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Artikel „Hetsch, Ludwig“ von Karl August Klüpfel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 12 (1880), S. 319–320, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hetsch,_Ludwig&oldid=- (Version vom 1. Dezember 2024, 03:50 Uhr UTC)
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Hetsch: Ludwig H., Componist, wurde am 26. April 1806 zu Stuttgart geboren, wo sein Vater damals Mitglied des Hoforchesters war. Einer seit mehreren Generationen musikalischen Familie angehörig, zeigte er frühzeitig musikalisches Talent, das er unter Anleitung seines Vaters, welcher mehrere Instrumente spielte, weiter ausbildete. Sein Vater wünschte übrigens nicht, daß er die Musik zum Lebensberuf mache und bestimmte ihn zur Theologie, zu deren Studium er im Lyceum zu Tübingen, wo sein Vater seit 1813 Stadtmusikus war und im Seminar zu Schönthal sich vorbereitete. Die Universität Tübingen bezog er als Zögling des evang. theol. Seminars im Herbst 1824, trieb übrigens hier mehr Musik als Theologie und wurde bald Mittelpunkt und Leiter für die von den musikalisch begabten Studirenden veranstalteten Uebungen. Noch ehe seine mit ihm in das Seminar eingetretenen Studiengenossen ihren Cursus vollendet hatten, trat er 1828 aus, um sich ganz der Musik zu widmen. Zunächst blieb er in Tübingen und erwarb seinen Lebensunterhalt durch Privatunterricht, wurde aber noch vor Ablauf eines Jahres als Musiklehrer der Prinzessin Elisabeth von Württemberg, der nachherigen Markgräfin Wilhelm von Baden, nach Kirchheim unter Teck berufen. Später zog er nach Stuttgart, gab [320] dort Musikunterricht, leitete musikalische Aufführungen von Privatgesellschaften und componirte eine Oper „Ryno“, die 1833 in Stuttgart aufgeführt wurde. In Folge davon erhielt er von dem Könige von Württemberg Unterstützung zu einer Reise nach Wien, wo er zu seiner weiteren Ausbildung etwas über ein Jahr blieb. Bald nach seiner Rückkehr nach Stuttgart wurde er als akademischer Musikdirektor in Heidelberg angestellt und zehn Jahre später als Musik- und Chordirektor an das Hoftheater in Mannheim berufen, in welcher Stellung er bis zu seinem Tode blieb. Als Tonsetzer entwickelte H. eine fruchtbare Thätigkeit und war sowohl in Heidelberg, wie in Mannheim, unausgesetzt für Hebung des Musiklebens thätig. Die großen Aufführungen von Oratorien in der Heidelberger Schloßruine sind allen damals Betheiligten noch in lebendigster Erinnerung. In Anerkennung seiner Verdienste als Componist, Lehrer und Dirigent wurde er von der Universität Tübingen 1867 zum Doctor philosophiae ernannt. H. war ein hervorragender und wissenschaftlich gebildeter Künstler, ein Charakter voll Wohlwollen und Herzensgüte, der in schlichter Anspruchlosigkeit und begrenztem Kreise für die Kunst gewirkt hat. Von jeher Zögling und Anhänger der classischen Richtung, namentlich Mozart’s, machte er dem Modegeschmack keine Concessionen und war ein Gegner der Wagner’schen Richtung. Ein feiner Sinn für Poesie ließ ihn besonders die Lieder seines Freundes Mörike verständnißvoll componiren. Seine Tondichtungen umfassen eine große Zahl von Liedern für eine Singstimme, für gemischten und Männerchor; Psalmen, Cantaten, theils mit, theils ohne Orchester; mehrere Messen und andere kirchliche Tonstücke; 16 Ouvertüren; viele Musiken zu Theaterstücken und Zwischenakten. Als preisgekrönt sind zu erwähnen: eine Symphonie, ein Duo für Clavier und Violine, der 130. Psalm, die Musik zur Jungfrau von Orleans. Unter den größeren Tondichtungen sind die beiden Cantaten „das Heidelberger Schloß“ und „die Tageszeiten“ hervorzuheben. Seine Compositionen zeichneten sich stets durch Melodienfrische, reinen Satz und gewandte Instrumentation aus. Daß trotz dieser Vorzüge seine Oper keinen durchschlagenden Erfolg erlebte, mag ihn neben den mancherlei Berufsgeschäften abgehalten haben, ein größeres Werk der Art wieder zu unternehmen. In den letzten Lebensjahren von einem Unterleibsleiden heimgesucht, unterlag er demselben am 28. Juni 1872.