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Artikel „Jacobi, Andreas Ludolf“ von Ferdinand Frensdorff in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 13 (1881), S. 570–573, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Jacobi,_Andreas_Ludolf&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 03:43 Uhr UTC)
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Jacobi: Andreas Ludolf J., gehörte einer niedersächsischen Pastorenfamilie an, aus welcher eine Reihe bedeutender Männer hervorgegangen ist. Der Pastor Johann Andreas J. (geb. 1680, † 1756) zu Wollershausen im [571] Amt Herzberg (Fürstenthum Grubenhagen) hinterließ zwei Söhne: den Commerzienrath Jacobi zu Düsseldorf, den Vater der beiden berühmten Brüder Johann Georg und Friedrich Heinrich J. (s. u.), und Johann Friedrich J. (geb. 1712, † 1791, s. u.). Von des letzteren Nachkommen sind besonders ein Sohn und eine Tochter zu nennen. Letztere, Clara, heirathete 1779 den Kaufmann Martin Bernhard Hausmann zu Hannover: ihre Kinder waren der nachherige Professor der Mineralogie, Hausmann, zu Göttingen (s. Bd. XI S. 94), der Oberbaurath Bernhard Hausmann zu Hannover (geb. 1784, † 1869), einer der tüchtigsten Industriellen, um Stadt und Land gleich verdient, Sophie, die erste Gemahlin des Generals Sir Julius Hartmann (s. Bd. X S. 690), Caroline, verheirathet an den Professor Christ. Aug. Brandis zu Bonn (s. Bd. III S. 245). – Der Sohn Johann Friedrichs, Andreas Ludolf J., wurde den 21. Januar 1746 zu Hannover geboren, besuchte die Schulen zu Celle und Ilfeld (1761–64) und studirte Michaelis 1764 bis Ostern 1768 die Rechtswissenschaft zu Göttingen. Er war ein eifriger Zuhörer Pütter’s, der ihm beim Abgange ein glänzendes Zeugniß seiner Fähigkeit und Geschicklichkeit ausstellte. Am 15. April 1768 wurde er als Advokat zu Celle beeidigt und bald darauf zugleich als Auditor bei der Burgvogtei zu Celle, dem herrschaftlichen Amte, zugelassen. Seine in dieser Zeit entstandene erste Schrift „Anleitung zur Kenntniß der Rechte in außergerichtlichen Handlungen“ (1772) wollte die Laien in der vorsichtigen Einrichtung der gewöhnlichsten Rechtsgeschäfte unterweisen und sie vor der Ausbeutung durch gewissenlose Advokaten schützen, aber die vom Verfasser gewählte Form war schwerlich im Stande, dem Verfahren derer, die mit der Aufbewahrung der hier verrathenen Geheimnisse Wucher trieben, wirksam zu begegnen. J. gab den Advokatenstand bald auf und trat in ständische Dienste über: 1773 wurde er zum Schatzsecretär, 1775 zum Syndikus der Lüneburgischen Ritter- und Landschaft bestellt. In diesem Amte, das er 50 Jahre bekleidete, erwarb er sich die größten Verdienste, so daß man ihm nachrühmen durfte, die Geschichte seiner Wirksamkeit mache einen guten Theil der Geschichte der Landschaft aus. Die gemeinnützigen Institute, welche sie begründete, waren vorzugsweise Jacobi’s Werk: so das 1784 errichtete Celler Entbindungshaus und die damit verbundene Hebammenlehranstalt und das 1790 nach langjährigen Vorbereitungen ins Leben gerufene ritterschaftliche Creditinstitut, das ein Muster für ähnliche Anstalten in den übrigen Landestheilen wurde. J. wurde der Assistent des neuen Instituts; der bescheidene Name barg die Thätigkeit des eigentlichen Dirigenten. Im J. 1791 machte er, um seine Schwester, die in den Dienst der Königin Charlotte von England trat, zu begleiten, eine Reise nach London und besuchte auf der Heimkehr Paris. Mit so vielen seiner Zeitgenossen glaubte er Frankreich auf dem Weg, ein äußerst beneidenswerthes Land zu werden und mußte gleich selbst in Lille erfahren, wie sich Freiheit und Gleichheit in der Praxis ausnahmen. Die politische Aufregung in der eigenen Heimath trug ihm die Anfeindungen der entgegengesetzten Parteien