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Artikel „Fehling, Hermann von“ von Carl Magnus von Hell in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 48 (1904), S. 508–510, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Fehling,_Hermann_von&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 18:10 Uhr UTC)
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Fehling: Hermann Christian von F., Chemiker, geboren am 9. Juni 1811 in Lübeck als Sohn des Kaufmanns Hermann Chr. Fehling, † am 1. Juli 1885 in Stuttgart. Besuchte bis zu seinem 16. Jahre das Gymnasium seiner Vaterstadt, trat 1827 bei dem Apotheker Kindt in Lübeck in die Lehre, um sich zum Apotheker auszubilden. Im J. 1832 siedelte er nach Bremen über, wo er noch drei Jahre in der Apotheke eines Bruders[WS 1] seines früheren Lehrprincipals blieb, bis er sich entschloß, sich ganz dem Studium der Chemie zu widmen. Er zog daher nach Heidelberg, um dort bei Bischoff, [509] Blum, v. Leonhard, Bronn u. A. Naturwissenschaften zu studiren und sich namentlich unter Leopold Gmelin’s Leitung, dessen Assistent er später wurde, in den praktischen Arbeiten des Laboratoriums auszubilden. Nachdem er dort August 1837 zum Doctor philosophiae promovirt wurde, wandte er sich nach Gießen, um bei Liebig weiter zu arbeiten. Herbst 1838 ging F. nach Paris, wo er bei Dumas, zum Theil auch an der Münze arbeitete. Bald darauf, im August 1839 wurde er auf besondere Empfehlung von Liebig hin als Lehrer der Chemie und Technologie an die damalige Gewerbeschule in Stuttgart berufen und nach einem Provisorium von zwei Jahren definitiv als Hauptlehrer angestellt. An dieser Anstalt, die unter seiner lebhaften Mitwirkung zu einer polytechnischen Schule und späterhin zu einer technischen Hochschule ausgebildet wurde, wirkte er 44 Jahre lang als Lehrer und Berather, bis ein Schlaganfall ihn zwang, sich im Juli 1883 in den Ruhestand zurückzuziehen.

Durch Klarheit seines Vortrags und eine bedeutende Lehrbegabung, die es auch dem Minderbegabten ermöglichte, bei einiger Aufmerksamkeit seinem Vortrag zu folgen, wußte F. seine Zuhörer zu fesseln und anzuregen. Peinliche Gewissenhaftigkeit und strenge Pflichterfüllung, die er wie von sich auch von seinen Schülern und Praktikanten verlangte, bildeten den Grundzug seines Charakters. Ein Feind jeglicher Heuchelei sagte er jedem, der es hören wollte, freimüthig die Wahrheit, weil er überzeugt war, daß so jedem am besten gedient sei. Außer seiner Lehrthätigkeit hatte F. als Mitglied des Medicinalcollegiums, der pharmaceutischen Prüfungscommission, der Centralstelle für Handel und Gewerbe, womit die Aufsicht über ein analytisch-technisches Untersuchungslaboratorium, sowie die Ausarbeitung zahlreicher technischer Gutachten, die Prüfung und Schlichtung von Patentansprüchen verbunden war, ein großes Wirkungsfeld in Württemberg gefunden. Seine anerkannt autoritative Stellung brachte es mit sich, daß er bei allen Commissionen, die über hygienische, technische und pharmaceutische Fragen zu entscheiden hatten, als württembergischer Delegirter theilnahm. Der Commission für eine Neubearbeitung der Pharmacopoea Germanica gehörte er gleichfalls als Mitglied an und bei allen Weltausstellungen (von der ersten in Wien 1846 bis zur letzten 1873 in Wien abgehaltenen) war F. als Mitglied der Jury thätig.

Von seinen vielen wissenschaftlichen Publicationen, die größtentheils in Liebig’s Annalen der Chemie erschienen sind, seien hier erwähnt: „Darstellung der Knallsäure“; „Zwei dem Aldehyd isomere Verbindungen“; „Zersetzung des benzoësauren Ammoniaks durch die Wärme“; „Bernsteinsäure und ihre Verbindungen“. Von besonderer Bedeutung ist die von ihm in Vorschlag gebrachte quantitative Bestimmung des Zuckers und Stärkemehls mittelst einer aus Kupfersulfat, Kaliumtartrat und Natronlauge zusammengesetzten Flüssigkeit, die als „Fehling’sche Lösung“ seinen Namen für alle Zeit tragen wird.

Die heimische Industrie förderte F. durch eine große Reihe chemisch-technischer Analysen, wobei er zugleich genaue analytische Methoden ausbildete, so bei der „Untersuchung württembergischer Getreidesorten“, „Pottasche aus der Rübenmelasse von Waghäusel“. Besonderes Interesse wandte er der württembergischen Salzindustrie und den Heilquellen des Landes zu, deren sorgfältige Analysen er meistens in den Jahresheften des Vereins für vaterländische Naturkunde in Württemberg veröffentlichte. Hervorgehoben seien die Analysen der Mineralwasser von Berg, Jebenhausen, Wildbad, Teinach, Liebenzell, Göppingen. „Chemische Untersuchung der Soolen, des Stein- und Kochsalzes, sowie die Mutterlaugen der württembergischen Salinen“ (auch als Monographie Stuttgart 1847 erschienen). Von Payen’s Précis de Chimie [510] industrielle verdankt man ihm eine treffliche deutsche Bearbeitung. Ebenso war er an der Bearbeitung des großen Graham-Otto’schen Lehrbuchs der Chemie betheiligt, in dem er die Kohlenhydrate, Glucoside, Bitterstoffe, Farbstoffe, ätherische Oele, Harze und Balsame, sowie die Eiweißkörper und sonstige Thierstoffe selbständig bearbeitet hat. Schon frühzeitig Mitarbeiter an der ersten Ausgabe des „Handwörterbuchs der Chemie“ von Liebig, Poggendorff und Wöhler, das er als Redacteur der letzten Bände zum Abschluß brachte, unternahm er 1871 in Verbindung mit Freunden und Fachgenossen die Herausgabe eines „Neuen Handwörterbuchs der Chemie“, das nach seinem Tode fortgeführt wird.

Die hohen Verdienste Fehling’s um die Wissenschaft und Technik fanden die ihnen gebührende Anerkennung. Akademien und gelehrte Vereinigungen hatten es sich angelegen sein lassen, ihn auszuzeichnen. Noch kurz vor seinem Tode ernannte die Deutsche chemische Gesellschaft ihn zu ihrem Vicepräsidenten. Vom König von Württemberg erhielt er das Ritterkreuz des Kronenordens, mit dem der persönliche Adel verbunden war. Später wurde ihm der Titel Geheimer Hofrath und das Comthurkreuz des Friedrichsordens, und bei der Einweihung eines neuen Flügels des Polytechnikums als dem Senior des Lehrerconvents der Titel Director verliehen.

Nekrolog im Jahreshefte d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württemberg, 32. Jahrg. (1886), S. 37. – A. W. v. Hofmann, Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft XVIII (1885), S. 1611. (Irrthümlicher Weise ist dort als Geburtsjahr 1812 angegeben.)

Anmerkungen (Wikisource)

  1. ADB:Kindt, Georg Christian, Bruder von Friedrich Franz Kindt