ADB:Engelhardt, Moritz von (lutherischer Theologe)

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Artikel „Engelhardt, Moritz von“ von Nathanael Bonwetsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 48 (1904), S. 371–376, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Engelhardt,_Moritz_von_(lutherischer_Theologe)&oldid=- (Version vom 4. Oktober 2024, 12:01 Uhr UTC)
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Engelhardt: Gustav Moritz Constantin von E., lutherischer Theologe, † 1881. Moritz v. E. – von dem ihm zustehenden „Freiherrn“ hat er nie Gebrauch gemacht – wurde am 26. Juni (8. Juli) 1828 zu Dorpat geboren. Sein strenger Vater, der Professor der Mineralogie in Dorpat, gegen den er stets eine ehrfurchtsvolle Scheu hegte, starb früh nach langem Siechthum (1842); seine weitere Erziehung wurde daher zunächst von seiner frommen, zärtlich geliebten Mutter geleitet. Der Knabe wird geschildert als weichen Gemüthes, fröhlichen Sinnes, aber zugleich voll ernsten Strebens und von gewissenhaftem Fleiß, stets reich an Ideen, bei den Kameraden geliebt und geschätzt. Zusammen mit den Brüdern v. Oettingen, unter denen ihm besonders der nachherige allbeliebte Landmarschall Nicolai nahe stand, ward er alsdann in dem Pensionat der trefflichen Krümmer’schen Anstalt in Werro, einem livländischen Landstädtchen, erzogen; unter seinen Lehrern war ein human vielseitig gebildeter, religiös zur Aufklärung neigender Herrnhuter, Mortimer, [372] von dem meisten Einfluß. In der Mathematik nur durch gewissenhaften Fleiß den Anforderungen entsprechend, leistete E. schon jetzt Hervorragendes in der Geschichte und in dem deutschen Vortrag. Um durch Beredsamkeit zu wirken und die Geschichte als Christ verstehen zu lernen, wandte er sich auf der livländischen Landesuniversität dem Studium der Theologie zu. Gemeinsam mit Alex. v. Oettingen betrieb er seine Studien, beide unter der entscheidenden Einwirkung Philippi’s. Am fröhlichen studentischen Leben rege betheiligt, nahm er in der Corporation Livonia eine sehr geachtete Stellung ein, doch trat er zeitweilig wegen Gewissensbedenken aus, da die Corporation trotz factischer Duldung officiell verboten war. Unter mancherlei inneren Nöthen empfindet er schon jetzt (1847) das „Festhalten an Christus“ als die Bedingung seines Lebens. Von 1850 an setzte er sein Studium in Erlangen unter Hofmann, Delitzsch, Thomasius, in Bonn unter Rothe und Dorner, schließlich im Winter 1851/52 in Berlin fort. Die volle Freude an der wissenschaftlichen Arbeit erschloß sich ihm aber erst, als er in Berlin und Dresden sich der Quellenforschung für seine Monographie über E. V. Löscher hingeben konnte. 1853 habilitirte er sich dann in Dorpat und wurde am 1. Januar 1858 außerordentlicher, am 30. Juli ordentlicher Professor der Kirchengeschichte. Zum Doctor der Theologie promovirte er mit einer Schrift „De Jesu Christi tentatione“.

Die Vorlesungen Engelhardt’s galten in erster Stelle der Kirchengeschichte in ihrem ganzen Umfang. Dogmengeschichte hat er nie gelesen; aber in seiner Darstellung der Kirchengeschichte nahm die Dogmengeschichte als das Herz derselben die beherrschende Stellung ein. Sein Bestreben war dabei darauf gerichtet, die Idee und das eigentliche Wesen der kirchengeschichtlichen Erscheinungen klar zu legen und den Gang der Entwicklung aufzuzeigen. Wol seine Lieblingsvorlesung und die auf seine Hörer eindrucksvollste war die über das Leben Jesu. Mit ihr standen eine Anzahl von ihm veröffentlichter Abhandlungen und Schriften in Zusammenhang: „David Fr. Strauß und Dr. Ferd. Chr. Baur und das Zeichen des Propheten Jonas (Dorpater Ztschr. f. Theol. u. Kirche 1859), „Schenkel und Strauß, zwei Zeugen der Wahrheit“ (1864) und „Die Bergpredigt nach Matthäus, eine Studie zur biblischen Geschichte“ (Dorpater Ztschr. 1867). Aber kaum minder werthvoll war seinen Schülern durch ihre apologetischen Ausführungen die Vorlesung über theologische Encyklopädie. Gelegentlich hat er noch andere Vorlesungen, z. B. über „Heidenthum“ gehalten.