ein: in Celle schlug man Pasquille auf ihn an, weil man in ihm den Vertreter der Ritterschaft, den Leiter des Creditinstituts sah, das die einträglichen Concurs und Vermögensverwaltungen vermindert hatte; in Hannover denuncirte man ihn dem General v. Freytag als den ärgsten Jacobiner. Er ließ sich nicht beirren und der König zeichnete ihn dadurch aus, daß er ihm auf Antrag der Geheimenräthe „in Betracht seiner Geschicklichkeit, Fleiß und Rechtschaffenheit“ Charakter und Rang eines Hofraths beilegte. Durch seinen Vater früh mit Interesse für die Landwirthschaft erfüllt, ward ihm schon mit 26 Jahren die Ehre zu Theil, als Mitglied der königlichen Landwirthschaftsgesellschaft aufgenommen zu werden; als er dann 1779 im hannoverschen Magazin die Abhandlung veröffentlichte: „Ueber einige neuere [572] Zweifel wider den Nutzen der Fabriken und Manufacturen in fruchtbaren Staaten“, erwählte man ihn in den engern Ausschuß der Gesellschaft, an deren Spitze seit dem Tode Johann Friedrich Jacobi’s der Landschaftsdirector Friedrich Ernst v. Bülow (s. Bd. III S. 524) stand. Das Zusammenwirken Jacobi’s in seinem ständischen Amte wie in seiner Vereinsstellung mit Männern wie Bülow, seinem Nachfolger v. Lenthe, seine nahen Beziehungen zu Albrecht Thaer trugen für das Land, namentlich für die Besserung der agrarischen Verhältnisse die schönste Frucht. Als die Gemeinheitstheilungs-Ordnung für das Fürstenthum Lüneburg, für die sich Georg III. persönlich lebhaft interessirte, unterm 25. Juni 1802 die königliche Genehmigung erhielt, erkannte die Regierung die ausgezeichneten Verdienste Jacobi’s um das Zustandekommen dieses Werkes an, das in- und außerhalb des Landes zum Muster genommen wurde. Weitere gesetzgeberische Pläne wurden durch die feindliche Occupation des Landes unterbrochen. Die Franzosen ließen zunächst die Landschaften als eine Handhabe für Steueranforderungen und sonstige Ansprüche bestehen und häuften alle Last und Verantwortlichkeit auf den Landsyndicus. Während der preußischen Besitznahme im Sommer 1806 ging J., der aus dem Oberappellationsrath Grafen v. Hardenberg und dem Freiherrn Grote bestehenden Deputation beigegeben, nach Berlin, um mit dieser beim Könige die Aufrechterhaltung der ständischen Verfassung und Erleichterung der Lasten zu erwirken. Die französische Gouvernementscommission, welche die nicht zum Königreich Westfalen geschlagenen Theile von Hannover verwaltete, bestellte J. 1807 nach Aufhebung der landständischen Verfassung zum Subdelegirten für das Fürstenthum Lüneburg, aus welcher Stelle ihn das Jahr 1810 befreite, um ihn als königlich westfälischen Director der indirecten Steuern erst nach Lüneburg, dann nach Uelzen, und im folgenden Jahr als interimistischen Domänendirector nach Magdeburg und 1813 nach Braunschweig zu bringen. Nach Abwerfung der Fremdherrschaft kehrte er in seine alte ständische Stelle zurück und erhielt, da durch die Errichtung eines allgemeinen Landtages die Thätigkeit der Provinzialstände und damit zugleich Wirksamkeit und Einnahme des Landsyndicus erheblich verringert waren, die Direction der directen und indirecten Steuern für das Fürstenthum Lüneburg: ein Amt, das den Fähigkeiten des thätigen Mannes wenig entsprach. Die erste Wiederkehr des Tages von Waterloo, an dem drei seiner Söhne mitgefochten hatten, gab ihm Anlaß zur jährlichen Feier des 18. Juni aufzufordern, um im Volke den Gemeingeist und die Aufopferungsfähigkeit zu beleben, die Fürsten und ihre Cabinette daran zu mahnen, daß Mangel an Einigkeit Deutschland alle erduldeten Drangsale zugeführt habe. Die königliche Landwirthschaftsgesellschaft, welche während der Franzosenzeit in Stillstand gerathen war, erwählte ihn nach ihrer Reorganisation im J. 1816 in die einst von seinem Vater bekleidete