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Artikel „Jacobe, Herzogin von Jülich“ von Felix Stieve in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 13 (1881), S. 567–570, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Jakobe&oldid=- (Version vom 2. November 2024, 21:17 Uhr UTC)
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Jacobe, Herzogin von Jülich, geb. am 16. Januar 1558, † 1597, die älteste Tochter des Markgrafen Philibert von Baden-Baden und der Herzogin Mechtildis von Baiern. Die Mutter verlor sie bereits 1565. Nachdem auch ihr Vater am 3. October 1569 in der Schlacht von Moncontour, wo er, obgleich Protestant, gegen die Hugenotten stritt, gefallen war, wurde J. am Hofe Herzog Albrechts V. von Baiern, ihres Oheims, katholisch erzogen und blieb dort auch nach erlangter Volljährigkeit und Albrechts Tode. Ihre Vermählung mit dem vier Jahre jüngeren Erbprinzen von Jülich-Cleve, Johann Wilhelm, wurde zu Düsseldorf am 18. September 1584 durch Vertrag vereinbart, am [568] 16. Juni 1585 mit außerordentlicher Pracht vollzogen. Dieselbe war das Werk des Kurfürsten Ernst von Köln und seines älteren Bruders Herzog Ferdinand von Baiern, welche Johann Wilhelm durch eine ihm geistig überlegene, streng katholische und zu dem bairischen Hause in engster Beziehung stehende Gattin in kirchlicher und politischer Hinsicht für die Restaurationspartei zu gewinnen beabsichtigten und die Hoffnung hegten, auf diese Weise in Zukunft die Vernichtung des in den jülicher Landen mächtig um sich greifenden Protestantismus bewirken und für die Behauptung des eben erst Gebhard Truchseß entrissenen Kölner Erzstiftes einen kräftigen Rückhalt erlangen zu können. J. hatte sich ihren Absichten anfangs widersetzt, denn sie hatte sich heimlich mit dem Grafen Hans Philipp von Manderscheid verlobt. Nachdem dieser vom bairischen Hofe entfernt worden, hatten sie jedoch Ehrgeiz und vielleicht auch Glaubenseifer im Verein mit den Vorstellungen ihrer Verwandten zum Nachgeben bestimmt. Das Verhältniß zu ihrem Gemahl wurde ein herzliches. Dagegen waren ihr Schwiegervater, Herzog Wilhelm IV., und dessen Räthe ihr von vornherein abgeneigt, denn diese hatten nur ungern und erst auf Andringen des Kaisers, Spaniens und des Papstes in die Heirath gewilligt. J. vermochte nicht die ihr so entgegentretenden Schwierigkeiten zu überwinden. Sie war eine sehr begabte Frau, aber sie wußte weder ihren Ehrgeiz noch ihre Leidenschaftlichkeit zu zügeln; es fehlten ihr Zähigkeit, nüchterne Berechnung, politischer Blick und innere Selbständigkeit, und Widerwärtigkeiten und Kränkungen erfüllten ihr weiches Gemüth mit Gram, statt ihre Thatkraft zu spornen. Ueberdies erregte sie durch ihre Verschwendung, ihre Vergnügungssucht und ihre Liebhaberei für Narren, Schauspieler, Mummereien und allerlei, mitunter anstößige Scherze Aergerniß und verletzte durch hochfahrendes Auftreten und schroffe Heftigkcit. Ihr Verhältniß zu Wilhelm IV. und dessen Räthen, an deren Spitze der Marschall von Berg, Wilhelm von Waldenburg, genannt Schenkern, stand, wurde bald ein feindseliges, da sie und ihr Gemahl von jenen in drückender Geldnoth gehalten wurden, Johann Wilhelm aber zur Politik seines Vaters oder vielmehr der Räthe, welche thatsächlich die Regierungsgewalt in Händen hielten und dieselbe mit Willkür und schnödem Eigennutz ausbeuteten, in Gegensatz trat und eigenmächtig die Unterdrückung des Protestantismus in Angriff nahm. Dies mochte man dem Einflusse Jacobens zuschreiben, welche nicht nur die kirchliche Frömmigkeit, sondern auch den Ketzerhaß und Bekehrungseifer der Restaurationspartei in hohem Maße besaß und im Mai 1587 von Sixtus V. als Anerkennung „ihrer hervorragenden Frömmigkeit und Ergebenheit gegen Gott und den apostolischen Stuhl“ die geweihte goldene Rose erhielt. Daß sie, deren Gemahl der einzige männliche Sproß seines Stammes war, kinderlos blieb, mußte ihr ebenfalls zum Nachtheil gereichen. Anfang 1590 wurde nun Johann Wilhelm