Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Decker“ von Ernst Kelchner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 4–8, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Decker&oldid=- (Version vom 14. Oktober 2024, 06:31 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Decker, Hans
Band 5 (1877), S. 4–8 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
OFF in der Wikipedia
Rudolf Ludwig Decker in Wikidata
GND-Nummer 138826390
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|5|4|8|Decker|Ernst Kelchner|ADB:Decker}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=138826390}}    

Decker, Buchdruckerfamilie in Basel, Breisach, Colmar und Berlin. Die Familie Decker stammt aus dem Städtchen Eisfeld im Thüringer Wald und als Stammvater wird Kilian Decker, welcher um die Zeit von 1570–1600 dort lebte, betrachtet. Welchen Beruf oder welches Amt derselbe bekleidete, hat sich nicht feststellen lassen; dagegen ist als ganz sicher anzunehmen[WS 1], daß ihm ein Sohn, welcher den Namen Georg erhielt, am 26. April 1596 von seiner Frau Anna, einer geborenen Göring, geboren wurde. Ueber die Jugendjahre dieses Georg D. fehlen alle Nachrichten, so viel ist nur sicher, daß er die Buchdruckerkunst, ob in Bamberg oder Hildburghausen, erlernte und seine Jünglingsjahre in die sturmbewegten Zeiten des dreißigjährigen Krieges fielen. Nach langen Kreuz- und Querzügen gelangte er endlich nach Basel und begründete daselbst ein Geschlecht von Buchdruckern, welches nunmehr länger als dritthalbhundert Jahre blüht und, bevor der letzte des dortigen Stammes zu Grabe getragen wurde, bereits in Colmar und Berlin zu neuen kräftigen Bäumen emporgewachsen war, in deren Schatten der Name D. noch heutzutage eines europäischen Rufes sich erfreut.

