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Artikel „Christian III., Herzog von Schleswig-Holstein und König von Dänemark-Norwegen“ von Georg Waitz in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 4 (1876), S. 184–188, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Christian_III.&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 18:11 Uhr UTC)
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Christian III., Herzog von Schleswig-Holstein und König von Dänemark-Norwegen, derjenige unter den Fürsten des oldenburgischen Hauses, [185] die zugleich in den deutschen Herzogthümern und den nordischen Königreichen die Herrschaft führten, welcher neben seinem Großvater, dem König Christian I. vorzugsweise einen Platz an dieser Stelle beanspruchen kann, während die Nachfolger des Namens, wenn auch zugleich Fürsten des deutschen Reichs, und einzelne, wie Christian IV., nicht ohne bedeutende Einwirkung auf deutsche Verhältnisse, doch ihrer Bildung und politischen Haltung nach so überwiegend Dänemark angehören, daß, mit Ausnahme nur noch Christians VIII. es nicht angemessen erscheinen konnte, sie in eine deutsche Biographie aufzunehmen.

Ch. III. ward am 12. August 1503 geboren, da der Vater Friedrich I. als Herzog in der einen Hälfte Schleswig-Holsteins zu Gottorp bei Schleswig residirte. Seine Mutter war Anna, Tochter des Kurfürsten Johann Cicero von Brandenburg. Er erhielt eine durchauss deutsche Erziehung, eine Zeit lang am brandenburgischen Hofe, besuchte (i. J. 1521) mit dem Kurfürsten Joachim, begleitet von dem angesehenen Johann Rantzau, seinem Hofmeister, den Reichstag zu Worms, wo Luther’s Auftreten auf den jungen Fürsten lebhaften Eindruck machte und ihn für die Reformation gewann, der er unverbrüchlich treu geblieben und eine feste Stütze im Norden geworden ist. Als der Vater nach der Vertreibung Christians II. die dänische Krone empfangen (i. J. 1523), vertrat ihn Ch. als Statthalter in den Herzogthümern, wo er zu Hadersleben zu residiren pflegte, und Deutsche in seiner Umgebung hatte, später deutsche Geistliche anstellte. So blieb er Dänemark fremd; er liebte auch, heißt es, die Dänen nicht. Dagegen gewährte er der schleswig-holsteinischen Ritterschaft bedeutenden Einfluß: mit neuen Privilegien von Friedrich I. nach seiner Wahl zum König ausgestattet, im Besitz der wichtigsten Aemter und zahlreicher, bedeutenden Ertrag gewährender Güter, durch eine Reihe tüchtiger Persönlichkeiten vertreten, nahm sie eine Stellung ein, die den jungen Fürsten fast in den Hintergrund drängte. Ch. hat es wohl empfunden, ohne doch sich dem entziehen zu können: eine gewisse Schüchternheit, Mangel an Vertrauen in sich und dafür Hingebung an die Männer seiner Umgebung, waren ihm eigen. Damit verband er aber strenge, selbst ängstliche Gewissenhaftigkeit. An dem, was er für recht erkannt, hielt er fest. Und indem er ruhig und vorsichtig zu Werke ging, wußte er wohl Nachhaltiges zu erreichen. Die Zeit, wo er zu eigenem Handeln berufen, war von heftigen Stürmen bewegt. Die Reformation, das Emporkommen demokratischer Elemente in den norddeutschen und einigen dänischen Städten, die veränderten Beziehungen zur Hanse, deren Haupt, das benachbarte Lübeck, noch einmal alles aufbot die frühere Macht auf der Ostsee und im skandinavischen Norden aufrecht zu erhalten, gaben Anlaß zu Verwicklungen und Kämpfen, die beim Tode Friedrichs I. (im J. 1533, 10. April) zum Ausbruch kamen. In den Herzogthümern ist die Nachfolge nicht bestritten: Ch. nahm sie, trotz des Wahlrechts, welches die Privilegien den Ständen gewährten, als unzweifelhaftes Recht in Anspruch, als ein Recht, das drei minderjährige Brüder aus einer zweiten Ehe des Vaters mit ihm zugleich hätten; er erhielt auf einem Landtag die gemeinschaftliche Huldigung und bestätigte die