ADB:Engerth, Eduard Ritter von

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Artikel „Engerth, Eduard Ritter von“ von Eduard Leisching in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 48 (1904), S. 786–788, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Engerth,_Eduard_Ritter_von&oldid=- (Version vom 5. Dezember 2024, 20:31 Uhr UTC)
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Engerth *): Eduard Ritter von E., Historienmaler, geboren am 13. Mai 1818 zu Pleß in Preußisch-Schlesien als Sohn des Hofmalers des Herzogs von Anhalt-Köthen E. empfing seinen ersten Unterricht, auch im Zeichnen und Malen, daselbst und bezog neunzehnjährig, 1837, die Wiener Akademie, an welcher er unter Führich und Kupelwieser studirte. Er schloß sich besonders an Kupelwieser, welcher seit 1836 an der Akademie wirkte, mit aller Hingebung an, und wandte sich zunächst der religiös romantischen Historienmalerei zu, wie die beiden genannten Meister sie gegenüber den classicistischen Traditionen der Schule Füger’s und der Wiener Genremalerei Danhauser’s und Waldmüller’s begründet hatten. Auch in der Technik des Fresko empfing E. bei Kupelwieser frühzeitig Unterweisung. Im J. 1840 erhielt E. den Lampi’schen Modellpreis und den Gundel’schen Preis, der ihm auch 1841 wieder verliehen wurde und erwarb sich während seiner Studienzeit überhaupt alle Preise, welche die Akademie zu vergeben hatte. Sein erstes Bild war „Haman und Esther“, sein zweites „Der Kampf des Königs Ladislaus mit dem Kumanier Akus“ und übte sich auch in Landschaften und Genrebildern, die er außerhalb des akademischen Unterrichtes schuf, um sich damit den Unterhalt zu verdienen, denn er war schon in jungen Jahren fast ganz auf seiner Hände Arbeit angewiesen. Im J. 1844 entstand das in der kaiserlichen Gemäldegalerie befindliche Bild „Josef’s Traumdeutung“, das ihm die goldene Staatsmedaille einbrachte, zwei Jahre später die im Auftrage des Erzherzogs Karl geschaffene Darstellung „Kaiserkrönung Rudolfs von Habsburg“. Im J. 1847 ging E. als kaiserlicher Pensionär nach Rom, wo er bis 1853 verblieb, in regem Verkehre mit dem um Cornelius gescharten Künstlerkreise. E. benützte den römischen Aufenthalt zu intensivem Studium der alten Meister und der Natur, wie dies damals aufgefaßt wurde, seine Technik vertiefte er gründlich und arbeitete unablässig an seiner geistigen Ausbildung, vor allem auf historischem Gebiete. Dem bald nach seinem Eintritte in die römische Welt geschaffenen Bilde „Eine Episode aus der Sintfluth“ folgte in den letzten beiden Jahren seines Aufenthaltes in der ewigen Stadt das große Werk: „Die Gefangennehmung der Kinder Manfred’s durch die Reiter Karl’s von Anjou (1266)“, womit er großen Erfolg hatte; es sollte nach London verkauft werden, E. fühlt sich aber als kaiserlicher Pensionär verpflichtet, das Gemälde nach Wien zu bringen, wo es in die kaiserliche Galerie aufgenommen wurde.

Unmittelbar nach seiner Rückkehr nach Wien wurde er zum Director der Prager Akademie an Stelle Ruben’s ernannt, große Aufträge führten ihn [787] aber oft und für längere Zeit nach Wien, wo er unter Führich’s Oberleitung mit Kupelwieser, Schulz, Binder, Schömann, Mayer, Blaas und Dobiaschofsky die malerische Ausschmückung der Altlerchenfelder Kirche zu besorgen hatte, die mit dem Arsenale den Ausgangspunkt der modernen Monumentalarchitektur Wiens bildete. Mag uns E. heute in allem, was er geschaffen, durchaus fremd und veraltet erscheinen, so gehört er für jene Zeit mit den drei Letztgenannten den anderen Mitarbeitern gegenüber zu den Modernen und Realisten. E. hatte das linke Seitenschiff der Kirche mit vierzehn Bildern zu versehen und als hervorragender Kenner der Freskotechnik außerdem auch die Führich’schen Entwürfe für das Presbyterium, darunter das mit 60 Figuren ausgestattete Hauptaltarbild, dessen größte Figuren über 6 Meter hoch sind, auszuführen, wobei er im engsten und regsten Contacte mit Führich dessen künstlerische Absichten in vollkommen entsprechender Weise zum Ausdruck zu bringen wußte. Auch in Prag entwickelte E. eine intensive Thätigkeit, vor allem malte er in der Zeit seines dortigen Wirkens zahlreiche Porträts, darunter zwei Bilder der Kaiserin und zwei Bilder des Kaisers, deren eines, im Toisonornat, sich im Prager Landtagssaale, das andere, in Marschallsuniform, auf der österreichischen Botschaft in Paris befindet. Zu Anfang der 60er Jahre entstand das große Gemälde: „Prinz Eugen übersendet die Botschaft des Sieges bei Zenta an den Kaiser“, welches vom Kaiser angekauft wurde und sich in der Ofener Burg befindet. 1865 wurde E. an die Wiener Akademie berufen und sofort zur Mitarbeit an der malerischen Ausstattung des Hofoperntheaters von van der Nüll und Siccardsburg herangezogen. E. erhielt die Aufgabe, die Kaisertreppe und den Kaisersaal mit Gemälden zu schmücken, für erstere wählte er Motive aus der Orpheussage, für den Saal Scenen aus der „Hochzeit des Figaro“, beide Cyklen sind in Fresko, jene in Grisaille, grau in grau, diese in Farben ausgeführt, sie stehen zwar nicht so hoch wie die Arbeiten Schwind’s, Rahl’s und Laufberger’s, machen aber auch heute noch die beste Wirkung und gehören zu den vorzüglichsten Arbeiten des Künstlers. Die Cartons hierzu befinden sich im kunsthistorischen Hofmuseum.