Georg D. (1635–1661) begann seine Thätigkeit als Buchdrucker mit Drucken von zwei beliebten Werkchen: „Platonis Menexenus graece“, 4. und mit dem Wiederdruck eines kleinen epochemachenden Büchleins von Pamphilus Gengenbach: „Zehen Alter, Ein Schön und nützlich Spiel, darinnen der jetzigen Welt Art vnd Sitten wird angezeigt, sampt schönen Sprüchen auß der H. Schrift gezogen Jetzt newlich gebessert vnd mit schönen Figuren gezieret“ Gedruckt zu Basel, bey Georg Decker, 1635. 8., und setzte diese 26 Jahre hindurch rastlos fort. Auch der bekannte Orientalist Johann Buxtorff († 17. August 1664) ließ bei ihm verschiedene Werke seines Vaters drucken, so wie der Ruf seiner Pressen weit hinaus über das Weichbild Basels drang, indem auswärtige Buchhändler derselben sich oftmals zu Drucklegungen bedienten, wie z. B. 1680 Michael Schauffelberger in Zürich für sein „Böhmisches Martyr-Büchlein“. Er war vermählt mit Margarethe Zäsinger, Wittwe des Buchdruckers Johann Schröter, und entsprossen aus dieser Ehe ein Sohn und drei Töchter. Im Jahre 1661 übernahm sein Sohn Johann Jakob I. die Druckerei. Ueber seine Jugend ist nichts bekannt geworden, nur daß er als Factor der Druckerei von Theodor Falkeisen im [5] Jahre 1660 vorstand. Er druckte von 1661–1678 sowol für sich, als auch für andere Buchhändler, z. B. für Johann König in Basel, Jeremiae Witzensal Erben in Basel. Er sowol als auch sein Vater hatten ihr Augenmerk auf möglichst schöne Schrift und kräftiges Papier, welches in jener Zeit vielfach aus Lothringen kam, gerichtet, daher gerne bei ihnen Druckwerke für fremde Rechnung hergestellt wurden. Im Jahre 1677 ließ er sich von einem Herrn v. Andlau verleiten, eine Anzahl katholischer Bücher theils in Basel, theils in dem elsässischen Dorfe Hüsingen zu drucken, und da nun die Stadt Luzern durch Decker’s Thätigkeit ihre eigenen Bürger beeinträchtigt sah, so klagte sie gegen ihn und der Baseler Rath ließ nicht allein bei ihm eine große Anzahl solcher Schriften confisciren, sondern verurtheilte ihn auch zu einer namhaften Geldstrafe. Im Jahre 1680 verlegte Johann Jakob einen Theil seiner Druckerei nach Breisach, wohin ihn zu kommen die französische Regierung unter Zusicherung verschiedener Vortheile eingeladen hatte. Er war zweimal verheirathet: 1664 mit Anna Elisabeth Herscher, mit welcher er einen Sohn Johann Jakob II. und mehrere Töchter zeugte, und 1677 mit Anna Schönauer, welche ihm einen Sohn Johann Heinrich schenkte, welcher in der Folge zu Colmar eine eigene Druckerei begründete. Johann Jakob II. D. (1668–1726) setzte das Geschäft seines Vaters zu Basel auf gemeinsame Rechnung mit seinen Geschwistern bis zum Jahre 1724 fort, wo er sich als Herr einer eigenen Officin einschreiben ließ; ob nun dieses in Folge der Auseinandersetzung mit seinen Angehörigen geschehen, oder in Folge des Erwerbs der Friedrich Ludin’schen Druckerei, die früher Eigenthum der berühmten Henricpetri gewesen, von deren Nachkommen an Jakob Bertsche übergegangen und von D. um diese Zeit angekauft und mit der väterlichen vereinigt sein mußte. Er war verheirathet mit Elisabeth Meyer und da er kinderlos blieb, vermachte er seine Buchdruckerei bei seinem 1726 erfolgten Tode an seines Stiefbruders Johann Heinrich (I.) gleichnamigen zweiten Sohn. Johann Heinrich I. (1679–1741) war am 18. März 1679 geboren zu Neu-Breisach und erlernte ebenfalls die edle Buchdruckerkunst. Der hohe königliche Rath, le Conseil supérieur ou souverain d’Alsace wurde durch eine Cabinetsordre Ludwigs XIV. vom 14. März 1698 nach Colmar verlegt, und da er als nachgeborner Sohn die Druckerei seines Vaters zu Basel nicht übernehmen konnte, faßte er den Entschluß, eine Druckerei in Colmar zu errichten, das heißt er führte mit möglichster Beschleunigung die väterlichen Pressen sammt Schriften nach dem neuen Bestimmungsort hinüber, gewann aber bald die Einsicht, daß zum wirksamen und gedeihlichen Auftreten ein Ergänzen oder vielmehr Erneuern der abgenützten Druckerei gebieterisch an ihn herantrete. Eine Heirath mit Dorothea Wild aus Basel (geboren 1671), welche 1699 geschlossen wurde, brachte ihm die Mittel zu, seinen Plan auszuführen, und so zog denn das junge Ehepaar in die Mauern Colmars, begleitet von einem vielversprechenden Lehrling Namens Jean Grynäus, ein. Im J. 1699 fand sich der hohe Gerichtshof dorten unaufgefordert veranlaßt, den Besitzer dieser neuerrichteten Druckerei zum „Imprimeur royal du Conseil souverain d’Alsace“ mit erblichem Nachfolgerecht zu ernennen. In seiner äußerst glücklichen Ehe wurden ihm zwei Söhne geboren: Johann Ulrich und Johann Heinrich II. Seine Wittwe setzte die Druckerei nach seinem 1741 erfolgten Tode fort, auch wurde der erste Band von Schöpflin’s berühmtem Werke, der Alsatia illustrata noch vor ihrem im December 1754 erfolgten Hinscheiden gedruckt, der zweite Band jedoch erst im Jahre 1761. – Der jüngere Sohn Johann Heinrich II. (170?–1754) kam zu seinem Onkel Johann Jakob nach Basel und übernahm bei dessen im J. 1726 plötzlich erfolgten Tode dessen Geschäft, führte am 1. April desselben Jahres Anna Catharina Respinger (geb. 1706) als Gattin in sein Haus und ließ sich [6] als Raths- und Universitätsbuchdrucker 1728 bei der Baseler Buchdruckergesellschaft eintragen. Aus dieser Ehe erblühten zwölf Kinder, von denen sechs in ihren ersten Jugendjahren starben. Die vier Söhne folgten sämmtlich dem Beispiele ihrer Vorfahren und widmeten sich der Buchdruckerkunst. Bernhard, der erstgeborne, starb im Jahre 1762 in einem Alter von 33 Jahren an der Epilepsie. Der jüngste fand nach einem vielbewegten Leben in der Druckerei seines Bruders zu Berlin das rettende Asyl und endete seine Laufbahn am 7. Mai 1772. Die beiden übrigbleibenden Söhne führten das Geschlecht weiter, der eine in Colmar und der andere in Berlin. Georg Jakob I. (1732–1799) wurde am 12. Februar 1732 in Basel geboren und genoß, nachdem er die Vorkenntnisse auf dem dortigen Gymnasium erworben, eine treffliche Erziehung bei Pfarrer Brauer zu Münster im Gregorienthal, und kam als vierzehnjähriger Knabe bei dem Buchdrucker Hortin zu Bern in die Lehre. Darauf wurde er nach Straßburg, wegen seines bedeutenden Talentes, gesandt und bei der dortigen Akademie immatriculirt; jedoch wurde neben seinen Studien sein eigentlicher Beruf nicht vernachlässigt, sondern er verwendete seine freie Zeit auf Erlangung der Fertigkeiten beim Setzen und sonstiger nothwendiger Kenntnisse in der trefflichen Druckerei Le Roux’s, dann kehrte er, nachdem er anderthalb Jahre zu Straßburg zugebracht hatte, nach Basel zurück, doch duldete es ihn nicht lange in der Heimath und er zog im Jahre 1750 nach Frankfurt a. M., wo er in der damals blühenden Börner’schen Buchdruckerei bis Michaelis arbeitete, ging dann nach Leipzig und da er keine genügende Arbeit gefunden nach Zeitz, wo er bei dem Buchdrucker Hugo ein leidliches Unterkommen fand. Um die Osterzeit 1751 ging er frohen Muthes nach Berlin, wo er von dem Hofbuchdrucker C. F. Henning mit offenen Armen, wegen seiner Kenntnisse der französischen Sprache, aufgenommen wurde und sofort den Satz von einem der anziehendsten Werke Voltaire’s, Le Siècle de Louis XIV. begann, welches damals unter Francheville’s Namen bei Henning gedruckt wurde. Während dieser Zeit lernte er die Tochter des akademischen Buchdruckers Jean Grynäus kennen und verlobte sich mit derselben. Am 8. Januar 1755 feierte er mit seiner einundzwanzigjährigen Braut Dorothea Louise die eheliche Verbindung und übernahm nun die schwiegerelterliche Druckerei. Am 26. October 1763 wurde er zum Hofbuchdrucker ernannt. Seit dem Jahre 1769 fing D. an, Werke für eigene Rechnung in Verlag zu nehmen und legte dadurch den Grund zu einem umfangreichen Buchhandel; unter den damals von ihm verlegten Büchern befinden sich welche von Moehsen, v. Hertzberg, Denina, der Dichterin Karschin, Burmann etc. und mehrere Schriften des großen Monarchen (Friedrich II.) gingen, auf allerhöchsten Befehl, in der Hofbuchdruckerei unter seine Presse. Zum bessern Betriebe seiner Buchhandlung reiste er alljährlich zur Oster- und Michaelismesse nach Leipzig, um dem damaligen Gebrauche gemäß persönlich den Austausch respective Ver- und Einkauf von Verlags- und Sortimentsartikeln zu bewerkstelligen, indem er dadurch seine Verbindungen und Bekanntschaften, sowol im Inlande, als auch im Auslande erweiterte und immer mehr ausdehnte. Nachdem ihm schon der große König viele Gnade und Huld erwiesen, wurde sein Fridericianischer Verlag noch dadurch erweitert, daß dessen Nachfolger, Friedrich Wilhelm II., ihm und dem Buchhändler Voß unterm 22. März 1787 ein Privileg über den Druck und Verlag der theils noch unedirten, theils von ihnen schon herausgegebenen Werke Friedrichs II. und der davon zu veranstaltenden Uebersetzung ertheilte, jedoch mit der ausdrücklichen Bedingung, daß dieselben in einer besonderen zu errichtenden Druckerei, wozu im königlichen Schlosse Räumlichkeiten angewiesen wurden, hergestellt werden müßten. Am 24. September genannten Jahres waren bereits zehn Pressen daselbst für diesen Zweck thätig und am 8. April 1789 war [7] der Druck der 28 Bände der Werke Friedrichs d. Gr. vollendet. Am 17. November 1799 starb Georg Jakob I., der Gründer des heute noch blühenden Geschäftes, nachdem seine Gattin ihm am 23. November 1784 in die Ewigkeit vorausgegangen war.

