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Artikel „Eisenlohr, Theodor“ von Christian Palmer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 768–769, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Eisenlohr,_Theodor&oldid=- (Version vom 13. November 2024, 12:26 Uhr UTC)
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Eisenlohr: Theodor E., erster Rector des Schullehrerseminars in Nürtingen (Würtemberg), ist geboren zu Herrenberg am 30. April 1805 als Sohn des dortigen Diakonus, späteren Decans in Reutlingen, Chr. Fr. Eisenlohr. Er durchlief die theologischen Lehranstalten des Landes; nachdem er seine wissenschaftliche Ausbildung durch eine Reise nach Norddeutschland, Dänemark und Schweden vollendet und einige Jahre als Repetent am theologischen Seminar in Tübingen gewirkt hatte, trat er 1833 sein erstes Amt als Diakonus in Marbach (Schiller’s Geburtsort) an. Sein wissenschaftliches Interesse hatte sich bis dahin namentlich kirchenrechtlichen Studien zugewendet; er betheiligte sich noch in Marbach an der Reyscher’schen Gesetzsammlung durch Bearbeitung der Gesetze für die evangelische Landeskirche nebst einer vortrefflichen geschichtlichen Einleitung, so wie der Gesetze für die evangelische Volksschule. Letzterer wandte er sich immer mehr zu, was ihm durch Schulinspection und Leitung von Lehrerconferenzen, welches beides mit den Diakonaten meist verbunden ist, amtlich nahe gelegt war. Schon von dieser ersten Stelle aus trat er mit etlichen Freunden und Collegen zusammen, um durch die „Blätter aus Süddeutschland“ (eine [769] pädagogische Vierteljahrsschrift) für die Hebung des vorwärts strebenden Volksschulwesens thätig zu sein. Auch hat er dort schon durch Abstellung des Bettels und Einrichtung einer geordneten Armenfürsorge ein bedeutendes organisatorisches Talent entwickelt. Im J. 1838 wurde er als zweiter Diakonus an die Stiftskirche in Tübingen berufen. Dort fand er ein weiteres Arbeitsfeld, gründete auch neben den vielen Amtsgeschäften ein Privatschullehrerseminar und war bei der Errichtung einer Rettungsanstalt für verwahrloste Kinder in der Nähe von Tübingen eines der rührigsten Mitglieder des zu diesem Zwecke gestifteten Vereins. Die Regierung konnte nicht im Zweifel sein, daß für das im J. 1843 errichtete obengenannte Seminar (das zweite in Würtemberg) in E. der tüchtigste Vorstand gegeben sei. Dort nun war er in seinem Element; selber jugendlich frisch, ein Mensch voll Begeisterung und voll reiner Herzensgüte wirkte er ungemein anregend auf die Zöglinge. Hat vielleicht gerade die Idealität, mit welcher er den Lehrberuf auffaßte, manche von den jungen Leuten etwas zu hoch gestimmt, so war er doch weit entfernt von der schon damals sich ankündigenden Tendenz, die Schule von Kirche und Christenthum zu emancipiren; es war sein erster Wunsch, daß das christlich religiöse Element immer mehr in unsern Schulen zu seinem Recht komme. Nur wünschte er ebenso dringend, daß die sociale amtliche und ökonomische Stellung der Lehrer eine angemessenere, so wie daß die pädagogische Vorbildung der Geistlichen zur Schulinspection ernstlicher und gründlicher betrieben werde. Schriftstellerisch hat er durch eine große Anzahl von Aufsätzen und Flugschriften für alle Zweige der Volksbildung zu wirken gesucht. Hervorzuheben ist seine Arbeit über „Die Idee der Volksschule aus den Schriften Schleiermacher’s, 1852, der ihm auch als Theolog am meisten sympathisch war, und die Geschichte „Des Volks Israel unter der Herrschaft der Könige“, 2 Thle. 1855, worin er, wesentlich nach Ewald’scher Weise, zeigen wollte, wie die biblische Geschichte ebenso in wahrhaft historischem, als pragmatischem und nationalem Sinn im Unterricht fruchtbar gemacht werden könne. – Das Jahr 1848 hat auch in seinem Leben eine tiefe Spur hinterlassen. Er wurde von Nürtingen in die Ständekammer gewählt, wo er auf die Seite des damaligen Liberalismus sich stellte; 1849 sandte man ihn als Abgeordneten nach Frankfurt, das er aber nicht erreichte, weil bereits das Rumpfparlament nach Stuttgart unterwegs war. Er schloß sich diesem an und erlebte mit Uhland die Sprengung desselben in Stuttgart. Es war ein Glück, daß er von da an sich nicht mehr an politischer Thätigkeit betheiligte; er sah selber ein, daß seine politischen Parteigenossen den reinen Ideen, die er von Hebung und Beglückung des Volkes in sich trug, viel weniger entsprachen, als er erwartet hatte. Der Rest seines Lebens war vollständig wieder seinem Beruf geweiht; nur insofern erlitt dieser eine Ausdehnung, als er zu den Prüfungen der Schulcandidaten und später noch zu den Sitzungen des Consistoriums in Schulsachen beigezogen wurde; dieser Zweig seiner Thätigkeit trug ihm den Titel eines Oberschulraths ein. Im J. 1868 erlebte er noch die hohe Freude, das 25jährige Jubiläum seines Seminars mit einer großen Zahl ehemaliger Zöglinge feiern zu dürfen. Aber ehe sich dieser Tag jährte, war seinem Leben das Ziel gesteckt. Nach wiederholten Kopfleiden starb er am 31. August 1869, als er eben in Zürich zur Erholung bei einer dort verheiratheten Tochter war, an einem Hirnschlag. Seine Leiche wurde nach Nürtingen gebracht, seit dem 13. Nov. 1872 steht seine in Marmor ausgeführte Büste im großen Saal des Seminars.