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Artikel „Jacobi, Karl von“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 13 (1881), S. 596–597, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Jacobi,_Karl_von&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 21:41 Uhr UTC)
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Jacobi: Karl von J., hannoverscher General der Infanterie, hochverdient um die Pflege der militärwissenschaftlichen Bildung des Offiziercorps seines engeren Vaterlandes, als der Sohn des durch volkswirthschaftliche, geschichtliche und philosophische Schriften bekannten Andreas Ludolf J. (s. o.), eines Vetters des Pempelforter J., 1790 zu Celle geboren, hatte sich den Rechtswissenschaften gewidmet und war bereits ein gesuchter Anwalt beim Tribunal zu Hannover, als die Erhebung des deutschen Volkes im Frühjahr 1813 ihn dem Waffendienste zuführte. Im März trat er in das in Hamburg errichtete hannoversche leichte Bataillon Lüneburg, bereits im Juli war er Hauptmann und Compagniechef in demselben Bataillon und schon im Winter 1814/15 hielt er in Antwerpen vor einer großen Zuhörerschaft von Offizieren taktische Vorträge, welche Aufsehen erregten. Vor dem Feinde zeichnete er sich so aus, daß ihm nach Beendigung der Feldzüge, an welchen er 1813/14 im nordwestlichen Deutschland, 1815 in den Niederlanden Theil nahm, durch Beschluß des Kapitels der Guelphenorden zuerkannt wurde. In der langen darauf folgenden Friedensperiode war J. so recht der Bildner und Förderer des wissenschaftlichen Geistes in der Armee, eine Thätigkeit, in welcher ihm zu Ende des verflossenen Jahrhunderts Scharnhorst vorangegangen war; er war die Seele und der hervorragendste Lehrer der Generalstabs- wie der Militär-Akademie, die von ihm ausgearbeiteten Hefte wurden von seinen sämmtlichen Nachfolgern, später in zu blinder Ergebenheit, ihren Vorträgen zu Grunde gelegt. – Eine andere Seite seiner Wirksamkeit war seine Theilnahme an den organisatorischen Umgestaltungen der Armee, namentlich war die Organisation vom J. 1833, welche das gesammte Heerwesen im Einvernehmen mit den Ständen in sehr rationeller Weise umgestaltete, vornehmlich Jacobi’s Werk. Praktischen Dienst in der Truppe that er nicht; von der Zeit an, wo der die nach dem zweiten Pariser Frieden in Frankreich zurückbleibenden hannoverschen Truppen befehligende General von Alten (Bd. I S. 359) ihn zu seinem Oberadjutanten wählte, wurde er auf dem Stabe verwandt; bei allen Truppenzusammenziehungen zu Uebungszwecken aber nahm er eine hervorragende Stellung ein; seine Leistungen als Chef des Generalstabes bei dem im Herbst 1843 in der Nähe von Lüneburg unter dem General Halkett (Bd. X S. 412) vereinten X. Bundes-Armee-Corps fanden in weiten Kreisen Anerkennung. Schriftstellerisch trat er hauptsächlich bei der Abfassung zahlreicher dienstlicher Veröffentlichungen auf; so flossen aus seiner Feder ein 1818–23 in drei Bänden erschienenes, damals als klassisch anerkanntes Exercierreglement für die Infanterie, welchem lange nachher – im J. 1855 – Vorschriften über die Anwendung der Compagnie-Colonnen folgten, und die „Militär-Strafproceß-Ordnung vom Jahre [597] 1861“; außerdem schrieb er „Das X. Bundes-Armee-Korps“, Hannover 1847 (2. Aufl. ebenda 1858, von seinem Sohne herausgegeben), ein Nachschlagbuch, die „Lehre vom kleinen Kriege, ein Leitfaden für den Unterricht“, Hannov. 1839 u. a.; auch betheiligte er sich 1831–35 an der Redaction des „Hannoverschen militärischen Journals“. Die Stürme des Jahres 1848 führten J. auf ein anderes Feld. Rasch und mit Energie unterdrückte er zunächst ohne Blutvergießen eine in der Stadt Hildesheim ausgebrochene Erhebung, dann trat er an die Spitze der Generaladjutantur des Königs, d. h. er erhielt die oberste Leitung aller militärischen Angelegenheiten. Er kam dadurch in unmittelbare Beziehungen zum Könige, Ernst August (Bd. VI S. 263), dessen ursprüngliche Abneigung gegen den Oberst-Lieutenant J., hauptsächlich in der Verschiedenheit der Ansichten Beider über die Organisation der hannoverschen Cavallerie (Näheres: Allg. Mil.-Ztg. Darmstadt 1873, Nr. 73 ff.) wurzelnd, sich bald in rückhaltloses Vertrauen umwandelte, was dahin führte, daß J., nunmehr General, im J. 1850 gegen seine Neigung das Krieg-Ministerium, eine Verwaltungsbehörde, deren Chef aber den Ständen verantwortlich war, übernehmen mußte. Als nach Ernst Augusts Tode im November 1851 ein Ministerwechsel stattfand, trat auch J. zurück, hauptsächlich weil der Nachfolger auf dem Throne, König Georg V., die von J. den Ständen hinsichtlich der Bequartierung der Cavallerie auf dem platten Lande eröffneten Aussichten zu verwirklichen nicht gewillet war. Im folgenden Jahre finden wir ihn als Bundescommissär in Bremen, wo es sich um die Vermittelung zwischen Senat und Bürgerschaft in Verfassungsangelegenheiten handelte; dann war er eine kurze Zeit Gesandter beim Bundestage; endlich erlangte er im Jahre 1854 die Erfüllung seines langgehegten Wunsches, in den activen Dienst zurückzutreten, indem er zum Commandeur einer Infanteriedivision ernannt wurde. In die folgende Periode seines Dienstlebens fällt eine zweite Zusammenziehung des X. Bundes-Armee-Corps bei Nordstemmen 1858, an welcher er als commandirender General Theil nahm, und bei der Mobilmachung des Jahres 1859 war er zum Chef des Generalstabes dieses Corps, dessen Befehl der regierende Herzog von Braunschweig übernehmen sollte, bestimmt. Die Beschwerden des Alters bewogen ihn 1862 in den Ruhestand zu treten. Als vier Jahre später der politische Horizont sich mit schwarzen Wolken bedeckte, wurden Jacobi’s Dienste zum letzten Male in Anspruch genommen: im verstärkten Ministerrathe, welcher im Mai 1866 die Absendung einer Neutralitätsnote nach Berlin veranlaßte, erhob er seine Stimme für das Zusammengehen mit Preußen; vier Wochen später, als die Armee nach Süden abzog, sprach er schmerzerfüllt: „Finis Hannovriae!“ Der König hatte ihm noch kurz vorher gelegentlich der Feier seiner goldenen Hochzeit den Adel verliehen. Er erlebte mit freudiger Theilnahme die Großthaten des Krieges von 1870/71 und die Einigung Deutschlands; am 4. Juni 1875 ist er zu Hannover gestorben. – J. vereinte mit einem scharfen Verstande große Energie, aber wenig gewinnende Formen.

Die Allg. Moden-Zeitung von 1860 bringt Jacobi’s Bild und eine von einem Verwandten geschriebene biographische Skizze.