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Artikel „Heer, Rustenus“ von Albert Schumann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 241–242, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Heer,_Rustenus&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 05:59 Uhr UTC)
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Heer: Rustenus H., nach seinem Taufnamen eigentlich Christian, gelehrter Benediktiner, wurde am 19. April 1715 als Sprößling einer altbürgerlichen Familie zu Klingnau im Aargau geboren. Seine Studien machte er in dem Schwarzwaldkloster St. Blasien, in welchem er auch 1733 Profeß that, 1738 die Priesterweihe empfing und 1740 als Bibliothekar angestellt wurde. Später unterstützte er seinen Ordensbruder Marquart Herrgott, Statthalter zu Krotzingen, bis zu dessen Tode (9. October 1762) in seiner Amtsthätigkeit, kehrte dann in das Kloster zurück, erhielt aber schon im December 1762 die Pfarrei Nötgersweil im Hauensteinwalde und um 1766 das Amt eines Oberpflegers zu Bonndorf. Er starb, erst 54 Jahre alt, um die Mitte des Jahres 1769, nachdem er noch den großen Brand erlebt hatte, welcher die sämmtlichen Hauptgebäude des Klosters in Asche legte. – H. gehört neben P. Herrgott, dem Fürstabt Martin Gerbert u. A. zu den Männern, welche im vorigen Jahrhundert durch ihre wissenschaftlichen Leistungen den Ruhm St. Blasiens weithin verbreiteten. Er that dies, wie die beiden Genannten, durch seine fleißigen und gründlichen diplomatisch-historischen Forschungen. Mit Herrgott verband ihn die wärmste Freundschaft. Wie er nachher dem alternden Manne zu Krotzingen in der Verwaltung zur Seite stand, so war er auch früher schon mit ihm zu gemeinsamer litterarischer Arbeit verbunden und ein treuer Mitkämpfer in dessen gelehrten Streitigkeiten. Herrgott hatte zu Wien 1737–38 sein ausführliches Prachtwerk über die Stammesgeschichte des habsburgischen Hauses (Genealogia diplomatica augustae gentis Habsburgicae) erscheinen lassen. Diesem wichtigen Urkundenbuche war auch die älteste Chronik des aargauischen Benediktinerklosters Muri, die bekannten Acta Murensia, einverleibt und deren geschichtliche Zuverlässigkeit kritisch angezweifelt worden. Dies veranlaßte den dortigen Fürstabt Fridolin Kopp zu einer Gegenschrift, welche als „Vindiciae Actorum Murensium“ 1750 in Muri gedruckt wurde. Nun trat H. für seinen energisch angegriffenen Freund in die Schranken, indem er in seinem „enthüllten Ungenannten von Muri“ (Anonymus Murensis denudatus et ad locum suum restitutus etc. Frib. Brisg. 1755. 4°) die Ansicht darlegte, daß jene Chronik ein Werk des Mönches Konrad von St. Blasien sei, der von 1145–1166 als Verwalter des Gotteshauses Muri erscheint. Zugleich theilte er als zweiten Anhang dessen „Chronik von Bürglen“ mit. Diese litterarische Fehde spann sich dann noch weiter fort, indem ein zweiter Conventual von Muri, P. Joh. Baptist Wieland, 1760 seine „Vindiciae Vindiciarum Koppianarum“ veröffentlichte. – Mehr Freude als dieser gelehrte Streit, der den von Natur friedfertigen H. sehr aufregte, gewährte ihm die Theilnahme an Herrgott’s großem Werke, den Monumenta augustae domus Austriacae (1. Bd. Wien 1750; 2. Bd. in 2 Thln. Freib. im B. 1752–53), namentlich an dessen drittem Bande, der Pinacotheca principum Austriae (Freiburg i. Br. 1760; 2 Thle. mit 13 Kupfertafeln). Der vierte und letzte Band dieses Werkes, welcher die Grabmäler der habsburgischen Fürsten behandeln sollte und vornehmlich H. zu verdanken war, ging zwar bei jenem Brande von 1768 zu Grunde, wurde aber durch den Fürstabt Gerbert nach Heer’s Tode wieder hergestellt und bis auf seine Zeit fortgesetzt. Er erschien als „Taphographia principum Austriae“ 1772 zu St. Blasien (2 Foliobände mit vielen Kupfern). – Außer mit Herrgott stand H. auch mit dem bekannten Elsässer Historiker Schöpflin, mit dem fürstenbergischen Rathe Karl Anton Straßer und anderen Gelehrten in freundschaftlichem Verkehre. (3 Briefe Heer’s an Straßer, † am 1. Mai 1768, sind abgedruckt bei F. J. Mone, Quellensammlung zur badischen Landesgeschichte. 1. Bd. Karlsruhe 1848. S. 44a [242] bis 45a der ersten Abtheilung.) Neben seinen wissenschaftlichen Arbeiten beschäftigte sich H. während seines Aufenthaltes zu Nötgersweil auch angelegentlich mit Landbau, wie er denn auch im Sommer 1764 von der ökonomischen Gesellschaft in Aarau zum Mitgliede ernannt wurde.

(B. F. A. D. de Zur-Lauben) Tableaux de la Suisse. 2. éd. Tome VIII. Paris 1784. 4°. S. 49–51. – J. C. Adelung, Fortsetzung zu Jöcher’s allgem. Gelehrten-Lexikon. 2. Bd. Leipzig 1787. Sp. 1861. – H. J. Holzhalb, Supplement zu Leu’s helvet. Lexikon. 3. Thl. Zürich 1788. S. 65. – Meusel, Lexikon. 5. Bd. Leipzig 1805. S. 282. – Mk. Lutz, Nekrolog denkwürdiger Schweizer aus dem 18. Jahrh. Aarau 1812. S. 214–215. – Ersch und Gruber’s Encyklopädie der Wissenschaften und Künste. 2. Sect. 4. Thl. Leipzig 1828. S. 60. (Rumy.) – Nouvelle Biographie générale, publ. par MM. Firmin Didot frères, sous la direction de M. le Dr. Hoefer. Tome XXIII. Paris 1858. Sp. 732–733. – Jos. Bader, Das ehemalige Kloster St. Blasien auf dem Schwarzwalde und seine Gelehrten-Academie – in: Freiburger Diöcesan-Archiv. 8. Bd. Freib. i. Br. 1874. S. 165, 189–194. (Besonderer Abdruck: ebenda 1874. S. 65, 89–94.) – Egb. Fr. v. Mülinen, Prodromus einer schweizer. Historiographie. Bern 1874. S. 34.