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Artikel „Diezmann (Dietrich III.), Landgraf von Thüringen“ von Franz Xaver von Wegele in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 220–222, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Diezmann&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 15:00 Uhr UTC)
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Diezmann (Dietrich III.), Landgraf von Thüringen, Markgraf in dem Osterland und der Lausitz, Sohn Albrechts (des Entarteten), Landgrafen von Thüringen, und der Margaretha, Tochter Kaiser Friedrichs II., geb. 1260, gest. 1307. Nachdem seine Jugend durch die bekannten Verirrungen seines Vaters beträchtlich verdüstert worden war, tritt D. im J. 1281 zum ersten Mal auf, und zwar ist es eine Fehde mit seinem Vater, in die wir ihn da verwickelt treffen. Die Verschwendungssucht Albrechts, deren Folgen dem Sohn unerträglich geworden waren, ist aller Wahrscheinlichkeit gemäß Ursache davon gewesen. Gegen das Ende des genannten Jahres ist dann die Fehde, die einen ziemlich verheerenden Charakter angenommen hatte, wieder beigelegt und eine Aussöhnung zwischen Vater und Sohn erzielt worden. Schon früher hatte D. nebst seinem älteren Bruder Heinrich das Erbe seiner Mutter, das sogenannte Pleißnerland, mit dem Mittelpunkte Altenburg, angewiesen erhalten; als nun, im J. 1282, Heinrich nach Schlesien geht, um dort nach einiger Zeit zu verschwinden, führt D. die Regierung über diese Herrschaft allein und gebraucht bis zum Tode seines Großvaters (1288), des Markgrafen Heinrich des Erl. von Meißen, den Titel „Jüngerer Landgraf und Herr des Pleißnerlandes“. Die nächste für D. wichtige Folge war, daß aus der Erbschaft seines Großvaters die Mark Lausitz in [221] seine Hände überging. Jetzt beginnen aber auch jene Zerwürfnisse zwischen dem Landgrafen und seinen beiden Söhnen Friedrich und D., die im Verlaufe der nächsten Jahrzehnte einen so außerordentlichen Umfang angenommen haben. An erster Stelle in diesen Kämpfen steht allerdings Friedrich der Freidige, aber auch D. lässt sich, thatkräftig und entschlossen wie er ist, nirgends vermissen, wo es ein wohl begründetes Recht zu vertheidigen gibt. An dem Eisenacher Vertrage des J. 1190, der unter der Mitwirkung des damals seit längerer Zeit in Thüringen weilenden König Rudolf I. zwischen Albrecht und seinen beiden Söhnen zu Stande kam, ist er wesentlich betheiligt.