Gleich mit seiner ersten Vorlesung, über Symbolik (Confessionskunde), erzielte E. einen durchschlagenden Lehrerfolg. Dieser ist ihm auch in allen seinen Vorlesungen bis zuletzt geblieben, ja hat sich noch gesteigert. Mit großer Gewissenhaftigkeit und heiligem Ernst hat er stets seine Vorlesungen vorbereitet. Immer wieder hat er an seiner Befähigung zum Docenten gezweifelt. Er dachte klein von sich, aber groß von der Sache. Auf den Kern der Sache war stets sein Streben gerichtet; was sich ihm als ihr eigentliches Wesen ergeben, das wußte er in eindrucksvoller Weise den Zuhörern näher zu bringen. Hinter allem aber was er sprach stand seine ganze Persönlichkeit, und hierauf beruhte in erster Stelle die geradezu unauslöschliche Wirkung seiner Worte. Im oft mühsamen Ringen mit den Problemen wußte er ihre Bedeutsamkeit zu erfassen; er verstand es denn auch, ihnen die Seiten abzugewinnen, die auch die Anderen fesselten; zugleich besaß er in hohem Maaße die Gabe, sich den Bedürfnissen seiner Hörer anzuempfinden und sie in die Mitarbeit hineinzuziehen. Die historische Kleinarbeit schätzte er sehr, aber sie war nicht eigentlich seine Sache. Auch war er nicht vorwiegend kritisch veranlagt. [373] (Er hat nie Recensionen geschrieben.) Vielmehr verstand er überall das Werthvolle herauszufinden, es seiner Erkenntniß einzugliedern und sie dadurch zu bereichern. Er besaß einerseits eine ihm bis zuletzt eigenthümliche Willigkeit zu lernen und Correcturen an seinem Verständniß der Dinge vorzuzunehmen und war stets ein Werdender; andererseits aber hatte er sich ein sehr einheitliches und abgeschlossenes Ganzes der Erkenntniß zu erarbeiten gewußt. Von gewissen entscheidenden Grundgedanken über das Wesen des Christenthums aus ward sein ganzes theologisches Denken bestimmt. Nächst dem Eindruck seiner Persönlichkeit hat gerade diese Einheitlichkeit seiner christlichen und theologischen Ueberzeugung ihn vorab auf die Jugend bestimmend einwirken lassen. Tief und fest gewurzelt im lutherischen Bekenntniß, hatte er zugleich ein volles Verständniß für die Bedürfnisse des modernen Menschen. In gewissem Sinne war seine ganze Theologie apologetisch orientirt. Dies aber so, daß sie grundsätzlich darauf verzichtete, durch Vernunftbeweise die Wahrheit des Christenthums zu demonstriren, daß vielmehr ihren Grundgedanken der durchgängige Gegensatz christlichen und natürlich religiösen Denkens bildete. Diesen Gegensatz nachzuweisen, sei die erste Aufgabe der Apologetik; dann habe sie das innerlich Widerspruchsvolle jeder heidnischen religiösen Denkweise zu zeigen und endlich die überzeugende Kraft der sich am Gewissen bewährenden christlichen Erkenntniß darzuthun. Seine aus solchem Interesse erwachsenen religionsgeschichtlichen Forschungen gingen daher nicht etwa den geschichtlichen Beziehungen des Christenthumes zu vor- und außerchristlichen religiösen Erscheinungen nach, sondern suchten das Eigenthümliche der christlichen Religiosität und Sittlichkeit gegenüber jeder anderen herauszustellen. Diesem Zweck galten auch seine Aufsätze „Aus dem religiösen und sittlichen Leben des Heidenthums“ (1862) und „Christenthum und Heidenthum im 19. Jahrhundert, oder: Hat die Orthodoxie noch ein Recht zu existiren“ (1863; beide in der Dorp. Ztschr. f. Theol. u. Kirche). E. hielt es auch für eine wesentliche Aufgabe des ihm sehr am Herzen liegenden Religionsunterrichts in den höheren Schulen, in das Verständniß jenes Gegensatzes einzuführen; vgl. seine Schrift „Die Aufgabe des Religionsunterrichts in der Gegenwart“ (1870). Die Schüler sollten erkennen lernen, wie es sich um