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Artikel „Hornejus, Konrad“ von Julius August Wagenmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 13 (1881), S. 148–149, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hornejus,_Conrad&oldid=- (Version vom 6. Dezember 2024, 01:50 Uhr UTC)
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Hornejus: Konrad H. (Horney oder Horne), Philosoph und Theolog des 17. Jahrhunderts, geb. am 25. November 1590 zu Braunschweig, † am 26. Sept. 1649 zu Helmstädt. – Als Sohn eines Landpredigers zu Oelper bei Braunschweig wurde er zuerst von seinem Vater unterrichtet, erhielt dann nach der Eltern frühem Tod eine treffliche Schulbildung auf der Katharinenschule seiner Geburtsstadt, erwarb sich früh eine große Fertigkeit in den alten Sprachen und studirte dann 1608 ff. in Helmstädt Philologie, Philosophie und Theologie, als Lieblingsschüler, Haus- und Tischgenosse des Humanisten Joh. Caselius († 1613), später des Aristotelikers Cornelius Martini, als Studiengenosse von G. Calixt, B. Neuhaus u. A. Angezogen von dem freien und milden melanchthonisch-humanistischen Geist und der moderaten Theologie, die damals im Zeitalter der confessionellen Polemik fast allein noch an der Juliusuniversität Helmstädt unter den braunschweigischen Herzögen Heinrich Julius (1589–1613) und Friedrich Ulrich (1613–34) eine Pfleg- und Pflanzstätte, obgleich auch hier keineswegs die ausschließliche Herrschaft hatte, habilitirte er sich hier 1612 unter Martini, wurde 1619 außerordentlicher Professor der Logik und Ethik, dann nach Martini’s Tod († am 17. Dezember 1621) dessen Nachfolger 1622, aber noch in demselben Jahr unter Calixts Dekanat zugleich Licentiat der Theologie, trat 1628 nach dem Abgang des streng orthodoxen Michael Walther in die theologische Facultät ein und wurde damit der Specialcollege, der treue Gesinnungs- und Kampfgenosse von Georg Calixt, mit welchem er über 20 Jahre ein engverbundenes Paar, den duumviratus Helmstadiensis, bildete. Während er bisher besonders mit der Erklärung des Aristoteles, mit dem Vortrag der vera et antiqua philosophia im Geist Martini’s, mit Vorlesungen über Logik, Ethik und Metaphysik, sowie mit Ausarbeitung zahlreicher, oft gedruckter und auch auswärts vielgebrauchter philosophischer Lehrbücher sich beschäftigt hatte (sein compendium dialecticae erlebte 1623–66 zwölf, seine disputt. ethicae 1618 ff. sieben Auflagen; außerdem schrieb er Lehrbücher der Metaphysik, Naturphilosophie, Moral etc.): so sah er jetzt nach seinem Uebertritt in die theologische Facultät seine Aufgabe darin, im engsten Anschluß an Calixt, aber auch in bescheidener Unterordnung unter den älteren, geistes- und willenskräftigeren Collegen, zwar soviel als möglich den Frieden zu suchen und der verderblichen Streittheologie sich zu enthalten, aber auch dem zwiefachen Extrem der impietas und inscitia eines unwissenschaftlichen Orthodoxismus wie einer unfrommen, praktisch unfruchtbaren Wissenschaft, männlichen Widerstand zu leisten (utrique malo mascule se opposuit, impietati et inscitiae). Mehrmals wurde freilich seine friedliche Lehrthätigkeit durch äußere Störungen unterbrochen, durch Krankheit und besonders durch den verheerenden Krieg, der 1625 für mehrere Jahre die Universität entvölkerte und auch H. wie viele seiner Collegen zwang, in der Stadt Braunschweig ein Asyl zu suchen. Seit 1640 aber, als für Norddeutschland die schlimmste Kriegsnoth vorüber, wurde H. mitbetroffen von den leidenschaftlichen