Privilegien mit einigen Zusätzen, die sich auf die kirchlichen Verhältnisse bezogen und zunächst noch eine Vermittlung zwischen den sich gegenüberstehenden Anhängern des alten und neuen Glaubens versuchten. Wesentlich anders stellte sich die Sache in Dänemark. Auch hier hielt Ch. wol an dem Anspruch fest, daß seinem Hause die Nachfolge gebühre; doch bestritt er nicht das Recht des dortigen Reichsraths unter den mehreren Söhnen des letzten Königs zu wählen; und er zeigte sich nicht beeifert, diese Krone für sein Haupt zu suchen, da erst eine Partei im Lande, dann auch unter gewissen Bedingungen die Lübecker ihre Hülfe anboten. Dagegen ward damals eine Union zwischen dem Königreich und den Herzogthümern geschlossen, in welcher sie, recht eigentlich als selbständige Staaten, ohne besondere Rücksicht auf die Gemeinsamkeit des [186] Herrschers, sich verbanden, auf ewige Zeiten wie es hieß, Streitigkeiten zu meiden und schiedsrichterlich auszutragen, bei feindlichen Angriffen sich gegenseitig Hülfe zu leisten. Gleichzeitig traten beide in nähere Beziehungen zu den Niederlanden und ihrem Herrn. dem Kaiser Karl V.: gegen eine Pension von jährlich 6000 Gulden verpflichtete sich Ch. diesem auf zehn Jahre zu Dienst, nur mit einem Vorbehalt in Betreff der protestantischen Fürsten, mit denen der Herzog bereits früher in Bündniß stand. Eben das aber war es, was Lübeck auf das schwerste verletzte, da die Stadt seit längerer Zeit in feindlicher Spannung mit den Niederlanden lag, sie von der Ostsee auszuschließen, eine directe Handelsverbindung mit den nordischen Reichen zu hindern suchte. Um das zu erreichen, war mit Lübecks Hülfe Christian II. gestürzt, die skandinavische Union zerrissen; da aber auch das nicht zum Ziele geführt, so suchte jetzt die Stadt, unter der Führung ihres Bürgermeisters Jürgen Wullenwever, der durch eine demokratisch-reformatorische Bewegung ans Regiment gekommen war, sich der Herrschaft über Dänemark oder wenigstens der Verfügung über die dänische Krone zu bemächtigen; man steckte dabei die Fahne eben jenes Christian II. auf, der sich der Reformation zugewandt und Sympathien in den dänischen Städten gewonnen hatte, der aber bei einem Versuch zur Wiedergewinnung der Krone in die Gewalt Friedrichs I. gefallen war und unter Aufsicht des schleswig-holsteinschen Adels auf dem Schlosse Sonderburg gefangen saß. Ein Mitglied des oldenburgischen Hauses, ein entfernter Verwandter wie des unglücklichen Königs so des Herzogs Ch., der Graf Christoph, ward als Führer eines Söldnerheeres gewonnen: nach ihm ist der Krieg, der nun in Holstein begann und bald nach Dänemark verpflanzt ward, die Grafenfehde benannt, ohne daß doch der Graf und andere Parteigänger, welche Lübeck in Bewegung zu setzen wußte, eine selbständige Rolle spielten. In plötzlichem Ueberfall wurden eine Anzahl holsteinscher Städte und Schlösser eingenommen, besonders die adlichen Güter und die Höfe, welche Mitglieder der Ritterschaft in den Städten besaßen, heimgesucht und gebrandschatzt (i. J. 1534, Mai): eben gegen den Adel hegte die in Lübeck herrschende Partei heftigen Groll; sie dachte auch wol noch den Herzog von demselben trennen zu können. Aber dazu am wenigsten war Ch. zu bringen. Die Macht des Landes, welche vornehmlich eben in der Ritterschaft lag, ward aufgeboten; Zuzug kam aus den Landen der benachbarten protestantischen Fürsten, Geld auch von Gustav von Schweden, den Lübeck ebenfalls bedrohte. Jütland und Fünen erklärten sich eben jetzt für die Erhebung Christians III. zum dänischen König und leisteten Beistand. So ward Lübeck, das den Grafen Christoph mit seinem Heer nach Kopenhagen gesandt, bald schwer bedrängt, die Trave gesperrt, die Verbindung mit der See abgeschnitten: die Stadt mußte froh sein, durch den Stockelsdorfer Frieden den Kampf in den Herzogthümern