das Ringen zweier Weltanschauungen handele. Der einen gelte die vernünftige Erkenntniß als das Princip der Religion und Sittlichkeit und als das Mittel der Erlösung und Vollendung der Menschheit, für sie die Wissenschaft das allein Seligmachende. Die andere schätze dagegen den Glauben als das Höchste, weil alles Haben einer Person nur durch Glauben und Liebe geschehen kann, der Glaube aber das Haben des persönlichen Gottes ist. Dieser letztern Ueberzeugung werde nicht etwa Denkschwäche zuführen, sondern die Empfindung der natürlichen Gott-losigkeit, denn „den Armen ist das Wahrheit, was sie reich macht“. Es war E. höchst interessant, auch an „Celsus oder der ältesten Kritik biblischer Geschichte und christlichen Lehre vom Standpunkt des Heidenthums aus“ (Dorp. Ztschr. f. Th. u. K. 1869) jene Differenz zwischen dem Christenthum und jeder Art heidnischen Unglaubens nachweisen zu können. Auch im Katholicismus sah er jene im Grunde heidnische Anschauung wiederkehren. In der Abhandlung „Katholisch und Evangelisch“ (ebd. 1866) zeigt er, wie nur dort der Katholicismus wirklich überwunden wird, wo man durch die Bezeugung der gnädigen Gesinnung Gottes im Wort Heilsgewißheit gefunden hat. Daß es E. nicht an Verständniß auch für das Großartige im Katholicismus gefehlt hat, läßt seine Schilderung Gregor’s VII. (ebd. 1865) erkennen.

Auch die reife Frucht der wissenschaftlichen Forschung Engelhardt’s, sein [374] Werk: „Das Christenthum Justins des Märtyrers, eine dogmenhistorische Untersuchung über die Anfänge des katholischen Christenthums“ (Erlangen 1878) ist an der im Mittelpunkt seines Interesses stehenden Frage nach dem Verhältniß von Christenthum und Heidenthum orientirt. Engelhardt’s Verständniß der Anfänge der Kirche hat sich in gegensätzlicher Auseinandersetzung mit Baur’s Auffassung derselben gebildet (obwol zugleich Baur’s positiver Einfluß auf ihn in der Richtung auf die bewegenden Gedanken in der Geschichte zu Tage tritt). Von großer Bedeutung wurde daher für ihn A. Ritschl’s aus dem gleichen Gegensatz hervorgegangene „Entstehung der altkatholischen Kirche“ in ihrer 2. Auflage. Hier hatte Ritschl die Abweichungen des altkatholischen Christenthums vom paulinischen aus dem Unvermögen des Heidenchristenthums zu erklären gesucht, die alttestamentlichen Voraussetzungen der paulinischen Lehrweise zu verstehen. Im Anschluß hieran sucht nun E. zu zeigen, daß Justin den M. die Bestimmtheit seines Denkens durch die griechische Philosophie verhindert, die Gedanken des Evangeliums sich zu eigen zu machen und sie unverkümmert wiederzugeben. Hellenische Philosophie habe somit eine gewisse Ethnisirung der religiösen Anschauungen der Apologeten herbeigeführt und damit trübend auf die Anfänge der dogmengeschichtlichen Entwicklung eingewirkt. In den entscheidenden Punkten hat E. durch sein Ergebniß der kirchenhistorischen Forschung zu einer bleibenden Erkenntniß verholfen, wenn schon er dem apologetischen Charakter der uns erhaltenen Schriften und hiermit der Thatsache, daß sie kein vollständiges Bild des Christenthums Justin’s gewähren, nicht ausreichend Rechnung getragen hat. Das dogmengeschichtlich belanglose historische Detail hat E. auch hier nur nebenbei berücksichtigt. Den Einwendungen, die namentlich A. Stählin gegen seine Darlegungen erhob, wollte E. in einer von ihm energisch in Angriff genommenen Arbeit über Irenäus begegnen, die zeigen sollte, wie die Auseinandersetzung mit der Gnosis die Kirche genöthigt habe, sich auf das eigenthümlich Christliche zu besinnen. Seine Erkrankung im Spätsommer 1881 setzte seiner Arbeit ein Ziel.

