. 1587 als Superintendent zu Weimar. Er besuchte die Schule zu Gotha, studirte zu Jena und Erfurt Theologie, wurde in sehr jungen Jahren Prediger zu Furra bei Weißensee, zu Dachwich bei Erfurt, 1561 zu Herbsleben bei Gotha, aber bereits 1562 von da vertrieben, weil er sich weigerte, in dem sogen. synergistischen Streit die Strigel’sche Declaration zu unterschreiben. Er wandte sich nach Jena, wurde hier Magister und nach längerem Umherirren, nachdem er 1565 in Frankfurt [23] verweilt, 1566 eine Berufung nach Braunschweig abgelehnt hatte, 1568 von Herzog Johann Wilhelm als Pfarrer und Professor der Theologie in Jena angestellt, wo die Gnesiolutheraner Wigand, Cölestin, Heßhus seine Collegen und Gesinnungsgenossen sind. Mit ihnen betheiligt er sich im October 1568 an dem sogen. Altenburger Gänsecolloquium, wird 1571 Dr. theol., leitet 1572 eine Disputation gegen die flacianische Erbsündenlehre, folgt aber schon 1572, noch vor der neuen Vertreibung der Gnesiolutheraner aus Jena, einem Ruf des Herzogs Julius nach Wolfenbüttel. Die Generalsuperintendentur von Wolfenbüttel vertauscht er im folgenden Jahre mit derjenigen von Gandersheim und übernimmt zugleich die Leitung des dortigen Pädagogiums. 1574 übersiedelt er mit diesem nach Helmstädt und wird 1576 bei Eröffnung der neuen Juliusuniversität deren erster Vicerector und Professor theologiae primarius. Als er aber 1578 über die Tonsur und Salbung des zum Bischof von Halberstadt bestimmten Prinzen Heinrich Julius sich tadelnde Aeußerungen auf der Kanzel erlaubt, wird er im Januar 1579 durch Handschreiben des Herzogs Julius seiner Aemter entsetzt, verläßt Helmstädt heimlich den 17. Februar und geht nach Erfurt, wo er ein Jahr lang sich aufhält und an der Abfassung des sog. Erfurter Buches zur Vertheidigung der Concordienformel sich betheiligt. 1580 wird er von Kurfürst Ludwig VI. von der Pfalz nach Heidelberg berufen als Professor theol. primarius, aber schon 1583 von Johann Casimir wieder entlassen. Er findet eine Anstellung als Superintendent in Weimar, endigt aber schon nach vier Jahren, erst 54 Jahre alt, sein vielbewegtes Leben mit dem Ruhm, daß er „ernstlich und mit christlichem Eifer über der reinen Lehre gehalten, aber ohne Verketzerungssucht“. – Unter seinen Schriften ist keine, der ein höherer Werth oder eine dauernde Bedeutung zukäme; sie behandeln meist die theologischen Streitfragen seiner Zeit: Ueber das Fleisch Christi, Abendmahl, Erbsünde, zwei Naturen in Christo und communicatio idiomatum; „Widerlegung der Einwürfe der Anhaltischen Theologen gegen das Concordienwerk“; auch verfaßte er eine Erklärung der Glaubensartikel und ein Register zu den 8 deutschen tomi der Opera Lutheri.

Vgl. Tileman Heßhus, Vita Kirchneri, Leipzig 1595; Leukfeld, Antiq. Gandersh., S. 24; Chrysander, Diptycha prof. theol. Helmstad., S. 26; Zeumer, Vitae theol. Jenensium, S. 79 ff.; Jöcher, II, 2104; und die bekannten Werke über die Geschichte der prot. Theologie von Salig, Planck, Heppe, Frank.