ADB:Gottfried I. (Graf von Arnsberg)

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Artikel „Gottfried I–IV., Grafen von Arnsberg“ von Wilhelm Crecelius in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 9 (1879), S. 460–463, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Gottfried_I._(Graf_von_Arnsberg)&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 02:02 Uhr UTC)
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Gottfried: I–IV., Grafen von Arnsberg. – Nach dem Tode Friedrichs des Streitbaren (Bd. VII. S. 456) ging die Grafschaft Arnsberg auf den Gemahl von dessen ältester Tochter Sophie, den Grafen Gottfried von Cuich (Cuyk) über. Dieser, als Graf von Arnsberg G. I., besaß mit seinem Bruder Hermann die ansehnlichen Stammgüter des Geschlechts in den Niederlanden; beide befanden sich wiederholt am Hoflager des Kaisers Lothar, wurden aber, als sie 1133 aus einer uns unbekannten Ursache den Grafen Florenz von Holland in Utrecht erschlugen, durch kaiserlichen Urtheilsspruch verbannt. Kaiser Konrad III. hob diese Strafe auf, und seitdem erschienen beide Brüder wieder [461] unausgesetzt am kaiserlichen Hofe, wo G. in einer Urkunde von 1141 zum erstenmal sich Godefridus de Arnesberch nennt. Auch bei Friedrich Barbarossa finden wir sie in gleicher Gunst stehen; G. kommt zuletzt 1153–54 vor und ist wol um diese Zeit gestorben. Von einer Anwesenheit desselben in seinen westfälischen Besitzungen haben wir keine Spur. Hier finden wir seit 1152 seinen ältesten Sohn Heinrich I. als Grafen von Arnsberg. Dieser überließ 1185 die Grafschaft seinen Söhnen Heinrich II. und G. II., und soll noch 1198 als Laienbruder in das von ihm gestiftete Kloster Weddinghausen eingetreten und dort 1200 fast 90 Jahre alt gestorben sein. Die beiden Brüder scheinen keine förmliche Erbtheilung der Garfschaft vorgenommen zu haben, wenn sie diese auch hinsichtlich der Verwaltung so schieden, daß Heinrich II. die später sog. Grafschaft Rietberg, G. II. das eigentlich arnsbergische Gebiet übernahm.

Gottfried II. vereinigte mit der Tapferkeit, worin er seinem Vater gleichstand, große Vorsicht, und obwol er darauf ausging, sein Geschlecht aus der gedrückten Lage emporzuheben (auf einem Siegel ließ er das Familienwappen, den aufsteigenden Adler, mit der Devise: aquila moras nescit versehen), so trug er doch den Zeitumständen Rechnung. Bei der streitigen Königswahl 1198 suchte er zum Nachtheil des Erzbischofs zu wirken, in welcher Weise, wissen wir nicht. Vielleicht schloß er sich enger an König Otto IV. an, in der Hoffnung, daß dieser die Uebermacht des Kölner Kirchenfürsten brechen werde. Allein der letztere wußte auch den rechten Augenblick abzupassen, wo sein entschiedener Uebertritt zu Otto ihm Nutzen schaffen mußte: auf dem Reichstage zu Regensburg 1200 bestätigte der König dem Erzbischof Adolf das Herzogthum in Westfalen und verzichtete sogar auf den Besitz der welfischen Lehen und Allode daselbst, welche sich Philipp bei seinem Kampfe gegen Heinrich den Löwen angeeignet hatte. Diese Urkunde, bei deren Ausstellung G. II. als Zeuge anwesend war, befestigte die Machtstellung des Erzbischofs in Westfalen. Es erfolgte nun auch die Aussöhnung des Grafen von Arnsberg. Er versprach eidlich (Urk. vom 29. Septbr. 1200 bei Seibertz 113) sich künftig in allen Fällen als Getreuer des h. Petrus zum Erzstift zu halten und zum Unterpfand dieses seines Gelöbnisses 12 Dienstmannen als Geißeln zu stellen. Seitdem blieb G. II. in gutem Einvernehmen mit den Erzbischöfen. Er nahm an einem Kreuzzuge Theil (es ist nicht bekannt an welchem) und bewies sich gegen eine Reihe klösterlicher Stiftungen sehr freigebig. Sein Tod erfolgte 1235 oder 1236. Es folgte ihm sein Sohn

