ADB:Eyring, Eucharius
[461] 274 u. 278); von Theil I-III: Leipzig 1602 und Eisleben 1610 (Schelhorn, Ergötzlichkeiten II. 120 ff.).
Eyring: Eucharius E. (Eyering), ein Geistlicher des 16. Jahrh., war, wie aus dem ersten Theile seiner „Proverbia“ (S. 784) erhellt, zu Königshoven im Grabfelde und (wie man annimmt) um 1520 geboren, und starb, nachdem er von der römischen zur lutherischen Kirche übergetreten war, 1597 als Pfarrer zu Streuffdorf im Hildburghausischen. Ein Bruder von ihm war (Prov. III. 321) am Hofe des Bischofs von Straßburg Notarius, starb aber vor E. Weiteres ist von seinem Leben nicht bekannt. Die Sammlung von Sprichwörtern, welche jedoch erst nach seinem Tode zu Eisleben in drei Theilen erschien, führt den Titel: „Proverbiorum Copia, | Etlich viel Hundert, | Lateinischer vnd Teutscher schö- | ner vnd lieblicher Sprichwörter, wie die | Teutschen auf Latein, und die Lateinischen auff | Teutsch außgesprochen, | Mit schönen Historien, Apologis, Fa- | beln vnd gedichten geziert, menniglichen nutz | vnd kurtzweilich zu lesen. | Durch Evcharivm Eyering | Weiland Pfarherrn zu Streuffdorf. | 1601. Cvm privilegio | Eißleben, typis Grossianis.“ 8 Bl. u. 805 (gedruckt 817) S. 8. Mit 17 in den Text gedruckten Holzschnitten. – Anderer Theil o. J. (1601) 8 Bl. u. 725 (gedruckt 721) S. 8. Mit 26 Holzschnitten. – Dritter Theil 1604 8 Bl. u. 615 S. 8. Mit 29 Holzschnitten. Exemplare finden sich in Erlangen, Hannover, Ulm und Augsburg. Andere zum Theil zweifelhafte Editionen sind von Theil I und II: Leipzig, Henning Groß, 1600 (ClessiusIn der Vorrede (Dedication) des ersten Theils sagt der Drucker Henning Groß u. a.: „Ob mir nun wol wissend, das allbereit von Agricola etliche Sprichwörter in Deutscher sprache ausgeleget, vnd in druck außgangen, welchem auch billich sein fleiß vnd arbeit gerühmet wird, so ereignet sich doch auch an diesem Herrn Euchario das Prouerbium: Posteriores cogitationes meliores; Sintemal er nicht allein ein vngleiche zahl mehr an Sprichwörtern in diesem Buch zusammen getragen, besondern auch die meisten Lateinischen mit welchen die deutschen vber einstimmen, vnd Correspondiren allenthalben hinzu gethan, Hierüber auch noch viel schöner lustiger Apologen, Fabeln vnd Beyspiel mit angeführet, vnd es alles nicht wie Agricola in schlechter Prosa besondern in zierliche Reimen verfasset, Dergleichen dann in dieser Sprache ich bißher noch nicht gesehen, daraus dann dieses Autoris vortreffliches Ingenium zu spüren, welcher zu dem er sonsten ein Seelsorger vnd Lehrer der Kirchen gewesen, Dennoch eine solche Arbeit zu Wercke gerichtet.“ Und in der Vorrede zum dritten Theile führt er zu Empfehlung des Buches an: „Es ist auch in diesen letzten zeiten, ein fast bequeme Art, täglicher Conversation vnd Wandels, einem mit dem man vmbgehet oder zu schaffen hat, dasjenige, so man jhm andeuten wil, vnd doch sonderlich vnd außdrücklich, herauß zu reden bedencken, oder schewe treget oder tragen muß, durch Sprichwörter vnnd verblümte Reden für zu bilden, daher sichs dann offt zutregt, das wol gantz wichtige Sachen, durch Sprichwörtliche Reden, angetragen, vnd außgerichtet werden, die sonsten nimmermehr würden angefangen oder fürgenommen sein.“
Die Sammlung ist alphabetisch geordnet, so zwar, daß der erste Theil die Buchstaben A–D, der zweite E–G und der dritte H–Z in sich faßt. Nur im letzten Theile sind die Sprichwörter gezählt, nämlich 267, doch stehen in allen Theilen unter einer Nummer oft mehrere, zuweilen 3–10 sinnverwandte Sprüche. Die Anzahl der erklärten mit den im Contexte enthaltenen Sprichwörtern und sprichwörtlichen Redensarten beträgt im ersten Theile 726, im zweiten 1414 und im dritten 1206 = 3346. Da jedoch sehr häufige Wiederholungen stattfinden, so ist die Gesammtsumme der deutschen Sprichwörter auf nicht höher als etwa 1500 anzuschlagen.
