Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Horn, Karl“ von Friedrich Latendorf in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 13 (1881), S. 141–144, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Horn,_Karl&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 07:08 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Horn, Theodor
Band 13 (1881), S. 141–144 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Karl Horn (Theologe) in der Wikipedia
Carl Horn in Wikidata
GND-Nummer 123531942
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|13|141|144|Horn, Karl|Friedrich Latendorf|ADB:Horn, Karl}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=123531942}}    

Horn: Karl H., Theologe, Mitstifter und erster Sprecher der deutschen Burschenschaft zu Jena, geb. am 11. Juni 1794 zu Neustrelitz, † am 8. April 1879 zu Neubrandenburg, erhielt seine Schulbildung auf dem Gymnasium seiner Vaterstadt, in der sein Vater als Secretär in der Landesregierung und im Consistorium wirkte. Ostern 1812 bezog er die Universität Jena, um sich dem Studium der Theologie zu widmen und trat, wie die meisten Mecklenburger, der Landsmannschaft Vandalia bei. Die vaterländische Gesinnung, die ihn von früh auf erfüllte und die im Kreise des elterlichen Hauses und nicht zuletzt durch das Vorbild des edlen Herzogs Karl von Mecklenburg genährt war – ihm hatte [142] er als primus des Neustrelitzer Gymnasiums am 16. October 1811 den feierlichen Dank der Schule für die Beilegung des Namens Gymnasium Carolinum an die wenige Jahre vorher (1806) gegründete Anstalt aussprechen dürfen –, und das Beispiel zahlreicher Jugendgenossen veranlaßte ihn im J. 1813 in das Corps der Lützower Jäger einzutreten, wobei er mit Theodor Körner innig befreundet wurde. Von ihm erhielt er, als Körner zur Reiterei des Corps überging, eine vortreffliche Doppelbüchse zum Andenken, die er bis an sein Lebensende treu bewahrt hat. Nach dem Frieden kehrte er zu seinen Studien nach Jena zurück, wie seine Genossen von dem Gedanken beseelt, daß die deutsche Nation von den Schulen und Universitäten aus verjüngt, daß die Reste des Pennalismus überwunden und vor allem die Nationaleinheit und christliche Gesinnung gepflegt werden müsse. Arndt’s Lied „Was ist des Deutschen Vaterland“ übte zu jener Zeit nach Heinrich Leo’s unbefangenem Zeugniß eine wahre Zaubermacht über die Herzen der Jugend. Der Gedanke einer nationalen Reform des Studentenlebens trat aber am frühesten und nachdrücklichsten gerade unter der Landsmannschaft der Vandalen auf, in deren Mitte der durch Redegewalt und Körperkraft und Schönheit ausgezeichnete H. als Senior fungirte. Es war ihm aber nicht beschieden, ohne Kampf nach beiden Seiten seine und seiner Freunde Ideen ins Leben zu rufen. Zunächst war die Landsmannschaft der Saxonia nicht gewillt den alten Comment aufzugeben; andererseits weigerten die sogenannten Sulphuristen den bisherigen Landsmannschaftern die Satisfaction. Ein Rencontre mit ihrem Führer, dem stud. theol. Wilhelm Schmidt (später Superintendent zu Eilsleben bei Seehausen, Reg.-Bez. Magdeburg) und eine demselben zugefügte schwere thätliche Beleidigung zogen H. im Sommer 1814 das Consilium auf Jahresfrist zu. Die Idee der Burschenschaft aber wirkte während seiner Abwesenheit kräftig fort und besiegte jeden Widerstand. H. kehrte zu Ostern 1815 zurück, und am 12. Juni 1815 wurde nach Auflösung der Landsmannschaften, unter festlichem Aufzuge von dem Markte zu Jena aus die Burschenschaft von H. feierlich proklamirt, der gleich am Anfang 113 Studenten angehörten. Bis Ostern 1816 erstreckte sich Horn’s Studienzeit; während dieses Zeitraums hat er als erster Sprecher der Burschenschaft für ihre nachhaltige Befestigung und Ausgestaltung kräftig gewirkt und ist besonders bei feierlichen Gelegenheiten öffentlich hervorgetreten, wie