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Artikel „Heiland, Karl Gustav“ von Dihle. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 311–313, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Heiland,_Karl_Gustav&oldid=- (Version vom 26. Oktober 2024, 13:11 Uhr UTC)
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Heiland: Karl Gustav H., geboren zu Herzberg an der schwarzen Elster am 17. August 1817, gestorben am 16. December 1868 zu Magdeburg, erhielt eine tüchtige Vorbildung auf dem Gymnasium zu Torgau, das damals unter der Leitung des energischen Rectors Müller, späteren Directors des Pädagogiums U. L. Fr. zu Magdeburg, stand, und empfing dauernde Anregung von dem inzbesondere um Xenophon verdienten Subrector Sauppe (später Director in Torgau). Ostern 1836 bezog er die Universität Leipzig und ward namentlich Schüler von Gottfr. Hermann, auch Mitglied seiner griechischen Gesellschaft, der Pflanzstätte tüchtiger Philologen und Lehrer, promovirte Ostern 1839 und bestand Michaelis 1839 in Berlin in glänzender Weise die Staatsprüfung. Sein Probejahr begann er am Gymnasium in Torgau: schon Ostern 1840 ward er als Hülfslehrer an das Domgymnasium zu Halberstadt berufen und ihm neben dem Ordinariat in VI sofort der griechische Unterricht in Selecta übertragen. 1847 wurde er Oberlehrer. Zu seinem Director Th. Schmid trat er bald in ein nahes Verhältniß: mit dessen Tochter Mathilde schloß er 1846 den Lebensbund, der auf die innigste Harmonie begründet die Gatten auch durch vielfache schwere Lebensführungen nur in immer festerer Gemeinschaft auch im Glauben zusammenschloß. Die Begründung der Oscherslebener Versammlungen, der anregenden Vereinigungen der Schulmänner der benachbarten preußischen und nichtpreußischen Landschaften, im J. 1844 ist wesentlich sein Werk. Im J. 1848 nahm er lebhaften Antheil an den politischen Bewegungen, ward Mitglied der im April 1849 aufgelösten zweiten Kammer, zog sich dann vom politischen Leben zurück, hatte aber in dieser Zeit aufregender Kämpfe den Grund zu seinem späteren Siechthume gelegt. Eine kleine Schrift „Zur Frage über die Reform der Gymnasien“, 1850, gab Anlaß zu seiner Berufung in das Directorat des Gymnasiums zu Oels. Der begeisterte und begeisternde Schulmann bewährte sich nun auch als Director, zunächst in der Leitung der Anstalt, die in drei Jahren von Michaelis 1851–54 von seiner feurigen reformatorischen Thätigkeit bleibende Frucht erntete. Michaelis 1854 ward er Director des Gymnasiums zu Stendal, Michaelis 1856 in das Directorat des Gymnasiums zu Weimar berufen. An beiden Orten erwarben ihm die hohe Berufstreue, das große Geschick, mit dem er sich auch in den nicht unmittelbar mit der Schule zusammenhängenden Kreisen besonders durch ästhetisch-litterarischen Verkehr eine geachtete Stellung verschaffte, ungeachtet der Strenge seiner Anforderungen und der Abweichung seiner ethisch-religiösen Ueberzeugungen von weitverbreiteten Meinungen wachsendes Vertrauen und steigende Anerkennung. Die Ueberzeugungen und Grundsätze, die sich ihm in reicher Erfahrung im Amte gebildet und bewährt, deren letzte Grundlagen sich in herben Lebensschicksalen vertieft und geläutert hatten, sind ihm maßgebend geblieben, seit er zu Ostern 1860 an die Spitze der Gymnasien seiner heimathlichen Provinz als Provinzialschulrath gestellt wurde: nur der Gymnasien: die Realschulen waren ihm nicht sympathisch, er beklagte den Dualismus, welcher durch sie in die höheren Kreise der Nation durch die getrennten Richtungen in der Jugendbildung hineingetragen sei. Mit einer Ausnahme waren ihm lauter evangelische Anstalten unterstellt, 21 Gymnasien [312] und 3 Progymnasien; sein Geschäftskreis wuchs durch Hinzutritt von 4 neuen Gymnasien und durch Uebertragung der Revision derer in Reuß und Rudolstadt. Von den 4 neuen Gymnasien Burg, Wernigerode, Seehausen, Halle sind namentlich die 3 ersten unter seinem maßgebenden Einflusse errichtet und organisirt: dem von Seehausen ist zum Gedächtniß an die besonders nahe Beziehung, in der er zu dieser Schule gestanden hatte, von seiner Gattin seine Bibliothek geschenkt. Seine rastlose Thätigkeit rieb die durch unheilbare Krankheit geschwächte Kraft auf: am 16. December 1868 beschloß er sein reichgesegnetes Leben. – In seltenem Grade verbanden sich in H. Gelehrsamkeit und Lehrgabe, vorbildliche Pflichttreue und warme Liebe zum Beruf und zu den anvertrauten Schülern, Idealität und praktische Gewandtheit, wirksamste Beredsamkeit und