Die ganze Art des Betriebs der historischen Forschung zeigt, wie das Streben Engelhardt’s dem Verständniß der geschichtlichen Erscheinungen und damit der Ausgestaltung und Vertiefung seiner theologischen Erkenntniß galt. Daher war er an allen die Theologie bewegenden Fragen unmittelbar interessirt, und zwar je nach dem Maaße ihrer Beziehung zum Mittelpunkt der Person Christi. Ausgegangen von Philippi’s Schule, weitergebildet unter der Einwirkung Hofmann’s, von größter Treue gegen das Bekenntniß der Kirche, fühlte sich E. doch in hohem Grade angezogen von Ritschl’s Theologie. In der apologetischen Tendenz, der Concentration auf das Evangelium und der Orientirung seiner Theologie an der Person Christi, in dem Verständniß für die Bedürfnisse des modernen Menschen fühlte sich E. Ritschl verwandt. Wie dieser wußte er sich auch im Gegensatz zur pietistischen Verkümmerung der christlichen Freiheit, zu welcher Freiheit sich E. unter schweren Kämpfen in ernster Selbstzucht hindurchgerungen hatte. Andererseits aber vermißte E. an Ritschl die tiefe Erkenntniß der durch die Sündenschuld verletzten Heiligkeit Gottes und die entsprechende Werthung der Heilsthatsachen. Noch auf dem Sterbebett machten ihm Ritschl’s „Theologie und Metaphysik“ und Wellhausen’s Kritik des Alten Testaments viel zu schaffen. Wie fern ihm aber lag, den Glauben irgendwie in die Anerkennung von Dogmen zu setzen, hat schon sein Aufsatz aus dem Jahr 1861 „Der Senfkornglaube nach den Evangelien dargestellt“ (Dorp. Ztschr. f. Th. u. K.) bewiesen: „Es ist des rechten Glaubens rechter Anfang … nichts anderes als das persönliche Vertrauen zu Jesu [375] Person und Wort“. Höchst charakteristisch für Engelhardt’s gesammte Grundanschauung sind schon im Thema sein letzter Vortrag: „Was rettet den Menschen: das Wissen oder der Glaube? Ein Versuch zur Orientirung über die letzten Ursachen des Streites über Wissen und Glaube“, und seine letzte Predigt: „Christus der Gekreuzigte, göttliche Kraft und göttliche Weisheit“.

