Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Frensdorff, Salomon“ von Carl Gustav Adolf Siegfried in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 48 (1904), S. 737–739, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Frensdorff,_Salomon&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 02:02 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Fredegund
Nächster>>>
Fresenius, Remigius
Band 48 (1904), S. 737–739 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Salomon Frensdorff in der Wikipedia
Salomon Frensdorff in Wikidata
GND-Nummer 122772016
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|48|737|739|Frensdorff, Salomon|Carl Gustav Adolf Siegfried|ADB:Frensdorff, Salomon}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=122772016}}    

Frensdorff: S. F.[1], geboren 1804 (resp. 1805, denn er wußte selbst sein Geburtsjahr nicht genau anzugeben) in Hamburg, † am 29. März 1880 in Hannover. [Die obigen Zahlen sind dem betreffenden Abschnitt aus dem unten citirten Buch von Schröder entnommen, dem ein „Selbstbericht“ von F. zu Gebote stand. Nach Kayserling soll F. dagegen am 24. Febr. (2. Adar) 1803 zu Hamburg geboren, am 23. März (11. Nissan) 1880 zu Hannover gestorben sein.] Den ersten Unterricht genoß er bei seinem Vater, der in Hamburg als Privatgelehrter lebte und an verschiedenen jüdischen „Brüderschaften“ als Prediger fungirte. Von seinem zwölften Jahre an erhielt er jüdisch-theologischen Unterricht in der dortigen Talmud-Thora-Schule, namentlich bei dem Oberlehrer und nachherigen Rabbiner zu Bingen, N. Ellinger aus Mainz, und später bei dem geistlichen Beamten Isaac Bernays, der großen Einfluß auf ihn übte und sich als väterlicher Freund des begabten Knaben besonders annahm. Vom Jahre 1826 an besuchte er, nachdem er die erforderlichen Kenntnisse durch Privatunterricht und die Mittel hierzu durch Ertheilung von Privatstunden und andere Nebenbeschäftigungen mühsam sich erworben hatte, das Hamburger Johanneum und seit 1828 das dortige Gymnasium. In den Jahren 1830–1834 studirte er in Bonn und hörte mit großem Fleiße philosophische, philologische und naturwissenschaftliche Vorlesungen. Nach Ausweis der Exmatrikel vom 16. September 1834 hat er im Sommersemester dieses Jahres auch eine Vorlesung über praktische Theologie bei dem evangelischen Theologen Nitzsch „mit vorzüglichem Fleiß und musterhafter Theilnahme“ gehört. Mit besonderem Interesse wandte er sich dem Arabischen unter Freytag’s Leitung zu. Darüber vernachlässigte er aber keineswegs seine jüdisch-theologischen Studien, zu deren gemeinsamer Betreibung er sich mit mehreren jüdischen Studirenden zusammenthat. Eine besondere Freundschaft verband ihn mit Samson Raphael Hirsch, dem späteren Führer der jüdischen Orthodoxie, und mit dem geistvollen Abraham Geiger, der sich der reformistischen Richtung im Judenthum anschloß und ihr bedeutendster Führer wurde. Im Jahre 1834 begab er sich als Rabbinatscandidat nach Frankfurt a. M., wo er unter Molitor’s Leitung seine jüdisch-theologischen Studien zum Abschluß brachte, 1837. In demselben Jahre ward er als Oberlehrer an die neubegründete jüdische Religionsschule zu Hannover berufen. [738] Einen Ruf nach Mainz, wo er zweiter Rabbiner und Prediger der israelitischen Gemeinde werden sollte, schlug er aus, 1842. – Im Jahre 1846 erwarb er den philosophischen Doctorgrad der Kieler Universität. Im Herbst 1848 wurde er als Oberlehrer an der zu Hannover begründeten „Bildungsanstalt für jüdische Lehrer“ angestellt, der er zeitlebens seine Kräfte widmete.