namentlich bei der Friedensfeier im Januar 1816, als auf dem vormaligen Brandplatze zu Jena eine Eiche „als Denkmal der erkämpften deutschen Freiheit und der neu aufgeblühten deutschen Manneskraft“ eingepflanzt wurde. Sein späteres Leben verlief im ruhigen Geleise; die Ideen aber, die den Jüngling begeisterten, sind dem Manne und Greise werth geblieben. Nach seiner Universitätszeit nahm er zunächst eine Stelle als Hauslehrer an, wurde im Juni 1819 als Prorector und dritter Lehrer an das Gymnasium zu Friedland in Mecklenburg berufen, und zwar fand nach Ausweis der städtischen Acten seine Einführung am 19. Juni statt; er selbst aber hat im patriotischen Gedenken des Tages von Belle Alliance stets den 18. als den Tag seines Amtsantritts angesehen und bezeichnet, wie denn auch in der That am 18. Juni 1869 sein 50jähriges Dienstjubiläum gefeiert wurde. Als Lehrer wirkte er siebenthalb Jahre hindurch mit gesegnetem Erfolge, wie vor anderen sein Schüler Fritz Reuter dankbar bekundet hat, und leitete namentlich mit Eifer und Hingebung auch die von Alters her in Friedland in hohen Ehren stehenden Turnübungen. Im Januar 1826 ging er ins Pfarramt über und wirkte zu Badresch in Mecklenburg in einer ausgedehnten ländlichen Parochie in stiller gesegneter Thätigkeit fast ein halbes Jahrhundert bis zum Herbste 1874. Spuren dieser Thätigkeit sind naturgemäß nur spärlich und selten in die Oeffentlichkeit getreten; die bibliographischen Repertorien verzeichnen nur eine einzige Predigt, eine Gedächtnißrede auf einen seiner Kirchenpatrone, den Vice-Landmarschall [143] A. F. C. v. Oertzen im J. 1867. Sein bewegtes Jünglingsleben zog gleichwol seine Kreise in das stille Pfarramt fort. Ihn duldete es nicht daheim, als die Universität Jena 1858 ihr 300jähriges Jubiläum feierte; er legte auch bei dieser Gelegenheit ein beredtes und nachdrückliches Zeugniß für den sittlichen und vaterländischen Werth der Burschenschaft ab. Bei der Körnerfeier zu Wöbbelin am 26. August 1863 fiel ihm nach seinen alten Kameraden Förster und Stiebel die Schlußrede zu. Bei dem Jubiläum der Burschenschaft hielt er nach fünfzig Jahren abermals „eine Ansprache an die Festgenossen auf dem Eichplatz zu Jena den 15. August 1865“ (Jena, Frommann). Die politische Bedeutsamkeit seines Lebens trat aber zumeist bei seinem Amtsjubiläum am 18. Juni 1869 hervor. Sein Landesherr, der ihm nach der in Mecklenburg heimischen Sitte den Titel Kirchenrath verlieh, seine Consynodalen, die Friedländer Schule, die Gemeinde, sie alle ehrten zunächst und naturgemäß das amtliche Wirken des Jubilars. In dem gemeinsamen deutschen Vaterlande aber dachte man des Stifters der deutschen Burschenschaft; vor Allem in Jena selbst, von wo aus „dem biedern deutschen Manne, Herrn Pfarrer Karl Horn zu Badresch, dem hochverdienten Gründer der für die vaterländische Geschichte so bedeutungsvoll gewordenen deutschen Burschenschaft, dem tapferen Kämpfer für die Befreiung Deutschlands von der französischen Zwingherrschaft“ eine kunstvoll ausgeführte Adresse von zahlreichen alten und jungen Verehrern zuging. Die auf den deutschen Hochschulen bestehenden burschenschaftlichen Verbindungen übersandten ein gemeinsames Ehrengeschenk, einen massiv silbernen Eichenkranz in starker Goldplattirung mit der Widmung „dem alten Horn die deutsche Burschenschaft zum 18. Juni 1869.