poetische Anlage, Energie und Milde, persönliche Liebenswürdigkeit und die Gabe anregenden Verkehrs zu fruchtbringendem Vereine, auf dem seine hervorragende Bedeutung und seine ausgezeichneten Erfolge in den verschiedenen Aemtern beruhten. Er war kein „Systematiker der Didaktik“; aber wie tief er die Aufgabe des evangelischen Gymnasiums erfaßt hat, das zeigen außer seinen Aufsätzen in Schmid’s Encyklopädie besonders auch seine Schulreden, die er zum großen Theil vereinigt hat in der Schrift „Die Aufgabe des evangelischen Gymnasiums“, Weimar 1860. Der historische Sinn, der ihn beseelte, trieb ihn vor allem dazu, die Fäden, welche das Gymnasium der Gegenwart mit der Reformation und der evangelischen Kirche verknüpften, aufzusuchen und diese Verbindung, die später verloren oder doch verwischt sei, möglichst wiederherzustellen und zu erhalten. Danach bestimmt sich ihm die Aufgabe des evangelischen Gymnasiums, Stoff und Methode des Unterrichts, Auswahl der öffentlichen und der stark betonten Privatlectüre, für die er einen bestimmten Canon verlangt und zum Theil aufgestellt hat, Einrichtungen, Erziehung und Zucht, wie die gesammte Thätigkeit des Lehrers, die eine seelsorgerische sein soll. Das Ziel des Gymnasiums ist ihm Ausrüstung mit den Kenntnissen, durch die man das Leben verstehen lernt, indem es die Erkenntniß der staatlichen, gesellschaftlichen und kirchlichen Zustände, sowie des ganzen Bildungslebens der Gegenwart aus der Vergangenheit vermittelt. Es soll in seinen Zöglingen begeisterte Vertiefung in die Wissenschaft, Idealität, nationale, patriotische Gesinnung erwecken und pflegen. Für die Erreichung dieses Zieles muß Unterricht und Zucht Hand in Hand gehen. Im Mittelpunkte des Unterrichts stehen das classische Alterthum, nationale Litteratur, Religion. Das classische Alterthum ist der Quell, aus dem Wissenschaft und Kunst immer wieder neue Nahrung zu ziehen und sich zu verjüngen vermögen. Sodann ist unsere nationale Litteratur, die durch Aneignung der verschiedensten Elemente entstanden ist, vor allem auf dem Boden des classischen Alterthumes erwachsen, und weiter ist letzteres für die vaterländische Bildung unsrer Jugend, insbesondere für Erkenntniß öffentlicher und staatlicher Zustände, wie für Erweckung patriotischer Gesinnung eine unerschöpfliche Fundgrube. Aber das ganze Alterthum strebt bewußt und unbewußt nur hin zu dem Mittelpunkte der Weltgeschichte, Christus. Andererseits sind alle Früchte und Blüthen unserer neueren Bildung auf dem Boden des Christenthums erwachsen. Die Schule hat darum vor allem dafür zu sorgen, daß ein lebendiges Christenthum auch ferner wie die Wurzel so die höchste Blüthe unserer nationalen Bildung bleibe. Darauf muß aller Unterricht hinweisen, Zucht und Sitte daraus stammen und dazu hinführen. Dazu ist aber nothwendig, daß die Persönlichkeit des Lehrers von evangelischem Geiste erfüllt, sein Werk von demselben getragen sei. In solchem Sinne faßte H. selbst als Lehrer und Director sein Amt, so sollten – darauf weisen seine eigenen Antritts- wie später seine Einführungsreden hin – Directoren und Lehrer ihr Werk ansehen und treiben. Für ausgedehntere litterarische Thätigkeit [313] ließen ihm die Aemter, die er trotz seiner Kränklichkeit mit aufopfernder Treue und fast fieberhaftem Eifer verwaltete, keine Zeit. Außer einer frühen Ausgabe von Xenoph. Agesilaus 1841 (wiederh. 1847), zwei Programmen zu Xenophon, Halberstadt 1844 und Stendal 1856, einem „Metrische Beobachtungen“ enth., Stendal 1855, hat er in Weimar 1858 „Ueber die dramatischen Aufführungen im Gymnasium zu Weimar“ geschrieben und 1859 „Beiträge zur Geschichte des Gymnasiums zu Weimar“ gegeben. Werthvolle Beiträge von ihm enthält Schmid’s Encyklopädie des gesammten Erziehungs- und Unterrichtswesens: Bd. I. „Deutsche Sprache in höheren Schulen“, Bd. III. „Gymnasium, sein Verhältniß zum Christenthum, zur Nationalität, zum praktischen Leben“ (für die Kenntniß seiner Ansichten vom Gymnasium neben den oben erwähnten Schulreden am wichtigsten), „Herder“, Bd. IV. „Luther“. Der von ihm veranstalteten Ausgabe von J. Horkel’s „Reden und Abhandlungen“, Berlin 1862, hat er ein kurzes Leben Horkel’s vorausgeschickt.

Ueber Heiland’s Leben Hauptschrift: W. Herbst, K. G. Heiland. Ein Lebensbild. Halle 1869. Zwei Aufsätze von C. C. Hense in Zeitschr. für Gymn.-Wesen, Berlin 1869, S. 170–75, und in den Neuen Jahrbb. für Philologie und Pädagogik, Bd. 102, S. 330–46. G. Lothholz, Progr. von Roßleben, 1869.
Dihle.