Die erste, seinem vormaligen Lehrer Isaac Bernays zu dessen fünfundzwanzigjährigem Jubiläum gewidmete Schrift bezog sich auf die alt-jüdische Textkritik (Massorah) und erschien 1847 unter dem Titel: „Fragmente aus der Punctations- und Accentlehre der hebräischen Sprache“, angeblich von R. Moses Punctator. Der Tractat, auf den sich die genannte Schrift bezieht und in dem diese Fragen behandelt werden, stand in der 2. Ausgabe der sog. Bomberg’schen rabbinischen Bibel (Venedig 1525) (vgl. hierzu H. Hupfeld: „Ueber eine bisher unbekannt gebliebene Handschrift der Masorah“ in der Zeitschr. d. deutsch. morgenl. Ges. Bd. XXI, 201–203). Der Verfasser hatte durch die obenerwähnte Schrift seine Befähigung, auf diesem Gebiete mitzuarbeiten, hinreichend erwiesen (vgl. Ewald in den Gött. Gelehrt. Anz. 1847, 73, S. 773 u. in L. Bl. des Orients Anf. 1851). Inzwischen war es ihm (1862) gelungen, zu Paris eine, wie es schien einzige, Handschrift eines Buches zu finden, welches in seiner Ueberschrift „Die große Massorah“ benannt wurde, gewöhnlich aber nach seinen Anfangsworten seit Mitte des 12. Jahrhunderts als das Buch Ochla („ihre Speise“ I, S. 1, 9) Wochla („und ißt doch“ Gn. 27, 19) bezeichnet ward, wie diese Art, Bücher nach ihren Anfangsworten zu citiren, ja auch schon biblischen Büchern gegenüber angewandt worden war (vgl. das Buch Bereschit für 1. Buch Mose, Schemot für 2. Buch Mose u. dergl. m.). Das Werk erschien unter dem Titel: „Das Buch Ochlah Wochlah, übersetzt und mit erläuternden Anmerkungen versehen nach einer, so weit bekannt, einzigen, in der Kaiserl. Bibliothek zu Paris befindlichen Handschrift XIV, 71“, 188 S. 1864. Ueber die Beschaffenheit der Handschrift gab das Vorwort S. III f. näheren Bericht. In einer Abhandlung mit der Ueberschrift „Zum Verständniß“, S. VI–XIV, ist vom Verfasser eine Einleitung über Wesen, historische Entwickelung und Arten der Massora vorausgeschickt. Die Handschrift selbst bildete einen Quartband von Pergamentblättern und war in einer leicht zu lesenden Quadratschrift geschrieben. Sie enthielt das Werk im wesentlichen vollständig, doch mit einigen späteren Zusätzen (vgl. Vorwort S. IV, S. 61–63, 173–176). In seiner Ausgabe hat der Verfasser 1. zu jeder Angabe der Ueberschriften der einzelnen Abschnitte, deren im Ganzen 374 gezählt werden und die den Grund der Zusammenordnung der betreffenden Schriftstellen angeben, die deutsche Uebersetzung beigefügt; also z. B. alphabetisches Verzeichniß von Wörtern, die nur zwei Mal in der h. Schrift vorkommen, ein Mal ohne Waw und ein Mal mit Waw am Anfang und ähnlich, 2. hat er jedes Stichwort mit Vocalen versehen, also z. B. אָכְלָהּ (Ochlah), 3. hat er neben die Anfangsworte der betreffenden Schriftstelle die Angabe des Fundortes nach Buch, Capitel und Vers gesetzt, also z. B. hinter Ochlah: I. Sam. 1, 9. Der Abschnitt: „Nachweise und Bemerkungen zu den einzelnen Angaben“ S. 1–61, mit Nachträgen S. 61–63, giebt Vergleichungen mit den Angaben der Massora finalis und der Massora magna und hebt die theilweis richtigeren Data des Buches O.WO. hervor (vgl. Strack in Theol. Studien und Kritiken 1878, S. 354–370). Hupfeld zeigte nun, daß die Voraussetzung von F., in der Pariser Handschrift die lange vermißte, von Elias Levita und David Kimchi gebrauchte Massorah gefunden zu haben, eine irrige sei. Auch sei die Pariser