Die Sammlung, obgleich ihrer äußeren Form wegen viel verbreiteter als manche weit bessere ihr vorangegangene oder nachfolgende, hat nur einen geringen Werth und Gervinus hat einen wol nur aus flüchtiger Ansicht des Buches entsprungenen Irrthum begangen, wenn er (Gesch. d. poet. Nationallitt. III. S. S5) äußert: „So wie den Froschmäuseler, so muß ich auch die Sprichwörtersammlung des Pfarrers Euch. Eyering als ein wesentliches Glied in der Kette der organischen Entwicklungen unserer Beispielpoesie betrachten …“ Jedem Sprichworte, worunter E. aber auch bloße sprichwörtliche Redensarten, Gleichnisse u. dgl. begreift, und das durch einen oder mehrere synonyme lateinische Ausdrücke erläutert wird, folgt eine gereimte Erklärung, welche aber überaus trocken und langweilig ist. Der eigentliche Werth des Buches beschränkt sich lediglich auf die zur Erklärung beigefügten Geschichten, welche E. jedoch nicht, wie man bisher annahm, als „entweder aus uns unbekannten Quellen oder aus mündlicher Ueberlieferung geschöpft“ (H. Kurz, Gesch. d. Litt.), sondern dem größten Theile nach aus Agricola’s 750 Sprichwörtern, die 72 Jahre zuvor im nämlichen Verlagsorte erschienen waren, entlehnt hat. Eine sorgfältige Vergleichung des Buches mit Agricola’s Sprichwörtern ergibt die vollkommenste Ueberzeugung, daß dasselbe nichts anderes ist, als eine meistens wörtlich treue Uebertragung aus der Prosa des letzteren in Reime, so daß die Sammlung fast ein gereimter [462] Agricola genannt werden kann. Zudem waren E. die Historien und Fabeln die Hauptsache und die Sprichwörter sind nur nebenher vom Zaune gebrochen. Allerdings enthält die Sammlung auch einzelne seltener begegnende Sprichwörter und Denksprüche, sowie einige Priameln, aber weitaus die Mehrzahl ist unbestreitbar Eigenthum Agricola’s, dessen auch der Verfasser nicht selten, z. B. Theil I. S. 726; II. S. 677; III. S. 481. 414 namentlich gedenkt.
Das richtigste und erschöpfendste Urtheil über die ganze Sammlung, welche W. Wackernagel (Litt. Gesch. 417) summarisch „dürr und leblos“ nennt, und ihr Verhältniß zu der des Agricola hat schon C. Schulze in Herrig’s[WS 1] Archiv XXXII. S. 159 gegeben. Er schließt mit den Worten: „Was der Reimer E. sonst noch eigen seinem Machwerk hinzugefügt hat, ist unbedeutend und beschränkt sich meistens auf einige Historien und Sprichwörterparallelen, die ihm aus Seb. Franck’s und Egenolff’s Werk (vgl. über dieses letztere J. Franck, „Die Ausgaben der Klugreden 1548–1691“ im Serapeum 1866, S. 177–188) leicht zugänglich waren und die dann ähnlich wie im Vrîdank aneinander gereiht sind.“
Von anderweitigen Schriften Eyring’s ist bisjetzt nur bekannt: „Sommerteil der Evangelien, gesangsweise“, 1589, welche – wol im Geschmacke seiner Sprichwörter – gleichfalls gereimt sind, vgl. Wetzel, Anal. hymn. I. 2. p. 58 ss.
- Vgl. außer den genannten Quellen und Hülfsmitteln: Morhof, I. Lib. 1 cap. XXI § 110. J. W. Krause, Hildburghausische Kirchen-, Schul- und Landeshistorie, 1752, II. S. 416 Niederer, Nützliche Abhandlungen, Altdorf 1768, S. 129. Kinderling in Adelung’s Magazin für deutsche Sprache, I. S. 154–158, II. S. 82–94. Schelhorn, Beitr. zur Erläuterung der Geschichte, St. 3–4. Jördens, Lexikon deutscher Dichter und Prosaisten, VI. S. 77–78. Nopitsch, Litteratur der Sprichwörter, S. 34–35. Duplessis, Bibliographie Parémiologique, Paris 1847, p. 330.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Herrrig’s