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Artikel „Heigel, Joseph Franz“ von Karl Theodor von Heigel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 308–310, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Heigel,_Franz_Josef&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 11:44 Uhr UTC)
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Heigel: Franz H.[1], Schauspieler, war als Darsteller „launigter Charaktere und erster älternder Rollen“ Mitglied des ersten deutschen Theaters in München, das 1776 unter der Oberdirection des kurbaierischen Hofmusikintendanten Grafen Josef Anton von Seeau an Stelle der französischen Truppe in das alte kurfürstliche Opernhaus einzog. Seine Gattin Karoline H. wirkte an derselben Bühne als „erste Liebhaberin für Tragödie und Lustspiel“. Als nach dem Tode des Kurfürsten Max Josef III. die Marchand’sche Gesellschaft von Mannheim nach München übersiedelte, wurden die Münchner Schauspieler entlassen und Karoline H. nahm, anknüpfend an die Sterbescene der Julia in Weisse’s „Romeo“, vom Münchner Publicum durch eine (in Grandaur’s Münchner Theaterchronik mitgetheilte) originelle Ansprache, die heutzutage ebenso komisch wie rührend anmuthet, Abschied vom Publicum. Bald darauf erscheint jedoch das Ehepaar wieder unter den Mitgliedern der neubegründeten Hofbühne; beide zählten zu den beliebtesten und geschätztesten Künstlern. Josef H. übernahm 1802 auch die Regie und verfaßte mehrere Dramen, von denen „Die glückliche Jagd“ sich längere Zeit auf dem Repertoire erhielt. Karoline H. starb zu München am 25. Februar 1804, ihr Gatte am 14. Juni 1811. Die Intendanz widmete ihm einen ehrenvollen Nachruf: „Die deutsche Bühne macht einen außerordentlichen Verlust an diesem braven Künstler und er wird schwerlich vollkommen durch ein Individuum zu ersetzen sein.“ Josef H. war ein Vertrauter Freund Karl Maria v. Weber’s, der zu seiner Begräbnißfeier, um dem Geschiedenen „seine Achtung und Liebe noch im Grabe zu beweisen“, einen Trauergesang für gemischten Chor mit Barytonsolo: „Hörst Du der Klage dumpfen Schall“ componirte (Max v. Weber, Lebensbild K. M. v. Weber’s, I. S. 274; Jähns, [309] K. M. v. Weber, S. 140). – Von seinen vier Söhnen widmete sich der älteste, Josef H., geboren 1780 zu München, der Kunst, studirte zuerst an der Münchner Gallerie und siedelte dann nach Paris über, wo er als Porträtmaler eine geachtete Stellung errang, u. A. auch ein treffliches Porträt Napoleons I. radirte. Seine drei Brüder schlugen anfänglich die militärische Laufbahn ein, wandten sich aber später dem Theater zu. Karl H. war 1801 in München engagirt und wurde 1804 Schauspieldirector in Frankfurt. Cäsar Max H., geboren 1783 (?) zu München, stand von 1799–1803 und wieder von 1805–12 als Officier in Französischen Diensten, wurde dann Schauspieler und trat auf mehreren deutschen Bühnen in verschiedenen Rollenfächern auf. Ein hochbegabter Künstler, aber von unstätem, abenteuersüchtigem Charakter, harrte er in keiner Stellung und bei keiner Thätigkeit lange aus und auch seine litterarischen Leistungen tragen allzu deutlich das Gepräge der Flüchtigkeit. Er war ein überaus fruchtbarer Theaterdichter; namentlich während er unter dem bekannten Director Karl in Wien und München als Regisseur und Dramaturg wirkte, schrieb er in großer Zahl Volksstücke, Carnevalspossen, Staberliaden und Anderes, was gerade auf ein dankbares Publicum rechnen