beendigen zu können, so daß nur Sonderburg, wo man noch den gefangenen Christian II. zu befreien dachte, ausgenommen, Ch. III. aber auch gestattet ward, die ganze ihm zu Gebote stehende Macht in Dänemark zu verwenden. Und das geschah mit wachsendem Erfolg. Johann Rantzau siegte am Ochsenberg auf Fünen und unterwarf auch einen Theil der Insel Seeland. Lübeck, wo unter dem Eindruck schon des ersten Mißgeschicks die alte Verfassung hergestellt, Wullenwever der Boden unter den Füßen entzogen, sein Einfluß gebrochen war, bot jetzt die Hand zu einem weiteren Frieden (in Hamburg i. J. 1536), durch den Ch. III. auch als König von Dänemark und Norwegen anerkannt ward; und nicht ohne seine Theilnahme geschah es dann, daß der demokratischer, wiedertäuferischer Ansichten beschuldigte Bürgermeister, der in die Hände des Braunschweiger Herzogs gerathen, hier vor einem unbefugten Gericht harte und in der Weise nicht verschuldete Verurtheilung fand. Die ganze Lage der Sache ist nun verschoben: die Parteigänger Christians II. [187] suchten jetzt Hülfe in den Niederlanden, gegen die das Unternehmen ursprünglich vorzugsweise gerichtet gewesen; Ch. III. kam in ein feindliches Verhältniß zu ihrem Herrn, dem Kaiser, mit dem er sich vor kurzem verbündet hatte. Aber die dänische Krone konnte auch dies ihm nicht mehr streitig machen. Die Städte Ellenbogen (Malmöe) und Kopenhagen, die sich für Christian II. erhoben, unterwarfen sich; die fremden Heerführer erhielten freien Abzug; die Niederlande willigten (im J. 1537) in einen Stillstand, der einige Male erneuert, später (i. J. 1544) zu Speier in einen Frieden mit dem Kaiser verwandelt ward, durch den die früheren Verträge wiederhergestellt und die kriegerischen und politischen Verwicklungen beendigt sind, welche einige Jahre hindurch einen großen Theil Europa’s beschäftigt haben – nicht blos die deutschen Fürsten, vor allem die Mitglieder des schmalkaldischen Bundes, und die Städte der Hanse, die in diesen Jahren eine der wichtigsten Versammlungen hielten, auch die Könige von England und Frankreich waren in die Sache hineingezogen: bot Lübeck dem Kurfürsten von Sachsen die dänische Krone an und trat in nähere Beziehungen zu England, so Ch. III. zu den andern Mitgliedern des schmalkaldischen Bundes, zu Albrecht von Preußen und Franz von Frankreich. Da aber alles sich zum Frieden gewandt, hat auch Christian II. die Hoffnung der Herstellung fahren lassen: er verzichtete auf alle Ansprüche an den Königreichen und den Herzogthümern, übertrug hier ausdrücklich sein Recht auf Ch. III. und seine Brüder. Einige Zeit nachher (i. J. 1549) ward ihm auch die dafür in Aussicht gestellte Freiheit zu Theil, und noch zehn Jahre lebte er auf dem dänischen Schlosse Kallundborg, so daß er selbst den glücklicheren Vetter, seinen zweiten Nachfolger in der Herrschaft, vor sich sterben sah. Diesem waren zuletzt friedliche Jahre vergönnt, die er in ersprießlicher Thätigkeit zu nutzen wußte. Nun ward die Reformation in Dänemark wie in den Herzogthümern durchgeführt, eine Kirchenordnung, die zuerst für das Königreich entworfen, mit geringen Aenderungen auch hier auf dem Landtag zu Rendsburg angenommen, das Schleswiger Bisthum nach dem Tode Gottschalks von Ahlefeld einem Anhänger Luther’s, Tilemann von Hussen, verliehen, unter dem vier Superintendenten die Leitung der kirchlichen Angelegenheiten hatten, während in Holstein das Lübecker Bisthum zunächst unverändert bestehen blieb, ein Propst, der durch die Kirchenordnung für das Herzogthum bestimmt war, später nur in dem Theil des Landes fungirte, welchen Ch. bis zur Theilung mit seinen Brüdern erhielt. Diese Theilung, von ihm schon immer gewünscht, von den Ständen aber hinausgeschoben und ungern gesehen – der einflußreiche Johann Rantzau legte vor Verdruß über dieselbe seine