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Artikel „Kelp, Martin“ von Georg Daniel Teutsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 595–596, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kelp,_Martin&oldid=- (Version vom 17. Dezember 2024, 09:39 Uhr UTC)
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Kelp: Mag. Martin K., Historiker und Schulmann, ist 1659 in Hålvelagen, im Siebenbürger Sachsenland, geboren, wo sein Vater Georg K., nachdem er das Rectorat des Schäßburger Gymnasiums bekleidet, damals Pfarrer war. Der Knabe bildete vielversprechende Anlagen zunächst auf der Schule in Schäßburg, dann in Hermannstadt aus; als seine Vaterstadt den berühmten Lehrer dieser Anstalt, Elias Ladiver 1678 ins Rectorat berief – aus Ungarn flüchtig, hatte dieser vom Collegium in Eperies, das der Erlauer Bischof Franz Segedi den Evangelischen entrissen hatte, in Hermannstadt als außerordentlicher Lector (1673) gastliche Aufnahme gefunden – kehrte K. mit ihm wieder nach Schäßburg zurück und blieb hier in seinem Unterricht noch ein Jahr lang. Im November 1679 zog er, zu Pferde durch Polen, nach Wittenberg. Nach fast zweijährigem Aufenthalt hier ging K. nach Hamburg, wo er drei Jahre den Unterricht des berühmten Esra Edzardi im Hebräischen genoß und die eigene Lehrfertigkeit durch Ertheilung von Unterricht vermehrte. In Leipzig, wo K. sich des fördernden Wohlwollens von Christian Thomasius erfreute, erwarb er 1684 die Magisterwürde. Die Dissertation zu seiner Promotion: „Natales Saxonum Transsilvaniae aposciasmate historico illustrati“ (Leipzig bei Justin Brand) hat er wohl ausgerüstet mit den Hülfsmitteln der damaligen deutschen Wissenschaft, doch in den speciellen, Siebenbürgen betreffenden Theilen ohne die erforderlichen, hier nicht vorhandenen Quellen „fast nur aus dem Gedächtniß“ geschrieben. Es fehlt denn nicht an mannigfachen Irrthümern, insbesondere in dem ersten, dem geographischen Theil; im zweiten, der die Herkunft der Sachsen nachweisen will, wird der Verfasser unbewußt beeinflußt von dem, aus dem harten Gegensatz der herrschenden Nationalitäten in Siebenbürgen entstandenen Bestreben, die Rechtsstellung des eigenen Volkes durch den Nachweis seines Alters im Lande zu stärken. So sucht K. mit einem großen Aufwand von Gelehrsamkeit in den Siebenbürger Sachsen „die alten Reste“ der Daken (die ihm Deutsche sind) und Gothen nachzuweisen, zu welchen später Theile der Gepiden und Longobarden, dann Sachsen unter Karl M. und unter den ungarischen Königen, namentlich unter Geisa II., andere Deutsche hinzugekommen. Auf diese Weise in der kritischen Forschung die Fehler seiner Vorgänger und Zeitgenossen theilend, hat Kelp’s kleine Arbeit doch dazu beigetragen, die Erinnerung an die Siebenbürger Sachsen in der deutschen Litteratur zu erhalten, wie sie denn durch warme Klänge eines lebendigen Nationalbewußtseins wohlthuend anspricht. Wenn Valentin Wagner im schönen Liedergruß, den er (1544) Honterus’ Handbuch des bürgerlichen Rechtes vorausschickt, die Sachsen gehobenen Herzens „die Colonien des deutschen Reiches in Siebenbürgen“ nennt; wenn der sächsische Abgeordnete Valentin Saraphin, der (1612) um die Hülfe des Kaisers Matthias gegen Gabriel Bathori nach Wien geht, zugleich „die löbliche teutsche Nation“ aufruft, „sie wollten um Gottes Willen uns, als ihre hinterlassene Waisen, so ihre Voreltern hierher gepflanzt und gesetzt haben, ihre weit berühmte Nation in ferne Länder auszubreiten, nit lassen von so hungrigen Wolfszähnen (Bathori’s [596] Wappen) zerreißen“: so klagt K. schmerzlich, während der Fürst von Siebenbürgen mit den Türken gegen den deutschen Kaiser zu Felde zieht, „heute werden wir immer mehr und mehr von Deutschland losgerissen“. Im Juli 1684 kehrte K. nach Siebenbürgen zurück und wurde sofort zum Rector des Schäßburger Gymnasiums berufen. Etwas über drei Jahre an der Spitze desselben hat er die treue Arbeit „seines geliebtesten Lehrers“ Elias Ladiver, wodurch dieser der „Wiederhersteller“ der Lehranstalt geworden, in rastloser Anstrengung fortgesetzt. Der wissenschaftlich-ernste Geist der, in Prima unter ihm von 46 Schülern besuchten Schule tritt auch in den von ihm geleiteten „Disputationen“ hervor, von welchen namentlich zwei: „Positiones theologicae ex articulo de ministerio ecclesiastico“ und „De magistratu politico“ (1685) tiefere diesbezügliche Einblicke gestatten. So lauten einzelne Thesen derselben: „Von Hexen Angezeigte werden mit Unrecht gerichtlich verfolgt; auch Ketzern muß man Wort halten; Niemand kann mit gutem Gewissen den Ruf in die Stelle eines ungerecht aus dieser Entfernten annehmen; die Religion darf mit Waffengewalt vertheidigt werden.“ Eine vorzüglich dankenswerthe That Kelp’s für sein Gymnasium war die Gründung einer Bibliothek, zu der (1684) auf seine Veranlassung Freunde der Schule Bücher schenkten, er selbst, der erste, 10 Bände, zwei weitere kamen im Namen seines früheren Schülers Petrus Herbrandt von Hamburg dazu. Bald darauf schenkte er zu einem Bibliotheksfond 30 Gulden; jeder neu eintretende Schüler sollte 3 Denare dahin geben; ein Horaz war die erste Anschaffung aus den neuen Mitteln. Die Bibliothek wurde in der Sakristei der der Schule nahen Bergkirche aufgestellt. „Wenn sie in mehr als anderthalbhundert Jahren mit dazu beigetragen hat, das geistige Leben in der dem deutschen Mutterland so fernen deutschen Lehranstalt zu pflegen, ihrem trefflichen Gründer gebührt der erste Dank dafür.“ Im Sommer 1687 wurde K. zum Pfarrer in Bodendorf gewählt, wohin zu weiterem Unterricht ihm sein bester Schüler, Georg Haner (Allg. d. Biogr. X, 507), folgte; als solcher hielt er 1690 dem Fürsten Michael Apafi auf Anordnung des Superintendenten seitens der evangelischen Kirche die Leichenrede und zwar in hebräischer Sprache. K. starb als Pfarrer in Meschen 1694, noch nicht 35 Jahre alt; der Ruhm in erster Reihe seiner Lehrerthätigkeit hat in seiner Heimath sein kurzes Leben lang überdauert.

Biographisches und Litterarhistorisches über K. in Seivert, Nachrichten über siebenb. Gelehrten, Preßburg 1785, darnach Trausch, Schriftstellerlexikon der Siebenbürger Deutschen, 2. Bd., Kronstadt 1870; vollständiger und den Quellen entnommen G. D. Teutsch, Geschichte des Schäßburger Gymnasiums, im Programm dieses von 1852/53.