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Artikel „Coelestin, Georg“ von Adolf Brecher in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 388–389, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Coelestin,_Georg&oldid=- (Version vom 5. Oktober 2024, 06:47 Uhr UTC)
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Coelestin: Georg C. (Himmlisch oder Himmel, daher auch öfter Uranius), Hofprediger, Consistorialrath und Dompropst zu Berlin, geb. 1523 zu Plauen im Voigtland, † 13. Dec. 1579 zu Berlin. Unter den Einflüssen der neuen lutherischen Lehre aufgewachsen, studirte C. in Leipzig, wurde 1546 Magister, erhielt 1549 ein Pfarramt in Schneeberg, 1551 ein Diaconat an der Thomaskirche zu Leipzig und wurde 1564 – man weiß nicht durch wessen Vermittlung oder Empfehlung – vom Kurfürsten Joachim II. als Hofprediger nach Berlin berufen und 1571 zum Dompropst ernannt. – Wie viele seiner theologischen Zeitgenossen ist er in seinem Leben durch mancherlei gute und böse Gerüchte hindurchgegangen. Man lobte einerseits seine Beredsamkeit, die stets viele Zuhörer um ihn versammelt habe, und seine Gewandtheit im Umgange; andererseits jedoch warf man ihm Habsucht und gemeine Geldgier vor, die er durch Dedicationen seiner Schriften an vornehme Persönlichkeiten oder an die Magistrate großer Städte zu befriedigen suchte; außerdem auch Ehrgeiz, der bald mit fremden Verdiensten zu prunken, bald durch außergewöhnliche wissenschaftliche Funde Aufsehen zu machen liebte. Es scheint nicht an gewissen Unterlagen für jene Beschuldigungen gefehlt zu haben. Seine Bemühungen wenigstens um den ursprünglichen Text der Confessio Augustana, die er 1566 im Auftrage des Kurfürsten von Brandenburg zusammen mit dem erzbischöflich Magdeburgischen Rathe, Andreas Zoch, auf dem kurfürstlichen Archiv in Mainz anstellte, haben sich in ihren Resultaten als fruchtlos, seine Behauptungen aber von der Existenz des Originals und die Richtigkeit seiner Collationen geradezu als Unwahrheiten und bewußte Fälschungen herausgestellt. Denn es erscheint als durchaus naheliegend, daß C. bei seiner genauen Kenntniß von dem Reichstag von Augsburg und der Abfassung und Ueberreichung der Conf. Aug. in dem unterschriftslosen Mainzer Exemplar eine durchaus nicht beglaubigte Copie oder einen Entwurf erkennen mußte; aber es wird für ihn wahrhaft verurtheilend, daß er es nicht nur wagte, die Unterschriften, welche er daran vermißte, aufs Gerathewohl hinzuzufügen, sondern auch dieselben trotz ihres Ursprunges für echt auszugeben. Jenes Verfahren gilt zunächst nur von dem deutschen Texte der Conf. Aug., wie er 1572 im Corpus doctrinae Brandenburgicum und 1576 sowol von C. als von Chytraeus und später auch in dem Concordien-Buche veröffentlicht wurde. Schlimmer noch stand es mit dem lateinischen Text derselben, den er ebenfalls bekannt machte und dessen Authentie er trotz aller Gegenbehauptungen und Anfechtungen nicht minder vertheidigte. Er wurde 1597 in der 2. Ausgabe seiner „Historia Comitiorum M. D. XXX. Augustae celebratorum etc.“ veröffentlicht und galt bis in das vorige Jahrhundert bei vielen als eine genaue Copie des echten Textes. Er erwies sich als eine Abschrift eines von dem kathol. Theologen Andreas Fabricius in seiner „Harmonia Confessionis Augustaneae“, Coloniae 1573 vorgenommene Ueberarbeitung eines noch nicht unterschriebenen und den protestantischen Fürsten auf dem Reichstage zu Augsburg zur vorläufigen Kenntnißnahme übergebenen Textes der Conf. Aug. – Fast ebenso bedenklich für den Ruf Coelestin’s waren die Zerwürfnisse, in welche er mit dem ihm vorher befreundeten Dav. Chytraeus zu Rostock gerieth. Dieser stand nicht an, ihn bei dem Erscheinen von Coelestin’s „Statuta collegii canonicorum delineata“ 1571 geradezu des wissenschaftlichen Betruges zu beschuldigen und jene Arbeit als die seinige in Anspruch zu nehmen. Dafür rächte sich C., indem [389] er bei der Herausgabe der „Historie der augsburgischen Confession“ 1576 durch Chytraeus einen gleichen Vorwurf gegen diesen schleuderte; aber er vermochte doch nicht, das Urtheil der Freunde des Chytraeus ganz abzuweisen, daß er bei seiner 1577 herausgegebenen „Historia comitiorum 1530 Augustae celebratorum etc.“ die Arbeit des letzteren stark benutzt habe. – Ein wirkliches Verdienst erwuchs ihm indeß aus der Herausgabe einer Sammlung von Briefen Luther’s, die er von der Andreas-Kirche in Eisleben durch Kauf an sich gebracht hatte und die de Wette bei seiner Herausgabe benutzt hat. – In eine der zahlreichen Lehrstreitigkeiten seiner Zeit wurde C. nicht verwickelt; als es sich darum handelte, die Formula Concordiae in Brandenburg einzuführen, nahm auch er von vornherein eine feste zustimmende Stellung zu derselben ein. In diesem Sinne war er auf den Conventen von Lebus und Berlin 1576, zu Nauen 1577 und endlich zu Tangermünde 1578 thätig, wo er sich dem Beschlusse der Synode, keinerlei Aenderungen des Bergischen Buches mehr vorzunehmen, anschloß. Diese den Wünschen seines Landesherrn conforme Gesinnung scheint ihm doch trotz der vorher erwähnten Angriffe eine geachtete Stellung in der Mark und den Nachbargebieten gesichert zu haben. Er wurde nicht allein mit der Visitation der Magdeburgischen Kirchen, sondern auch mit mehrfachen kirchenordnenden Thätigkeiten in der Neumark betraut. Markgraf Johann von Küstrin soll nur durch den Tod gehindert worden sein, ihn zum Dank für dieselben zum General-Superintendenten der Neumark zu ernennen.

Ueber sein Leben und seine Werke sind zu vergleichen: Altes und Neues Berlin. Bd. I. – M. F. Seidel’s Bildersammlung, herausgegeben von G. G. Küster, Berlin 1751. G. G. Weber, Kritische Geschichte der Augsburgischen Confession, 1783 u. 84. Ueber seine Theilnahme an dem Proceß gegen Johann Musculus vgl. Spieker i. d. Ztschr. f. hist. Theologie, 1849.