Georg Jakob II. (1765–1819) wurde am 9. November 1765 in Berlin geboren und erlernte die edle Buchdruckerkunst in seiner väterlichen Officin, dann ging er zu seiner weiteren Ausbildung nach Stettin auf zwei Jahre, wo er im Hause von Hermann Gottfried Essenbart conditionirte, dann im Jahre 1784 in die Fremde um die berühmtesten Buchdruckereien kennen zu lernen und die Bekanntschaft der bedeutendsten Drucker und Schriftgießer zu machen. Er kehrte darauf in seine Geburtsstadt zurück, wo er sich am 25. Juni 1792 mit Caroline Louise Elisabeth Eyssenhardt vermählte. Im J. 1792 übergab er seinem Schwager H. A. Kollmann den gesammten Verlag bis auf die Werke des großen Königs, dessen Leitung er schon seit 1789 ihm anvertraut hatte, indem er sich von nun an nur der Druckerei zuwandte und dadurch jede directe Verbindung mit dem Buchhandel löste. Unterm 18. Febr. 1789 wurde er auf Specialbefehl Friedrich Wilhelms II. zum geheimen Oberhofbuchdrucker ernannt. Am 1. Jan. 1794 errichtete er auf Wunsch der preußischen Regierung die Buchdruckerei in Posen unter der Firma: Südpreußische Hofbuchdruckerei von Decker & Comp. Als Ordner derselben wurde der bekannte Litterarhistoriker und spätere Diplomat Friedrich Schöll bestellt und ihm zugleich die Redaction der „Südpreußischen Zeitung“ übertragen, welcher jedoch schon 1795 wieder zurücktrat und nachher im Baseler Geschäft eine neue Stellung einnahm. Denn dieses Baseler Geschäft wurde neben dem Berliner noch fortwährend beibehalten. So blieb es bis zum Jahre 1792, wo D. jun. seinen Antheil an diesem Eigenthum, sowie sein ganzes Berliner Etablissement dem Sohne Georg Jakob jun. verkaufte. Friedrich Schöll, welcher dem Posener Geschäft vorgestanden hatte, wurde als Theilhaber in das Baseler Geschäft aufgenommen. Aber Schöll verstand es nicht, das Haus auf der Höhe zu halten wo es stand und richtete durch falsche Speculationen das Geschäft bald zu Grunde. Um sich vor weiteren Verlusten zu sichern, verkaufte Georg Jakob II. das Baseler Geschäft unterm 1. Aug. 1802 für die Summe von 200000 Frcs. an Johann Jakob Thurneyssen in Basel.