wahnsinnig. Damit trat das Aussterben des jülicher Mannesstammes in gewisse Aussicht und zunächst drängte sich die Frage auf, wer nach dem bald zu erwartenden Tode des 74jährigen, bereits stumpfsinnigen Wilhelm IV. die Regentschaft führen solle. Um ihre Macht zu behaupten, wechselten Schenkern und dessen Genossen ihre Politik; sie suchten Rückhalt bei Spanien und dem Kaiser und bewirkten, daß Rudolf ihnen vorläufig die Regierung übertrug. Gegen sie erhoben sich indeß die evangelischen Stände von Cleve-Mark, angespornt durch die Interessenten, die protestantischen Schwiegersöhne Wilhelms IV., welche, um ihre Erbansprüche zu sichern, die Regentschaft in ihre Hände zu bringen oder dieselbe wenigstens dem kaiserlichen und spanischen Einflusse zu entziehen wünschten. Die Stände forderten einen Landtag, um die Macht der Räthe zu beschränken und Maßnahmen gegen die Einfälle und Durchzüge spanischer Truppen zu treffen. Als die Räthe die Berufung hartnäckig verweigerten, wandten sich die Stände im [569] April 1591 an J. Durch ihren Haß gegen die Räthe, durch ihren Ehrgeiz und durch den Wunsch, ihrer unwürdigen Stellung und Dürftigkeit ein Ende zu machen, sowie durch den Einfluß, welchen eine Schenkern und dessen Freunden abgeneigte Minderheit der Räthe, der einsichtige Führer der Protestanten, Graf Wirich v. Dhaun, und einige Leute ihrer Umgebung auf die Herzogin ausübten, wurde diese bestimmt, sich mit den Ständen zu verbinden. Es war lediglich ein Kampf um die Regierungsgewalt, welchen J. damit unternahm, aber die Verhältnisse waren bei demselben derartig gelagert und er nahm eine solche Entwickelung, daß J. als Gegnerin des Kaisers, Spaniens und des Katholicismus erschien und sich in Folge dessen derjenigen Bundesgenossen beraubte, bei welchen allein sie naturgemäß und zuverlässig Rückhalt hätte finden können. Jener ihr nachtheilige Eindruck ihres Vorgehens wurde bestärkt durch die Beziehungen, in welche sie auch zu den Interessenten trat, durch die Verleumdungen, welche ihre Schwägerin Herzogin Sibylle, eine giftige, ihr seit lange feindliche, alte Jungfer an katholischen Höfen gegen sie ausstreute, und durch eigene Unbesonnenheiten. So entschied der Kaiser am 13. December 1591 die Regierungsfrage zu ihren Ungunsten. Als gleich danach, am 5. Januar 1592 Wilhelm IV. starb, erneuerte sich der Streit. Jetzt bemühte sich J., den Kaiser und die katholischen Mächte und Stände für sich zu gewinnen, und bald ließ sie sich durch den einzigen Freund, der treulich zu ihr hielt und die Dinge einsichtig beurtheilte, durch den Kurfürsten Ernst von Köln nämlich, bestimmen, rückhaltlos auf die Seite der katholischen Partei zu treten, für die Anerkennung und Vertretung der Interessen dieser die bündigsten Zusagen zu geben und die Herstellung des Katholicismus mit Nachdruck zu fördern. Aber das Mißtrauen, welches gegen sie bestand, wirkte fort und wurde beständig durch die ihr feindlichen Räthe, durch Herzogin Sibylle und durch Fehler, welche J. aus Unbeständigkeit, Uebereilung oder Leidenschaftlichkeit beging, auf’s Neue angeregt. Aussöhnungen mit den Räthen und Sibylle hatten bei dem beiderseitigen Hasse keinen Bestand. Mit den Interessenten brach J. selbst, um sich als dem Kaiser und dem Katholicismus ergeben zu beweisen. Mit den evangelischen Landständen wurde sie wie durch ihre kirchliche und politische Haltung so namentlich dadurch entzweit, daß ein kaiserlicher Commissar denselben eine Schrift mittheilte, worin sie gelobt hatte, nach äußerstem Vermögen den Katholicismus zu fördern und den Protestantismus zu unterdrücken. So war sie schließlich auf die Unterstützung beschränkt, welche ihr der Kurfürst von Köln und in geringem Maße der Papst und einige katholische Reichsstände gewährten. Es war ihr gelungen, ihre vornehmsten Feinde, Schenkern, den Haushofmeister Johann von Ossenbroich und den Vicekanzler Hardenrath von der Regierung auszuschließen, nicht aber, zu bewirken, daß der Kaiser ihr die Regentschaft