“ Der Jubilar selbst gedachte in einer Festpredigt mit bewegten Worten seiner gesegneten Jugendzeit. Da die im Druck erschienene Rede dem Buchhandel nicht übergeben ist, scheint es zweckmäßig zum bleibenden Gedächtniß die bedeutungsvolle Stelle herauszuheben: „Manche meiner Kampfgenossen sammelten sich mit mir wieder zur Fortsetzung unserer unterbrochenen Studien im freundlichen Jena, gehoben in ihrer Stimmung, als die durch Gottes Gnade Triumphirenden. Ein ernster, im Kampfe gestählter Sinn geleitete uns heim in die Hörsäle der Lehrer, welche mit uns die Gedächtnißtage des errungenen Sieges feierten, freudig einstimmend in unsere Jubelchöre. „Das ist das Werk des Herrn, das da geschehen ist“, so lautete das Wort, womit sie uns empfingen, und wir demüthigten uns mit ihnen vor unserem Gott, der Alles wohl macht und seine Gerechtigkeit walten läßt wie seine Gnade. Neben unseren wieder aufgenommenen wissenschaftlichen Bestrebungen lag nun aber auch das dauernde Heil des befreiten Vaterlandes uns am Herzen. Dies zu begründen sollte alle Trennung und Spaltung, wie sie früher das in sich zerrissene deutsche Land zu seiner Schmach darstellte, aus den jugendlichen Kreisen der Studirenden fern bleiben, Alle sollten fortan zu einer Kraft gesammelt, zu einem Zwecke in Liebe und Freundschaft geeint sein, auf wissenschaftlichem Pfade, unbehindert durch die Rohheit feindseliger Gewalt, um die errungene Siegesfreude unter sich lebendig zu erhalten und die Reinheit der Gesinnung zu bewahren, ohne welche eine wahre Vaterlandsliebe ihre Stätte nicht finden und das Vaterland, als von seinen Söhnen versäumt und verlassen, nicht herrlich aufblühen und gedeihen könnte. Ein Verein wurde von der Mehrzahl gestiftet, und wenn derselbe auch später nach seinem wahren Gehalt vielfach mißverstanden und gemißdeutet ist, so haben doch die Beweise seiner heilschaffenden Wirksamkeit sich dauernd erhalten bis auf diesen Tag. Die schönsten Erinnerungen aus meiner akademischen Zeit knüpfen sich an diesen Verein; die Früchte seines Wirkens auf mein inneres Leben haben sich als heilsam bewährt, bis hin zu dem Greisenalter, in welches das Walten der göttlichen Gnade mich gestellt hat. Der öde und wüste Brandplatz – ein herzzerreißendes Zeichen feindseliger Verwüstung [144] inmitten des deutschen Vaterlandes – hat sich in einen grünen Eichplatz umgewandelt, auf dem das Auge der vaterländischen Jugend noch heute mit Entzücken ruht, und welcher das Herz der Jungen wie der Alten erfrischt und mit freudigem Hoffen erfüllt.“ – Nach seinem Jubiläum blieb H. in rüstiger Kraft noch fünf volle Jahre im Amte und genoß das seltene Glück, die Träume seiner Jugend durch die Gründung des neuen deutschen Reichs verwirklicht zu sehen. Wie er selbst vor nahe 60 Jahren, so standen zwei seiner Söhne im Kampfe gegen Frankreich und kehrten wohlbehalten und in Ehren heim. Im Herbste 1874 legte H. sein Amt nieder und übersiedelte nach dem freundlich gelegenen und geistig regsamen Neubrandenburg. Dort verbrachte er in ehrenvoller Muße inmitten eines glücklichen Familienkreises und allgemein geachtet und geliebt die letzten Jahre seines Lebens. Sein Ende erfolgte nach einem schmerzlichen Krankenlager am 8. April 1879; einige Tage darauf, am Charfreitag, wurde seine Leiche unter zahlreicher ehrender Betheiligung in sein ehemaliges Pfarrdorf hinübergeführt und am folgenden Tage auf dem dortigen Friedhof beigesetzt. Auch seine Leichenfeier bewies, daß sein Leben der Nation werth gewesen war. Die Züge seines Antlitzes werden auf dem in sichere Aussicht genommenen Denkmal der Burschenschaft zu Jena mit dem Bildniß seiner Freunde und Mitstifter Riemann und Scheidler der Nachwelt überliefert werden.

Keil, Robert und Richard, Die Gründung der deutschen Burschenschaft in Jena, 1865. Schmid, Ulrich Rudolf, Das Wesen der Burschenschaft, Jena 1875. Leo, Heinrich, Meine Jugendzeit, Gotha 1880 S. 143 ff. Programm des Gymnasiums in Friedland 1880, S. 10. Mecklenb. Anzeigen 1879 Nr. 87 vom 16. April. Rostocker Zeitung 1879 Nr. 88 u. 89 vom 17. u. 18. April. Reuter und Horn. Reuter’s Glückwunsch zum Amtsjubiläum des Stifters der deutschen Burschenschaft. Mitgetheilt von Friedrich Latendorf in Lindau’s Gegenwart 1880 Nr. 24. Dieselbe Mittheilung mit eingehenden Erläuterungen in der Mecklenb. Ztg. 1880 Nr. 165 vom 19. Juni.