Handschrift keineswegs ein Unicum. Denn es gab unter der Ueberschrift der großen Massorah verschiedene Abschriften, von denen eine auf der Universitätsbibliothek zu Halle [739] aufbewahrt wird. Von ihr gab Hupfeld a. a. O. S. 205–210 eine eingehende Beschreibung und ließ ebenda S. 210–218 eine ebensolche Vergleichung mit dem Buche O.WO. folgen, abschließend mit der Darstellung des Verhältnisses der Hallischen Handschrift zur gedruckten Massorah, das ebenfalls von Hupfeld im wesentlichen vollständig erörtert ward und nur des formellen Abschlusses entbehrte. Es war sehr dankenswerth, daß Ed. Vilmar (s. d. Art.) 1867 in der Zeitschr. der DMG. diese Arbeit aus dem Nachlaß seines dahingeschiedenen Lehrers, des besten damaligen Massorahkenners, veröffentlichte), (vgl. dazu auch Ed. König, Einleitung in das A. T., S. 40 f.). Es waren darin wichtige Winke für die geplante Herausgabe der Massorah gegeben, da Hupfeld zuerst das Verständniß für die geschichtliche Entwicklung derselben erschlossen hatte (vgl. besonders die obige Abhandlung S. 204, A. 15). Im Jahre 1876 erschien von der Hand Frensdorff’s: „Die Massora magna nach den ältesten Drucken mit Zuziehung alter Handschriften, 1. Theil“, welcher „die Massora in alphabetischer Ordnung“ enthielt. Die Massora lag bisher nur in der mannichfach fehlerhaften und unzugänglichen Form vor, welche ihr R. Jacob ben Chazim in der oben erwähnten Venediger Bibelausgabe gegeben hatte. Frensdorff’s. neue Ausgabe derselben begann nun damit, die massoretischen Angaben in eine feste alphabetische Ordnung zu bringen und aus ihnen ein massoretisches Wörterbuch zu gestalten, welches zu jeder Wortform die hingehörigen Bemerkungen der Massorah mittheilte und zugleich angab, wo sie in der gedruckten Massorah zu finden waren. Dieses Wörterbuch ging also im vorliegenden ersten Bande der eigentlichen Textausgabe der Massorah voraus. Das Wörterbuch selbst war so eingerichtet, daß es 1. die in der Massorah vorkommenden Wörter und Wortformen nach ihren Wurzeln alphabetischeh ordnete [im ersten Theile Verba und Substantiva, S. 1–208, im zweiten Partikeln und Eigennamen, S. 209–326, nebst gewissen Beobachtungen allgemeiner Art (Kelalim), S. 327–387, wie z. B. über das Vorkommen des Jahvenamens, über Ordnung der Wortfolgen im Satze u. dgl.], 2. zu jeder derselben die hergehörigen Bemerkungen der Massorah angab nebst den Schriftstellen, bei denen dieselben zu finden sind. Unter dem Texte stehen als Anmerkungen die Erläuterungen und Verbesserungen, welche der Verfasser zu geben für nötig hielt. Vorausgeschickt ist in zwei Capiteln auf S. 1–20 ein alphabetisches Verzeichniß der eigenthümlichen Ausdrücke der Massorah und ein ebensolches Verzeichniß der Abkürzungen, Zusammenziehungen u. dgl., die in der Massorah vorkommen. – Zur Ausführung der weiteren Bände, welche der bereits beim Erscheinen des ersten siebzigjährige Verfasser (vgl. Massora magna, Vorw. S. X) plante, ist es infolge des Todes des Verfassers nicht gekommen.

Sonst s. M. Roest, Catal. d. Hebr. u. Jud. der Rosenthal’schen Bibliothek. Amsterdam 1875, S. 387 f. – Schröder, Lexicon der hamburgischen Schriftsteller, Heft 7 (1853), S. 370 f. – M. Kayserling, Gedenkblätter, (1892), S. 21.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. Frensdorff, S. XLVIII 737 Z. 20 v. o. l.: Frensdorff, Salomon F. [Bd. 56, S. 396]