Gottfried III. im Alter von etwa 24 Jahren. Dieser nahm bereits 1237 eine Erbtheilung mit seinem Vetter, dem Grafen Konrad von Rietberg, vor. Konrad erhielt die Stammgüter in den Niederlanden (in Kuc et Malsnen) und die Theile der westfälischen Grafschaft, welche nördlich von der Lippe lagen, verzichtete dagegen auf den ganzen übrigen Besitz des Hauses in Westfalen. Durch diesen Vertrag fiel G. III. die eigentliche Grafschaft Arnsberg als ausschließlicher Besitz zu, aber damit hatte er und sein Geschlecht auch den Kampf gegen den gefährlichsten Gegner, den Erzbischof von Köln, allein zu bestehen, und es war keine Möglichkeit vorhanden, das zwischen den Bisthümern Münster und Paderborn, den durch eine Reihe von festen Punkten gedeckten Besitzungen des Kölner Erzstifts und dem Gebiete des kühn aufstrebenden Grafenhauses von der Mark eingeengte Territorium der Grafschaft Arnsberg nach irgend einer Seite hin auszudehnen. Gleich zu Anfang seiner Regierung versuchte G. III. sich der drückenden Abhängigkeit von dem Erzstifte Köln zu entziehen: er benutzte seine Stellung als Vogt von Soest die westfälischen Besitzungen des Erzstifts anzugreifen. Aber er war dem thatkräftigen Erzbischof Konrad nicht gewachsen: mittels Urkunde vom 9. Novbr. 1238 mußte er versprechen, seine streitigen Ansprüche an den Erzbischof geschworenen Schiedsrichtern zu überlassen und bei Verwaltung seiner [462] Vogteien sich innerhalb der herkömmlichen Schranken zu halten, ferner dem Erzbischof auf Verlangen mit 200 geharnischten Rittern gegen Jeden Hülfe zu leisten, gegen den er es unbeschadet seiner Ehre könne, schließlich mit 300 Rittern vor dem Pallast zu Köln fußfällig die Verzeihung des Erzbischofs zu erbitten. Seitdem blieben die Beziehungen zwischen dem Arnsberger und Erzbischof Konrad, sowie dessen Nachfolger Engelbert II., friedliche; ja es stand G. III. dem ersteren in dessen Kampf mit dem Bischof Simon von Paderborn bei und half bei der Gefangennahme Simons (1254). Als aber nach Engelberts II. Tode Siegfried von Westerburg zum Erzbischof gewählt wurde und sich gegen dessen gewaltthätiges Gebaren 1277 ein Bündniß der meisten geistlichen und weltlichen Territorialherren am Niederrhein und Westfalen bildete, trat auch G. III. bei. Siegfried warf sich zunächst auf diesen, überfiel im tiefsten Winter dessen befestigte Stadt Neheim und zwang ihn zur Unterwerfung. G. starb zwischen 1284 und 1287. Er war bemüht, durch Anlage befestigter Punkte und Städte, durch Austausch abgelegner Besitzungen und friedliche Erwerbungen von Gütern sein Land abzurunden und in sich zu stärken. Dasselbe Bestreben hatten, bei noch größerer Friedensliebe sein Sohn Ludwig († 1313) und dessen Sohn Wilhelm († 1338). Des Grafen Wilhelm Sohn Gottfried IV. war im Gegensatz zu seinem Vater und Großvater weniger geneigt, Vergewaltigungen ruhig hinzunehmen oder entstehende Zwistigkeiten durch friedliche Verhandlungen zu schlichten. Anfangs noch mit Erzbischof Walram befreundet, verbindet er sich 1344 mit Graf Adolf von der Mark, beide überfallen und zerstören die erzstiftische Stadt Menden, welche besonders