Epoche machend in diesen Wirren ist der Tod des Markgrafen Friedrich Tuta von Meißen geworden (1291). D. erhielt bei der nun vorgenommenen Vertheilung der aufgegangenen Erbschaft den größeren Theil des Osterlandes mit Leipzig, ferner die Zusicherung der Nachfolge in der Landgrafschaft Thüringen und behielt überdies die Mark Lausitz, das Pleißnerland dagegen hatte König Rudolf als verpfändetes Reichsland wieder eingelöst. Als dann der Markgraf Heinrich von Brandenburg, an welchen der stets geldbedürftige Landgraf Albrecht die sogenannte Markgrafschaft Landsberg verkauft hatte, sich auf Kosten Diezmanns weiter ausdehnen wollte, trat ihm dieser kampfbereit entgegen und schlug ihn aufs Haupt. Aber ganz andere Proben seines Muthes erwarteten ihn. König Adolf I. (von Nassau) erhob im Namen des Reiches als auf heimgefallene Lehen Ansprüche auf die Mark Meißen, die seit 1291 an Friedrich den Freidigen übergegangen, und auf das Osterland, das in die Hände Diezmanns gelangt war, schloß zugleich jenen wenig rühmlichen Handel mit dem alten Landgrafen Albrecht ab, durch welchen ihm dieser für den Fall seines Todes die D. vorbehaltene Landgrafschaft Thüringen verkaufte. Die beiden in ihrem Erbe so schwer angefochtenen Brüder waren fest entschlossen, sich den Absichten des Königs mit dem Schwerte in der Hand zu widersetzen. D. strengte sich vor allem an, sein Anrecht auf Thüringen zu sichern und es gelang ihm, in dem Vertrage von Triptis das erwähnte Kaufgeschäft zwischen König Adolf und seinem Vater zu überbieten und sein Recht von diesem aufs neue anerkennen zu lassen (1293). Der König ging aber auf der betretenen Bahn unentwegt vorwärts. Seine beiden Feldzüge nach Thüringen, in das Osterland und nach Meißen sind bekannt. Was der erste unvollendet ließ, führte der zweite zum Ziele. Die beiden Brüder haben vor der Uebermacht des Königs zurückweichen müssen; D. hatte sich nach der Lausitz zurückgezogen, auf die Adolf seine Forderung nicht ausdehnte. Erst der Sturz des Königs (Juli 1298) gab ihm, wie dem noch unbeugsameren Bruder, die entschwundene Hoffnung zurück. Sofort erschienen sie wieder auf dem Schauplatz und binnen kurzem sah sich D. im Besitze fast des ganzen Osterlandes. Als jedoch der Habsburger Albrecht an die Stelle des gestürzten Gegners trat, verdunkelten sich aufs neue die Aussichten des wettinischen Brüderpaares. König Albrecht nahm in dieser Frage einfach die Politik seines Vorgängers auf, und vergeblich bemühte sich gerade auch D., ihn in seinem Interesse auf andere Gedanken zu bringen. Als aber der neue König diese seine Absicht zunächst weniger nachdrücklich als Adolf verfolgt, gewinnen Friedrich und D. Zeit, sich mit ihrem wankelmüthigen Vater auszusöhnen, der Diezmanns Anrecht auf Thüringen aufs neue anerkennt. Trotzdem fühlte sich dieser gerade in Folge der vorausgegangenen Anstrengungen und Opfer in dem Grade eingeengt, daß er sich (1302) entschloß, seine Mark Lausitz dem Hochstift Magdeburg gegen eine bestimmte Summe zu Lehn aufzutragen, was einer Veräußerung bereits zur Hälfte gleich kam, und in der That ist dieselbe bald ganz an die brandenburgischen Askanier übergegangen.

Es dauerte aber nicht lange, so machte König Albrecht Anstalten, seine Ansprüche wie auf Meißen so auch auf Thüringen durchzusetzen, und lud den Landgrafen [222] Albrecht, der inzwischen das Land seinen Söhnen ausgeliefert hatte, vor sich. Aber das Glück stand nicht auf Seite des Königs. Seine allgemeine Politik machte es ihm auch nicht leicht, seine Kräfte gegen die Wettiner zu concentriren. Und so gelang es Friedrich und D. sogar, im J. 1307 bei Lucka, in der Nähe von Altenburg, den Truppen des Königs eine empfindliche Niederlage beizubringen. Die beiden Brüder hatten in den letzten Jahren trotz der gemeinsamen Bedrängniß sich nicht frei von wechselseitigen Zerwürfnissen erhalten: Markgraf Friedrich, der dem Vermuthen nach die Preisgebung der Lausitz übel vermerkt hatte, hatte sich dafür zu entschädigen versucht, indem er sich von seinem Vater Thüringen zusichern ließ. Nun in der elften Stunde hatten die zur Unzeit Hadernden ihren wahren Vortheil erkannt und sich mit vereinten Kräften gegen die Truppen des Königs gewendet. Mit dem Siege bei Lucka war für D. das Osterland vor der drohenden Occupation des Königs gerettet. Gleich darauf räumte Landgraf Albrecht, der sich nach allen Seiten hin unmöglich gemacht hatte, völlig den Schauplatz und zog sich nach Erfurt zurück. Ohne Zweifel betrachtete sich D. jetzt als den rechtmäßigen Landgrafen von Thüringen; aber er durfte sich dieses Erfolges nur kurze Zeit erfreuen: am 10. Dec. 1307 brachte ihm in der Kirche des Predigerklosters zu Leipzig der Dolch eines Unbekannten eine Wunde bei, der er erlag. Er starb kinderlos; seine Gemahlin Jutta, eine geb. Gräfin von Henneberg, hat sich in zweiter Ehe mit dem Markgrafen Otto (mit dem Pfeil) von Brandenburg vermählt. Die Landgrafschaft Thüringen und die Markgrafschaft Osterland gingen sofort in die Hände Friedrichs d. Fr. über, der dann nach einem längeren Kriege die so schwer heimgesuchte Stellung seines Hauses nach allen Seiten hin siegreich befestigt hat.

Vgl. Wegele, Friedrich der Freidige und die Wettiner seiner Zeit. Nördlingen 1872.