Angriffen, welche die rabies theologorum wider den Helmstädter Kryptopapismus und Synkretismus erhob. Schon des hannoverschen Pastors Statius Büscher Schmähschrift „Wider den Greuel der Verwüstung an der Juliusuniversität“ 1640, sowie die Polemik der [149] kursächsischen Theologen Leyser und Höpfner gegen die Helmstädter 1640/41 galt fast mehr noch ihm als seinem Collegen Calixt, da gerade H. durch seine Lehre von der Nothwendigkeit guter Werke (de fidei operosae necessitate ad salutem oder de fide viva ad s. necessaria) majoristischer Irrthümer sich verdächtig gemacht hatte. Und als dann 1645 in Folge des Thorner Colloquium caritativum der Streit weitere Dimensionen annahm; als 1646 die kursächsischen Theologen eine öffentliche Admonitio an die Helmstädter richteten; als 1648 auf des Königsberger Theologen Myslenta Veranlassung eine Reihe von Censuren gegen Latermann und seine Helmstädter Lehrer erschien; als in demselben Jahr die sächsischen Regierungen in den Theologenstreit sich mischten und die braunschweigischen Höfe als Patrone der Gesammtuniversität Helmstädt zum Einschreiten wider die dasigen Theologen aufforderten; so sah auch H. sich genöthigt, nicht blos über die Ungerechtigkeit dieser Angriffe gemeinsam mit Calixt und seinen übrigen Collegen sich zu beklagen, sondern auch zur Abwehr derselben wiederholt die Feder zu ergreifen. Er that dieß durch eine „Defensio disputationis etc.“ 1647, durch eine „iterata assertio de necessitate fidei etc.“ 1649, eine „repetitio doctrinae verae de necessitate bonorum oporum“, sowie durch eine im Auftrag der Regierung übernommene Erörterung der drei Fragen: 1) über die Autorität des kirchlichen Alterthums, 2) über die guten Werke, 3) über die Eintracht der Dissentirenden. Ehe aber noch die von Calixt und H. gemeinsam abzufassende Schutzschrift fertig war, und ehe der kursächsische Consensus repetitus fidei vere Lutheranae aufs Neue eine ganze Reihe von Sätzen des H. verdammte, war dieser im September 1649 gestorben. All die schweren Erfahrungen, die er in den letzten Jahren gemacht, die Verletzungen und Bedrohungen, denen er sich ausgesetzt sah und die der friedliche, aber reizbare Mann sich allzusehr zu Herzen nahm, zuletzt auch noch der Verlust seiner Gattin hatten dazu beigetragen, seinen Tod zu beschleunigen. Seine Gattin, Anna Catharina geb. Reiche, war ihm um wenige Monate vorangegangen. Von 6 Kindern, die er hinterließ, war ein Sohn Johannes H. bereits Professor in Rinteln: er hat sich später verdient gemacht durch Herausgabe und lateinische Uebersetzung der ὁμολογία des Griechen Metrophanes Kritopulos (Helmstädt 1661). Ueber die Schriften des Konrad H. siehe bes. Chrysander, Diptycha Profess. theol. in acad. Julia pag. 138 und Witten S. 744. Aus seinem Nachlaß erschienen noch ein „kirchengeschichtliches Compendium über die drei ersten Jahrhunderte“ 1649, Commentare über den Hebräerbrief und die katholischen Briefe und ein „Compendium theologiae“ 1655. Viele Briefe von ihm befinden sich handschriftlich zu Göttingen und Wolfenbüttel.

Quellen für sein Leben sind die Gedächtnißreden seiner Freunde und Schüler Fabricius, Schrader, Cellarius, Scheurl. Helmstädt 1649; cf. Witten, Mem. theol. Sec. XVII, S. 728 ff. Bearbeitungen von E. Henke in der Allg. Encykl. S. 2, Bd. 11; in der theol. R.Enc. 2 A. Band VI; sowie in seinem Calixt und seine Zeit, 1853–60; vergl. die weitere Literatur über die Universität Helmstädt und über die Synkretistischen Streitigkeiten von Walch, Schmid, Gaß etc.