dem Märker ein Dorn im Auge war, da sie, ein befestigter Punkt, unmittelbar an seinen Grenzen lag. Die Fehde wurde 1345 im November beigelegt. Schon 1354 lag G. IV. wieder in Fehde mit dem Erzstift und mußte sich durch Urkunde vom 5. Septbr. d. J. zu Schadenersatz verpflichten und die Ausübung der geistlichen Gerichtsbarkeit in seiner Grafschaft dem Erzbischof zugestehen; noch heftiger war die Fehde, welche G. IV. 1356–58 gegen diesen führte, er zerstörte dessen Stadt Winterberg, aber auch diesmal erwiesen sich seine Kräfte in ihrer Vereinzelung als unzulänglich gegenüber dem mächtigen Fürsten: er übernahm nach vollzogenem Frieden sogar das Marschallamt in Westfalen und laut Urkunde vom 6. Decbr. 1358 die Verpflichtung, auf Grund dieser Stellung den vom Erzbischof mit den Bischöfen von Münster und Paderborn, den Herren von der Lippe und den Städten Soest und Münster geschlossenen Landfrieden auf eigene Kosten aufrecht zu halten. Allen diesen Fehden mit dem Erzstift gehen zur Seite erbitterte Kämpfe zwischen G. IV. und dem Grafen von der Mark, welche den letzteren zeitweilig als Parteigänger des Erzbischofs erscheinen lassen. Eine begann 1352 und wurde 1354 durch Vermittelung des Erzbischofs beigelegt: G. IV. verlor das Schloß Schwarzenberg, welches zerstört wurde, und mußte Land Fredeburg (ohne das Schloß) abtreten. Eine zweite Fehde wurde beendigt mittelst Vergleich vom 12. August 1360, wodurch die Entscheidung der gegenseitigen Forderungen dem Schiedsspruch des Erzbischofs von Köln und des Bischofs von Münster überlassen wurde. Noch nachtheiliger für G. IV. war die Fehde, welche der Anspruch des Grafen Engelbert von der Mark auf Schloß Fredeburg veranlaßte: Engelbert eroberte und verbrannte 1366 die Stadt Arnsberg und gewann bei dem 1367 durch Vermittelung des Coadjutors von Köln, Kuno von Falkenstein, abgeschlossenen Frieden das genannte Schloß. Die feindselige Stimmung des Arnsberger Grafen gegen den von der Mark benutzte Kuno aufs klügste: er bewog G. IV. und seine Gemahlin Anna von Cleve, deren Ehe kinderlos war, durch Urkunde vom 25. August 1368 ihre Grafschaft dem Erzstift Köln für 130000 Goldgulden zu verkaufen (die Kaufsumme wurde zum Theil in eine Leibrente umgewandelt). [463] In einer nachträglichen Urkunde vom 10. Mai 1369 knüpften sie noch die Bedingung daran, daß das Erzstift weder die Grafschaft Arnsberg, noch eine dazu gehörige Stadt, Burg oder Gericht je an die Grafen von der Mark oder an irgend einen märkischen Mann vergeben dürfe. Mit dem 23. Septbr. 1369 erfolgte die endgültige Abtretung. G. IV. starb als der letzte seines Stammes, am 21. Febr. 1371, wahrscheinlich in Brühl, welches ihm und seiner Gemahlin der Erzbischof auf Lebenszeit überlassen hatte. Er wurde im Dom zu Köln begraben. Die Grafschaft Arnsberg bildete seitdem den festen Mittelpunkt für die Territorialmacht der Kölnischen Erzbischöfe in Westfalen, sie verblieb dem Erzstift bis zur Auflösung desselben bei dem Ende des deutschen Reiches.

Seibertz, Landes- und Rechtsgeschichte des Herzogthums Westfalen I. Erste Abtheilung: Geschichte der Grafen (Arnsberg 1845) S. 102–235. – Dasselbe Werk, Dritte Abtheilung: Geschichte des Landes und seiner Zustände (Arnsberg 1860). S. 310–323. – von Haeften in Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins III. S. 236 ff. 284. 289 f. – Tobien, Denkwürdigkeiten aus der Vergangenheit Westfalens II, 1. S. 34–83.