übertrug, und die Räthe, welche die Geschäfte führten, räumten ihr nur geringe Gewalt ein. Ihre Stellung war eine so wenig mächtige und feste, daß der Plan gefaßt werden konnte, sie völlig zu beseitigen. Schenkern, Ossenbroich und die Herzogin Sibylle verständigten sich in diesem Sinne mit dem katholischen Adel von Jülich und Berg. Nicht nur der alte Haß gegen J. und der Wunsch, die verlorene Willkürherrschaft wieder zu erringen, trieb sie dazu, sondern vornehmlich die – auch für den Anschluß der Ritterschaft maßgebende – Absicht, zu verhüten, daß die jülicher Lande an die evangelischen Interessenten fielen, von welchen die Unterdrückung des Katholicismus und die Beschränkung der ständischen Freiheiten zu befürchten stand. In der Hoffnung, daß Johann Wilhelm in einer neuen Ehe Kinder erzielen könne, wollte man ihm die Möglichkeit zu einer solchen verschaffen. Schon Ende 1591 hatte Schenkern am kaiserlichen Hofe einen Scheidungsproceß einzuleiten versucht, indem er J. wegen „übermäßiger Unkeuschheit“ anklagte. Seit Ende 1592 hatte dann die Herzogin [570] den Anschlägen ihrer Feinde selbst Vorschub geleistet, indem sie mit einem jungen Adlichen, Dietrich v. Hall, einen Verkehr pflog, welcher den Verdacht des Ehebruchs gegen sie wachrief. Daß derselbe begründet war, ist nicht festgestellt, aber wahrscheinlich. Die Gegner Jacobens sahen in ihm eine willkommene Handhabe, um sie zu verderben. Von den katholischen und den durch ihn hinters Licht geführten evangelischen Ständen von Jülich und Berg unterstützt, besetzte Schenkern am 26. Januar 1595 unter dem Vorwande, Johann Wilhelm, welcher von J. unnöthiger Weise gefangen gehalten werde, zu befreien, den Sitz des herzoglichen Hofhaltes Düsseldorf, nahm die Regierung in seine und seiner Anhänger Hände, verhaftete J. und ließ sie durch Sibylle des Ehebruchs anklagen. Darauf wurde das Urtheil des Kaisers gegen sie angerufen. Rudolf II. trug jedoch Bedenken, die Herzogin dem Henker zu überweisen. Nur durch ihren Tod konnte aber nach katholischem Kirchenrecht Johann Wilhelm die Freiheit zu neuer Ehe gegeben werden. Daher ließen Schenkern und die ihm verbündeten Räthe den geisteskranken Herzog am 9. August 1597 ein Schriftstück unterzeichnen, worin er ziemlich unverhohlen die Beseitigung Jacobens verlangte. Darauf gestützt, forderten sie dann den Kaiser auf, das erwünschte Urtheil zu fällen oder sie zur Hinrichtung der Herzogin zu ermächtigen. Weder in der einen noch in der anderen Beziehung wurde ihnen willfahrt. Da fand man am 3. September 1597 die Herzogin, welche sich am Abende vorher gesund niedergelegt hatte, todt im Bette. Ohne Zweifel war sie auf Veranstaltung der Räthe erstickt worden. Ihr Schwager, Landgraf Georg Ludwig von Leuchtenberg, und die Herzoge von Baiern verlangten eine strenge Untersuchung über die Ursache ihres Todes. Der Kaiser lehnte jedoch dieselbe ab, weil er nicht gegen eine Partei, welche als die seine erschien, vorgehen und den Scandal nicht noch größer werden lassen wollte. Nicht einmal das erreichte Leuchtenberg, daß J. ein fürstenmäßiges Begräbniß erhielt: ihre Leiche wurde in der Kreuzkirche zu Düsseldorf belassen, wo sie ohne die üblichen Ehrenbezeugungen beigesetzt worden war und kein Denkmal ihre Gruft bezeichnete.

J. D. Schöpflin, Historia Zaringo-Badensis, III. 37 ss. Theodor Graminaeus, Fürstliche Hochzeit, so Wilhelm Herzog zu Gülch seinem Sohne etc. in Düsseldorf gegeben, 1585; [Auszug daraus bei Müller und Falke: Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte, IV. 314 ff.]. Zell, Die badischen Fürstentöchter, 31 ff. Theiner, Annales ecclesiastici II. Die neuesten Abhandlungen, welche zugleich die älteren Bearbeitungen verzeichnen, sind: Stieve, Zur Geschichte der Herzogin Jacobe von Jülich, in der Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins, Bd. XIII, 1–197, und R. Goecke, Zur Proceßgeschichte der Herzogin Jacobe von Jülich in der Zeitschrift für preußische Geschichte und Landeskunde, XV. 281–302.