Aemter nieder – kam (im J. 1544), da der jüngste der Brüder Friedrich wegen Aussicht auf ein deutsches geistliches Stift verzichtete, in der Weise zu Stande, daß drei Antheile gebildet, die an je ein angesehenes Schloß in Schleswig geknüpft wurden, aber gleichmäßig schleswigsche und holsteinsche Aemter umfaßten: der jüngste Bruder Adolf, der die erste Wahl hatte, nahm Gottorp, der König, dem die zweite überlassen, Sonderburg: Hauptorte waren hier Flensburg, Segeberg, Itzehoe, Ploen. Der Antheil des dritten Bruders Johann, der in Hadersleben residirte, ist, da dieser kinderlos starb, später zur Theilung unter die beiden anderen Linien gekommen, dagegen aber auch von dem Besitz der königlichen nach Christians III. Tod weiteres zu Gunsten eine jüngeren Sohnes abgezweigt. Doch erhielt dieser keinen Antheil an der gemeinschaftlichen Regierung, die zwischen Ch. und seinen Brüdern und später dem königlichen und gottorp’schen Hause bestehen blieb und die sich vornehmlich auf das Verhältniß zu den Ständen und alles was mit ihnen verhandelt ward bezog. Ch. ließ sich hier durch einen Statthalter aus der Ritterschaft vertreten. Er hat nun als König sich regelmäßig in Dänemark aufgehalten, auch dänischen Anschauungen und Ansprüchen [188] mehr Raum gegeben: die lange in den Hintergrund getretene Lehnshoheit über Schleswig ward wieder geltend gemacht, als aber die Brüder Einwendungen gegen verlangte Lehnsdienste erhoben, die Sache doch nicht weiter verfolgt. Auch die Ansprüche auf Ditmarschen, die sich auf die Belehnung stützten, welche einst Christian I. von Kaiser Friedrich III. empfangen, die aber bis dahin nicht hatten verwirklicht werden können, wurden wol festgehalten, aber von Ch. nichts zu ihrer Durchführung gethan. Er war kein Freund der Gewalt: Kriege, pflegte er zu sagen, hätten meist keine andere Ursache als eine Hand voll Hoffahrt. Ihm genügte was er erreicht. Das angestammte Recht seines Hauses, das evangelische Bekenntniß, das waren die Zielpunkte seines Strebens: sie hat er zur Geltung gebracht, anderes blieb der Zukunft überlassen. Er starb noch in kräftigem Alter, am 1. Januar 1559, zu Kolding, nahe der Grenze der Herzogthümer. Für diese hat seine Regierung eine nicht geringe Bedeutung: die Sicherung ihrer Selbständigkeit, aber zugleich die Fortdauer der Verbindung mit Dänemark, die Bewahrung staatlicher Einheit, aber Theilung unter mehrere Regenten; Durchführung der Reformation und dadurch nähere Verbindung mit dem protestantischen Deutschland in politischer und geistiger Beziehung, aber in der Kirchenverfassung zugleich Anschluß an Dänemark; größere Unabhängigkeit von dem Einfluß der benachbarten Städte, namentlich Lübecks, dagegen weitere Befestigung der Rechte der Stände, insonderheit der Ritterschaft: das sind die Resultate von Christians III. Regiment in Schleswig-Holstein. – Von seiner Gemahlin, der Dorothea von Sachsen-Lauenburg, mit der er sich im Jahre 1526 vermählt, hinterließ er drei Söhne, von denen ihm Friedrich II. in den Königreichen und einem Theil der Herzogthümer folgte, Magnus mit den Bisthümern Oesel und Reval abgefunden ward, Johann, der Jüngere, wie er gewöhnlich genannt wird, einen Theil der Herzogthümer ohne Antheil an der gemeinschaftlichen Regierung empfing, und zwei Töchter. – Die Geschichte Christians III. haben, mit gutem Material, aber etwas zu lobpreisend, von dänischem Standpunkt Krag und Stephanius geschrieben: N. Cragii Annalium libr. 6. 1550; St. J. Stephanii Hist. Danicae lib. 2 1559; Hafniae 1737 fol. (dänische Uebersetzung mit Anmerkungen von Suhm und Gram und urkundlichen Beilagen. 3 Thle. 1776 bis 1779. 4). Manches neue Material ist in den Werken zur Geschichte der Grafenfehde enthalten; vgl. besonders meine Schrift: Jürgen Wullenwever und die europäische Politik. 3 Bände. Berlin 1855 ff.