Von dem lebendigen Antheil Engelhardt’s an allen kirchlichen Vorgängen der Gegenwart und von seiner durchaus selbständigen Beurtheilung derselben gibt Zeugniß seine Abhandlung: „Die Zeichen der Zeit und die deutsch-evangelische Kirche in Rußland“ (Dorp. Ztschr. f. Th. u. K. 1871). Vom kirchenpolitischen Parteimann war freilich nichts an ihm, vielmehr war er stets geneigt, dem Gegner mehr als Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Die gleiche Haltung auch gegenüber den Parteien im livländischen Adel machte ihn so sehr zum allgemeinen Vertrauensmann seiner Standesgenossen, daß man ihn gelegentlich als den „geistlichen Adelsmarschall Livlands“ bezeichnet hat. Und wie seine Schüler in ihm geradezu wie selbstverständlich ihren geistlichen Berather erblickten, so genoß er auch das unbedingte Vertrauen aller Geistlichen der baltischen Provinzen. Seine Person bildete den wesentlichen Anziehungspunkt der alljährlichen Pastoralconferenz in Dorpat, hier hat er noch im Januar 1881 einen Vortrag gehalten: „Die ersten Versuche zur Aufrichtung des wahren Christenthums in einer Gemeinde von Heiligen“ (Mittheilungen u. Nachr. f. d. ev. Kirche in Rußl., 1881). Seine Vorträge auf der livländischen Synode waren stets eine Freude für Alle. – Dies gilt aber auch von allen seinen nicht seltenen öffentlichen Vorträgen, durch die er auch auf weitere Kreise wirkte. Immer wußte er dem behandelten Thema große Gesichtspunkte abzugewinnen, das Interesse des Hörers zu wecken und ihn in seine Gedanken hineinzuziehen, wenn möglich mit seinen Ueberzeugungen zu erfüllen. Besonders zusammenhängende Vorlesungen über die ganze Geschichte der Kirche, die er in den letzten Jahren vor einem großen Frauenkreis hielt, zeigten wie er auch die gebildete Laienwelt in ein Verständniß der Entwicklung der Kirche und der auf ihr beruhenden kirchlichen Gegenwart, besonders auch in ihren verschiedenen confessionellen Gestaltungen, einzuführen verstand. Einem andern Kreis bot er eine in die Tiefe gehende Auslegung des Katechismus. Seine Predigten, stets den centralen Fragen des christlichen Glaubens und Lebens gewidmet, waren von mächtigem Eindruck, da jedes Wort das Gepräge trug, aus lebendiger eigener Erfahrung heraus geboren zu sein. Unterricht, namentlich in höhern Mädchenschulen, hat er beständig ertheilt; dem Religionsunterricht im Gymnasium, den er auch vorübergehend gab, dachte er öfters sich völlig widmen zu sollen. Anderthalb Jahrzehnte hindurch hat er am Sonntag Nachmittag in einer Armenschule Unterricht ertheilt. Er stand an der Spitze des Kirchenraths der Universitätsgemeinde – in Dorpat eine wirkliche Gemeinde – als Präsident, und gehörte als einflußreiches Glied dem Curatorium des Landesgymnasiums zu Fellin an. Den Ruf zur Generalsuperintendentur von Esthland und Livland hat er wiederholt abgelehnt; ebenso einen Ruf nach Hamburg.

Am unmittelbarsten trat die Vereinigung von Ernst und Freudefähigkeit, von Mannesreife und fröhlicher Kindlichkeit, von Beherrschung der Form und Freiheit des Sich-gebens, seine immer nur wachsende Erschlossenheit für alles Wahre und Schöne in seiner Familie hervor. Er war mit einer Schwester seiner Freunde v. Oettingen vermählt. Von einer zahlreichen Kinderschaar umgeben konnte er im Sommer 1880 seine silberne Hochzeit feiern. Eine Erkältung aber im Spätsommer 1881 warf ihn, mitten aus der Vollkraft seines Wirkens heraus, auf ein langes Schmerzenslager. Schließlich trat eine [376] qualvolle Gehirnhautentzündung ein. Es hat sich auch in diesen Leidenstagen als gereifter Christ bewährt. Als er am 23. November (5. December) ausgerungen, da gab die tiefe Trauer des baltischen Landes und darüber hinaus Zeugniß davon, was mit ihm haben dahingeben zu müssen sie sich bewußt waren. Die Worte Ad. Harnack’s: „Wir werden seines gleichen nicht mehr sehen“ haben die Empfindung nicht Weniger ausgesprochen.

Vgl. Erinnerung an Moritz v. Engelhardt. Dorpat 1881. – Alex. v. Oettingen, Moritz v. Engelhardt, ein Charakter- und Lebensbild (Mittheilungen und Nachr. f. d. evangel. Kirche in Rußland, 1882). – M. v. Engelhardt’s christlich-theologischer Entwicklungsgang (ebd. 1883).