Am 26. Aug. 1819 starb Georg Jakob nach einer langwierigen Krankheit. Am 31. August desselben Jahres wurde sein letzter Wille eröffnet. Nach demselben mußten seine hiesigen und auswärtigen Buchdruckerei- und Schriftgießereietablissements sammt allen Nebenzweigen in ihrem ganzen Umfange mit allen Fonds in der bis dahin üblich gewesenen Art unter Firma „Decker’sche geheime Ober-Hofbuchdruckerei“ solange für gemeinschaftliche Rechnung sämmtlicher Erben verwaltet werden, bis der dritte Sohn Rudolf die Volljährigkeit erlangt haben würde, welche mit dem Jahre 1828 eintrat. Und so übernahmen die beiden Brüder Karl Gustav und Rudolf Ludwig, nachdem vorher der älteste Bruder Johann Georg Wilhelm in Nizza schon vor jenem Termine gestorben war, die gemeinschaftliche Führung des umfangreichen Geschäfts, und da aber auch am 20. April 1829 Karl Gustav verschied, so ging dies ganze Geschäft in den alleinigen Besitz von Rudolf Ludwig über, welcher es bis zum heutigen Tage noch fortführt und immer mehr zu Blüthe und Ansehen gedeihen läßt.[1]

Zu den hervorragendsten Werken der Decker’schen Officin können vor allen andern gerechnet werden: die „Oeuvres de Frédéric le Grand“ im größten Quartformat in dreißig Bänden mit vielen artistischen Beilagen, auf Befehl König Friedrich Wilhelms IV. in 200 Exemplaren gedruckt und „Das neue Testament. Deutsch von M. Luther nach der Ausgabe von 1545“ bei Gelegenheit der großen Weltindustrie-Ausstellung 1851 in nur achtzig Exemplaren in Oliphant-Folioformat [8] veranstaltet, ohne der vielen anderen herrlichen Druckwerke, welche aus dieser Officin hervorgegangen sind, zu erwähnen.

Vgl. Potthast, Die Abstammung der Familie Decker. Potthast, Buchdruckergeschichte von Berlin (unvollendet) etc.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 7. Z. 7 v. u.: Rud. Decker † 12. Jan. 1877. [Bd. 5, S. 796]


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: anzuehmen