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Artikel „Goldner, Wolfgang von“ von Rudolf Jung in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 49 (1904), S. 434–435, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Goldner,_Wolfgang_von&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 04:54 Uhr UTC)
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Goldner: Wolfgang Christian Karl Ludwig von G., geboren am 1. December 1764 in Wiesbaden, besuchte das Gymnasium daselbst und studirte die Rechtswissenschaft in Gießen und Göttingen. Nach mehreren Ausbildungsreisen trat er zunächst in Hanauische Dienste, folgte aber schon 1794 einem Rufe des Fürsten Ernst Wolfgang von Isenburg-Birstein, als Regierungsrath nach Offenbach. Er erwarb sich die Zufriedenheit seines Landesherrn in hohem Grade, so daß er 1797 zur Vertretung der Interessen desselben auf den Rastatter Congreß geschickt und 1801 auf dessen Antrag von Kaiser Franz II. in den Adelstand erhoben wurde. 1802 und 1803 war er als Geheimer Rath seines Fürsten bei der Reichsdeputation in Regensburg thätig. Das Jahr 1803 brachte ihm in dem Fürsten Karl einen neuen Landesherrn; bei der Neuorganisirung der Isenburgischen Verwaltung wurde G. Chef der obersten Behörde des Cabinets-Departements, dem alle Aemter mit Ausnahme des Regierungsdikasteriums und des Regierungscollegiums unterstellt wurden. In demselben Jahre schlossen die reichsständischen Häuser der Wetterau und der benachbarten Gegenden die Frankfurter Union zum Zwecke der verfassungsmäßigen Selbsterhaltung, gestützt auf Frankreich, gerichtet gegen etwaige Uebergriffe der großen deutschen Mächte; mit dem Grafen Friedrich von Solms-Laubach war G. die Seele und treibende Kraft dieses kleinen Fürsten- und Grafenbundes, dessen leitende Gesichtspunkte natürlich nichts weniger als nationale waren. 1806 verhandelte G. mit Talleyrand in Paris über eine feste politische wie militärische Organisation dieser Union, der sich dann noch weitere kleine Reichsstände anschließen sollten; dieselbe kam nicht zu Stande, da Frankreich in dem Rheinbund einen größeren und weit leistungsfähigeren Verband schaffen konnte. Dem Fürsten von Isenburg blieb nur der Beitritt übrig, falls er nicht mediatisirt werden wollte. 1810 wurde G., dessen diplomatische Thätigkeit jetzt kein Feld mehr fand, Chef der Generalcommission des kleinen Fürstenthums, dessen Regierung der bisher meist in französischem Militärdienst abwesende Landesherr jetzt selbst übernahm. Bei dem Einrücken der verbündeten Truppen in das Fürstenthum Ende 1813 wurde dieses der Centralverwaltung der eroberten deutschen Länder unter dem Freiherrn vom Stein unterstellt und dem neugebildeten General-Gouvernement Frankfurt a. M. zugewiesen; vergebens hatte der Fürst seine Entlassung aus dem französischen Dienst genommen und den Beitritt seines Landes zur Sache der Verbündeten nachgesucht. Auch seinem getreuen Rathgeber G. wurde die neue Ordnung verhängnißvoll; er wurde unter dem Verdacht des geheimen Einverständnisses und Briefwechsels mit Frankreich in seinem Offenbacher Hause internirt, eine Haussuchung förderte aber keine compromittirenden Papiere zu Tage. Auf Verfügung des Freiherrn vom Stein [435] mußte G. trotzdem von der Fürstin-Regentin entlassen werden. Das harte Urtheil Stein’s, der voller Verachtung auf die kleinen Rheinbundfürsten und ihre Rathgeber blickte, ist nur zum Theil berechtigt; der gefährliche Ehrgeiz des kleinstaatlichen Diplomaten, in großen weltbewegenden Vorgängen für sich und seinen Fürsten eine Rolle spielen zu wollen, hat G. und seinen Landesherrn zu einer Politik getrieben, die sich bei einer Wendung der Dinge schwer rächen mußte. Daß er ein gescheiter und befähigter Mann war, zeigt seine Laufbahn; sein Ziel, das er skrupellos verfolgte, ohne sich im geringsten von deutsch-nationalen Gefühlen beirren zu lassen, war die Erhaltung der Selbständigkeit seines Fürsten, sein Lohn der Haß der deutschen Patrioten und der Verwandten und Standesgenossen seines Landesherrn, die minder erfolgreich in ihrem gleichen Bestreben waren. – G. zog sich nach seiner Entlassung ins Privatleben zurück und beschäftigte sich auf dem ihm 1807 vom Fürsten Karl in Erbleihe verliehenen Gute Biblismühle mit Landwirthschaft; die Wintermonate brachte er in seinen letzten Lebensjahren in Frankfurt a. M. zu. Hier starb er am 23. Februar 1837. Einer seiner Schwiegersöhne war der Liedercomponist Wilhelm Speyer (s. d. A.).

M. Mayer, Geschichte der Mediatisirung des Fürstenthumes Isenburg (München 1891); die Beurtheilung Goldner’s in diesem Werke ist mit Vorsicht aufzunehmen, da dessen Tendenz, die Rechtfertigung des letzten souveränen Fürsten Isenburg, die Entlastung desselben auf Kosten seiner Rathgeber zu deutlich zu Tage tritt. – Mittheilungen von Nachkommen Goldner’s.