Im J. 1867 wurde E. vom Kaiser beauftragt, der ungarischen Krönung des Kaiserpaares beizuwohnen, er vollendete 1871 das darauf bezügliche große figurenreiche Bild, das sich ebenfalls in der Ofener Burg befindet. Diesem Werke folgten nur mehr wenige Schöpfungen: „Der Tod der Eurydike“ (im Prager Rudolfinum) und mehrere Porträts. Seine Lehrthätigkeit an der Akademie und seine Mitwirkung bei der Lösung aller großen Kunstfragen Wiens nahm ihn stark in Anspruch, er mochte wol auch fühlen, daß seine Zeit vorüber sei. Im J. 1871 erfolgte seine Ernennung zum Director der kaiserlichen Galerie, welche damals noch im Belvedere untergebracht war. Erst im J. 1877 zog E. sich auf diese Stellung ganz zurück. Darüber, ob ein Künstler und nicht ein Kunstgelehrter an die Spitze einer großen Galerie gehört, gehen die Ansichten auseinander, und es läßt sich gewiß Vieles gegen die Leitung solcher Kunstinstitute durch Künstler einwenden. Sicher aber ist, daß E. sich mit größter Hingebung dem ihm übertragenen Amte gewidmet hat und im großen und ganzen ein ausgezeichneter Director der berühmten Sammlung gewesen ist. Als erste und wichtigste Aufgabe betrachtete er die Abfassung eines beschreibenden Kataloges an Stelle der knappen und unzureichenden Verzeichnisse, welche bis dahin vorlagen. Der 1. Band (die italienische, spanische, französische Kunst umfassend) erschien 1882, der 2. Band (die niederländischen Schulen) 1884, der Schlußband (die deutschen Schulen) 1886. Das Werk ist heute durch Besseres und tiefer Begründetes überholt, für seine Zeit aber und [788] angesichts der vorgelegenen ungenügenden Vorarbeiten war es eine sehr anerkennenswerthe That und hat den vielen Tadel, den es erfuhr, nicht verdient. E. war kein Kunstgelehrter, die wissenschaftliche Schulung und Büchergelehrsamkeit fehlte ihm, aber er war ein feinsinniger, höchst objectiv urtheilender Künstler und sein Gefühl traf meist das Richtige, wo Documente und andere litterarische Hülfe fehlten. E. bemühte sich ernst und hingebungsvoll, wissenschaftliche Kenntnisse zu sammeln und ward ein Kenner voll Scharfsinn und guten Urtheils. In den Jahrbüchern der kunsthistorischen Sammlungen des Allerh. Kaiserhauses hat er eine ganze Reihe trefflicher Arbeiten veröffentlicht. 1892 trat E. in den Ruhestand, nachdem er schon im Weltausstellungsjahre (1878) in den Ritterstand erhoben, 1872 zum Regierungsrath, 1891 zum Hofrath ernannt worden war. Mit Eitelberger, dem Begründer des österreichischen Museums in vertrautem geistigen Verkehre stehend, nahm er auch an der Förderung dieses Institutes regen Antheil und gehörte seit 1867 dem Curatorium des Museums und seit Begründung der Kunstgewerbeschule desselben dem Aufsichtsrathe dieser Anstalt an. Zu seinen zahlreichen Schülern gehören: Karger, Simm, Charlemont, Julius Berger, Rumpler. Er war ein liebenswürdiger, ernster, charaktervoller Mann, voll Theilnahme für jeden tüchtig Strebenden, sein Name wird stets einen Ehrenplatz in der österreichischen Kunstgeschichte einnehmen. E. ist am 28. Juli 1897 gestorben und auf dem Friedhofe in Hietzing-Wien beerdigt.


[786] *) Zu S. 380 oben.