konnte. Viel Anklang in der Schweiz fand das vaterländische Schauspiel „Die Schlacht bei St. Jakob“ (1822) in Baiern das geschichtliche Drama „Max Emanuel oder die Klause in Tirol“ (1828). Ein echtes Talent und ungewöhnliches Geschick für volksthümliche Darstellung verräth insbesondere die Posse „Der Metzgersprung zu München“, die in München 1829 zur ersten Aufführung gelangte. Wie Franz Wallner in seinen Denkwürdigkeiten drastisch erzählt, wurde das Stück, nur mit einigen Localfarben aufgeputzt, vom Wiener Volksdichter Kaiser unbedenklich annectirt und ist unter dem Titel „Der Viehhändler von Oberösterreich“ in Süddeutschland noch heute ein beliebtes Repertoirestück. Auch „Der Fasching in München im Jahr 1563 oder der Schäfflertanz“ (1828), „Die Zeitalter“ (1832) etc. sind treffliche Possen. Außerdem schrieb Cäsar Max H. den Text zu einer Oper Dalayrac’s „Macdonald“, übersetzte den Text der Oper „Macbeth“ nach Rouget de Lille, unterlegte zur Feier des Regierungsjubiläums Max Josef’s I. von Baiern der Titusmusik Mozart’s einen Text „König Garibald“, veröffentlichte „Lieder für bairische Krieger“ (1824), „Skizzen aus dem Münchner und Nürnberger Leben“, einen „Bühnenplutarch“ (1836) und viele kleine belletristische Schriften. 1836 lernte er in Baden-Baden den französischen Abgeordneten Delpeche kennen, der ihn Odilon-Barrot empfahl; er siedelte nun nach Paris über und war dort als Correspondent größerer Journale thätig. Vom J. 1847 an erhielt jedoch seine in Deutschland zurückgebliebene Familie von ihm keine Nachrichten mehr und alle Bemühungen, über sein späteres Schicksal Näheres in Erfahrung zu bringen, blieben erfolglos, vermuthlich wurde er ein Opfer der Revolutionskämpfe. Auch seine Memoiren, die er unter dem Titel „Bruchstücke aus den Ruinen meines Lebens“ veröffentlichte, sind im Buchhandel vergriffen und verschollen. – Sein jüngerer Bruder, August H., 1792 zu München geboren, trat schon in Knabenjahren in die bairische Armee ein und wurde im Tiroler Feldzug 1809 zum Lieutenant befördert. Sein Name wird in vielen Gefechtsberichten jenes Krieges, sowie des Feldzugs gegen Frankreich 1813–15 mit Auszeichnung erwähnt und auch kriegsgeschichtliche Aufzeichnungen von Zeitgenossen rühmen seinen Pflichteifer und seine Unerschrockenheit. Nach dem Friedensschluß verließ er aber, obwol seine Ernennung zum Hauptmann nahe bevorstand, den Waffendienst und trat 1817 auf der Augsburger Bühne als Charakterdarsteller auf. 1824 wurde er für das nämliche Fach am Münchner Hoftheater engagirt, wo er bis zu seinem Tode (3. Mai 1849) in Wirksamkeit blieb. Es wird rühmend hervorgehoben, daß er in den heterogensten Rollen [310] gleich Treffliches leistete, ebenso den alten Moor wie Vansen, den Narren in „Viola“ wie den Miller in „Kabale und Liebe“ gleich lebenswahr darstellte. 1844 wurde er zum Oberregisseur der Hofbühne ernannt. Auch als dramatischer Dichter versuchte er sich mit Glück; zur Aufführung gelangten ein locales Volksstück „Die Münchner ohne Zeit“ und ein Familiengemälde „Die Macht des Augenblicks“.

Blum und Herloßsohn, Allgemeines Theaterlexikon, 4. Bd. S. 202 und 7. Bd. S. 277. – Lipowsky, Bairisches Künstlerlexikon, 1. Bd. S. 113. – Grandaur, Chronik des k. Hof- u. Nationaltheaters zu München, S. 11 ff. – Personalacten im k. Kreisarchiv München.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 308. Z. 24 v. u. l.: Heigel: Joseph Franz H. [Bd. 29, S. 775]