Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Gueinzius, Christian“ von Heinrich Julius Kämmel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 10 (1879), S. 89–91, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gueinzius,_Christian&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 01:05 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Gudius, Marquard
Nächster>>>
Guericke, Ferdinand
Band 10 (1879), S. 89–91 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Christian Gueintz in der Wikipedia
Christian Gueintz in Wikidata
GND-Nummer 120777193
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|10|89|91|Gueinzius, Christian|Heinrich Julius Kämmel|ADB:Gueinzius, Christian}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=120777193}}    

Gueinzius: Christian G. (Gueintz), einer der tapferen Schulmänner, welche die schreckliche Zeit des dreißigjährigen Krieges zur Rettung ihrer Schulen ausgehalten haben, geb. am 13. October 1592 zu Lobau[1] bei Guben, † am 3. April 1650 als Rector des Stadtgymnasiums in Halle. Sein Vater, ein Pfarrer, übergab ihn zunächst der Schule in Cottbus, dann, als diese Stadt durch eine Feuersbrunst schwer gelitten hatte, der Schule in Guben, worauf er nach Crossen und (1609) nach Sorau ging, um zuletzt noch die Schulen in Bautzen (1612) und in Stettin (1613) zu besuchen. Nach einem so wechselvollen Schülerleben bezog er im Sommer 1615 die Universität Wittenberg, wo er besonders theologischen Studien sich hingab und bereits 1616 Magister wurde, als welcher er in Vorlesungen und Disputationen schnell Anerkennung sich erwarb. Schon hatte er mehrere Vocationen abgelehnt, als er 1619 nach Cöthen berufen wurde, wo der Fürst Ludwig in Verbindung mit dem Herzoge Johann Ernst von Weimar die Erprobung der von Ratichius aufgestellten Methode betrieb. G. ertheilte nach derselben den „Collaboranten und Studenten“ griechischen Unterricht, wie er auch den Auftrag erhielt eine griechische Grammatik auszuarbeiten. Obwol nun Ratichius bald aus Cöthen weichen mußte, setzte doch G. sein pädagogisches [90] Wirken daselbst fort, ja er verheirathete sich dort und kehrte erst im nächsten Jahre reichlich belohnt nach Wittenberg zurück, wo er dann dem Studium der Rechte mit solchem Erfolge sich widmete, daß er schon 1623 Consistorial-Advocat wurde und juristische Vorlesungen halten konnte. Aber im Sommer 1627 übernahm er das Rectorat des Stadtgymnasiums in Halle, an welchem er seitdem bis zum Ende seines Lebens treu und erfolgreich gewirkt hat. Ein Mann vielseitigen Wissens und durch die Verbindung mit Ratichius auf bessere Behandlung des Unterrichts hingeleitet, bewies er zugleich die innigste Liebe zu der ihm anvertrauten Jugend, weshalb er auch unter den traurigsten Verhältnissen der wilden Kriegszeit, welche 1636 die Schrecken der Pestilenz, 1637 Plünderung durch Banér’s Truppen, 1644 und 1645 aber großes Brandunglück über ihn hereinbrechen ließ, seine Schule zusammenhalten und weiter bringen konnte. Durch ihn wurden neue Lehrbücher, auch des Comenius Janua und Vestibulum, eingeführt, die Schulkomödien, Redeacte und Disputationen zu vielfacher Anregung für Schüler und Publikum mit Fleiß betrieben, eine Schulbibliothek angelegt, der Schulgottesdienst verbessert, das Rechnungswesen geordnet etc. In Anerkennung solcher Thätigkeit haben daher auch die Schulmänner der nachfolgenden Zeit auf ihn als auf ein Vorbild geblickt, in welchem das Distichon verwirklicht worden: „Gymnasii rector sit prudens, fortis ut Hector, Sicut Job patiens, utque Sibylla sciens“. Er hatte dabei noch immer Muße genug zur Ausarbeitung nicht blos zahlreicher Gelegenheitsschriften, sondern auch größerer Werke. Wie ernst seine theologischen Studien gewesen waren, bewies er noch in den späteren Jahren seines Lebens durch sein „Systema theologicum“ (1642) und die „Exercitatio analytica in formulam concordiae“ (1650). Als Jurist bewährte er sich in seinem „Jus feudale“ (1638), durch „Justinianarum institutionum praecognita“ (1641), durch den „Pharos ad Themidos montem s. de libris juris universi“ (N. A. 1700). Wie er die Schriften der Alten beim Unterricht behandelte, zeigen außer seinen Schriften über des Aristoteles Politik die Schriften „De Officiis Ciceronis“ (1638) und „De Ciceronis imitatione ex orationibus pro Quinctio et Roscio Am.“ (1639). In welcher Art er geschichtliches Material zu verwerthen geneigt war, lehrt seine 1648 erschienene „Vitis historica: i. e. Historicorum classicorum Gr. et Lat. synoptica analysis cum chronologia“. Aber besonderer Schätzung werth ist Dasjenige, was er für die deutsche Sprachlehre gethan hat. Offenbar noch unter dem Einflusse, den Ratichius auf ihn ausgeübt hatte, vor Allem aber im Zusammenhange mit den Bestrebungen der fruchtbringenden Gesellschaft, in die er zugleich mit Aug. Buchner getreten war, schrieb er „Deutscher sprachlicher Entwurf“ (Cöthen 1641) und „Deutsche Rechtschreibung“ (Halle 1645, zweite von seinem Sohne besorgte Ausgabe 1666). Luther ist ihm der erste Gewährsmann für das rechte Deutsch; doch läßt er auch viel geringere Auctoritäten auf sich wirken, und sein Bestreben, durchweg die fremden Elemente auszuscheiden, hat ihn zu seltsamer Terminologie verleitet. (R. v. Raumer in seines Vaters Geschichte der Pädagogik Bd. III.) Der Beiname des Ordnenden, den er als Mitglied jener Gesellschaft trug, und der Wahlspruch „Jedes an seinem Ort“, den er gewählt hatte, stehen wol in nächster Beziehung zu seiner nach dieser Seite gewandten Thätigkeit. Vgl. Barthold, Geschichte der fruchtbringenden Gesellschaft 231 u. 235 und die Briefe im Anhang. In deutscher Sprache hat er sonst nur ein frommes Lied gedichtet („Jesu, Jesu, du mein Hirt“), dagegen zahlreiche lateinische Poemata, nicht ohne mancherlei Spielereien, abgefaßt. Daß er seine Schüler unablässig zu Versübungen anleitete, zeigen zahlreiche Gedichte in griechischer, lateinischer und deutscher Sprache, die ihm zu Ehren bei manchen Veranlassungen gedruckt und in einem Sammelbande der Zittauer Stadtbibliothek neben vielen Gelegenheitsschriften von ihm [91] selbst aufbewahrt sind. Von den acht Kindern, die ihm eine glückliche Ehe gegeben hatte, überlebten ihn die meisten. Er erkrankte im Februar 1650 und vollendete sein mühevolles Leben an seinem vorher oft festlich begangenen Namenstage.

S. Ludovici Historia Rectorum II, 41 ff. mit den Nachträgen V, 339 ff., u. Eckstein, Beiträge zur Gesch. der Halle’schen Schulen I, 12 ff.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 89. Z. 15 v. u. l.: Kohlo (st. Lobau). [Bd. 13, S. 793]