Stelle des Directors. Bei seinem 50jährigen Dienstjubiläum im J. 1823 ertheilte ihm die Göttinger Juristenfaculiät das Ehrendiplom eines Doctors der Rechte. J. starb am 22. Juli 1825 zu Celle. In erster Ehe war er verheirathet mit Louise Sophie Charlotte Schweppe († 1787), in zweiter seit 1788 mit Wilhelmine Thaer, der Schwester seines Freundes Albrecht Thaer. Sein Sohn zweiter Ehe war der General der Infanterie und letzter Kriegsminister des Königs Ernst August, Karl J. (s. u.). – Jacobi’s rege schriftstellerische Thätigkeit galt vorzugsweise den ihm durch sein amtliches Wirken zugewiesenen Gebieten, außerdem auch Fragen der Rechtsphilosophie und Gesetzgebungspolitik. Letzterer Art sind: „Versuch einer Apologie der Todesstrafen“ (1776), „Beitrag zur Entwickelung der natürlichen Rechte der höchsten Gewalt“ (1783), Aufsätze, die nebst einigen anderen in der Sammlung: „Einige Staatsangelegenheiten“ (1787) umgearbeitet wiederholt wurden. Seinem Eide, sich die Vertheidigung der Landesprivilegien aufs äußerste angelegen sein [573] zu lassen und sie gegen jedermänniglich zu mainteniren, kam er nicht blos dadurch nach, daß er Angriffen gegenüber das bestehende Recht nachwies und klar legte, wie in der gegen den Hofgerichtsassessor v. Duve gerichteten „Prüfung einiger in Umlauf gebrachten Forderungen, die landschaftliche Verfassung des Fürstenthums Lüneburg betreffend“ (1794), sondern auch in der Weise, daß er, frei von aller Geheimnißkrämerei altständischer Zeit, die Landtagsabschiede und andere die Verfassung des Fürstenthums Lüneburg betreffende Urkunden (2 Thle., 1794–95) vom 14. Jahrhundert bis auf die neuere Zeit herunter nach den Originalen der Archive veröffentlichte. Ein darstellendes Werk „Die landschaftliche Verfassung des Fürstenthums Lüneburg“ ist erst 1846 aus dem Nachlasse Jacobi’s durch den Landsyndicus v. Lenthe zum Druck befördert worden. Auch die einzige noch heutzutage in der Geschichte des deutschen Staatsrechts genannte Schrift Jacobi’s darf man hierher ziehen: „Versuchte Auflösung einiger Zweifel über das Alter und die Repräsentationsrechte deutscher Landstände“ (1798), die zur Widerlegung von „Posse, Ueber das Staatseigenthum in den deutschen Reichslanden“ (1794) und „K. H. Lang, Historische Prüfung des vermeintlichen Alters der deutschen Landstände“ (1796) geschrieben ist. Das ritterschaftliche Creditinstitut des Fürstenthums Lüneburg erläuterte er in den von ihm und dem Freiherrn v. Ende herausgegebenen „Sammlungen für Geschichte und Staatskunde“ (Celle 1802), die Gemeinheitstheilung, die ihm zu historischen Untersuchungen über die Geschichte des deutschen Ackerbaues Veranlassung gab (Neues hannoversches Magazin 1801), in den „Beschäftigungen mit Gemeinheitstheilungsmaterien“ (1803). Dem Landschaftsdirector v. Bülow, mit dem er 25 Jahre lang in engster Verbindung gelebt, setzte er ein Denkmal in den „Erinnerungen“ (1802). 1787–95 gab er zuerst im Verein mit Kraut, Protosyndicus der Stadt Lüneburg, dann mit dem Protonotar Beneke zu Celle die „Annalen der Braunschweig-Lüneburgischen Churlande“ heraus, eine mit vielem Beifall aufgenommene Zeitschrift, die noch jetzt durch ihre historischen und statistischen Arbeiten, insbesondere auch Jacobi’s selbst Werth besitzt.

Annalen der Churlande VI S. 417–42. Pütter, Gel.-Gesch. I. S. 110, II. S. 107, III. S. 166. Festschrift zur Säcularfeier der königl. Landwirthschaftsgesellsch. 1864, S. 20, 72, 76. Rotermund, Gelehrtes Hannover, II. S. 445 u. 442. N. Nekrolog der Deutschen, 1825 S. 1496. Archiv f. Gesch. u. Verfg. des Fürstenth. Lüneburg, herausgeg. von v. Lenthe, IX. (1863) S. 119 ff. und V. (1856) 1 ff. Carl Jacobi, Die Voreltern Jacobi (Hannover 1856, als Manuscript gedruckt). B. Hausmann, Erinnerungen (1873) S. 11.