ADB:Magnus (König von Livland)

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Artikel „Magnus, Herzog von Holstein, Bischof von Oesel und Kurland, Administrator des Stifts Reval, König von Livland“ von Richard Hausmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 66–68, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Magnus_(K%C3%B6nig_von_Livland)&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 18:52 Uhr UTC)
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Magnus, Herzog von Holstein, Bischof von Oesel und Kurland, Administrator des Stifts Reval, König von Livland, geb. 1540, † 1583, zweiter Sohn des Königs Christian III. von Dänemark († 1559). Der Vater hatte ihm Anrechte auf Gebiete in Schleswig-Holstein eingeräumt, um einen Verzicht auf diese Ansprüche[WS 1] zu erlangen, ging der ältere Bruder König Friedrich II., besonders auf Betrieb seiner Mutter Dorothea, die ihren Liebling M. besser versorgen wollte, darauf ein, diesem Besitz in Livland zu verschaffen. An M. war bereits im Bisthum Dorpat gedacht worden, bevor dieses 1558 von den Russen besetzt wurde. Seit Jahren hatte aber auch schon Johann Münchhausen, der eigensüchtige gewissenlose Bischof von Oesel und Kurland, Verhandlungen anzuknüpfen gesucht, seine Stifter unter dänische Oberhoheit zu bringen. Der friedliebende Christian III. hatte diese Anträge zurückgewiesen, der junge Nachfolger Friedrich II. schloß jetzt im September 1559 den Vertrag, laut welchem der Bischof Johann gegen eine Summe Geldes auf sein bischöfliches Amt verzichtete [67] und der König das Recht erhielt einen Nachfolger zu bestellen. Im April 1560 landete der zum Bischof ernannte junge leichtlebige charakterlose M. mit einem Haufen Landsknechte auf Oesel, wo die Domherren sich rasch fügten. In Livland erregte dieser schmähliche Handel den größten Unwillen, zumal nach dem herrschenden Recht Niemand einen Prinzen zum Gebieter ins Land rufen durfte. Die Aufregung steigerte sich, als M. noch weitere Gebiete an sich zu bringen wußte, der Bischof von Reval ihm bald gleichfalls gegen Geld die Administration seines Stifts übergab, ja der Herzog seine Hand sogar auf Ordensgebiete legte. Wol hätte der Ordensmeister Kettler den Eindringling gern wieder aus dem Lande gewiesen, aber er durfte nicht hier einen inneren Krieg entzünden, wo bereits alle seine Kräfte in einem gefährlicheren äußeren nicht zu widerstehen vermochten: die Schaaren des Zaren Iwan des Schrecklichen hausten schon seit zwei Jahren im Lande, die alte livländische Conföderation war ihnen absolut nicht gewachsen, Theile des Landes waren bereits in russische Hände gefallen, das letzte Ordensheer eben vernichtet worden. So sicherte gleich hier beim Eintritt des Königssohnes in Livland der Zar demselben die Herrschaft: im August 1560 mußte Kettler den Herzog als Herrn der Stifter Oesel, Kurland, Reval anerkennen. Das dagegen gegebene Versprechen, gemeinsam mit seinen jetzigen Mitständen dem russischen Landesfeind entgegenzutreten, löste der Prinz aber nicht ein, noch 1560 besandte er allein den Zaren, um ihn für sich zu gewinnen. Bald fehlte es dem jungen Herrn übrigens nicht an Zuzug, der durch die Hoffnung unter dänischem Schutz sicher leben zu können, durch das leichte Treiben am Hofe des Herzogs, durch den Glanz seiner Abkunft angelockt wurde. Aber zu einer wirklichen Macht gelangte M. doch nicht, seine Stellung wie sein Besitz war nichts weniger als sicher. Livland befand sich in voller Auflösung, die großen Nachbarreiche rissen die ihnen nahgelegenen Gebiete an sich: Schweden das nördliche Estland, Polen das südliche Liv- und Kurland, Rußland den Osten, Dorpat Narva. Auf M. ward wenig Rücksicht genommen. Sein bischöfliches Territorium in Kurland hatte Polen dem neuen Herzog von Kurland Kettler zugesprochen, Habsal, die Residenz seines öselschen Bisthums, eroberten 1563 die Schweden. Da M. aus seiner dänischen Heimath nicht hinreichenden Beistand erhielt, suchte er ihn bei den anderen Nachbarmächten: er wünschte die Hand der polnischen Prinzessin Anna zu erwerben und hoffte dadurch Livland und Riga zu gewinnen, aber er ward in Polen abgewiesen; er lenkte seinen Blick auf Reval, das durch einen Handstreich den Schweden entrissen war, aber auch dieser Plan scheiterte. Da that M. den verhängnißvollsten Schritt seines Lebens, er warf sich Moskau in die Arme, folgte den Lockrufen russischer Unterhändler, erschien 1570 in Moskau, wurde vom Zaren glänzend empfangen, erhielt den Titel eines Königs von Livland, Hilfe gegen Schweden, endlich die Hand einer Nichte des Zaren zugesichert. Zum ersten Mal sah er sich an die Spitze eines großen Heeres gestellt, mit welchem er seine und des Zaren Ansprüche gegen Schweden durchsetzen sollte. Aber Reval bestand glänzend eine 30wöchentliche Belagerung, M. mußte schmachvoll abziehen und lebte nun von der Gnade des Zaren in dem ihm angewiesenen Oberpahlen. Immer schwieriger wurde nun seine Lage. Dem Westen hatte er sich um so mehr entfremdet, je mehr er nach Osten neigte. Der Kaiser war erzürnt, daß ein deutscher Prinz sich dem Erbfeind der abendländischen Christenheit angeschlossen, der königliche Bruder in Kopenhagen, dem von Anfang an dieser russische Handel seltsam gefährlich und ein gewagt Ding erschienen war, ließ M. fallen, besetzte dessen Gebiete in Livland, nicht eher wolle er sie zurückgeben, bis das Bündniß mit dem Zaren gelöst sei. An dieses klammerte sich nun der Herzog, als er alles andere verloren sah, wiederholt zog er in den folgenden Jahren mit den russischen Heeren nach Livland, [68] 1573 feierte er in Nowgorod sein Beilager mit der russischen Prinzessin Maria. Aber die dem Herzoge gemachten Zusagen, ihm die Herrschaft in Livland zu verleihen, hielt der Zar mit nichten, nur ein paar kleine Burgen räumte er ihm als Wohnsitz ein, wo M. ärmlich mit seiner Gemahlin Hof hielt, offen erklärte ihm Iwan, er traue ihm nicht, darum gebe er ihm nicht mehr. Als der schreckliche Zar in diesen Jahren alles daran setzte, endlich Herr in Livland zu werden, als er selbst hierher kam und in entsetzlichster Weise alles verwüstete, als es den Russen jetzt wirklich gelang ans westliche Meer zu gelangen, alles bis auf Riga und Reval zu erobern, auch Pernau und Habsal an sich zu bringen, bis auf Oesel vorzudringen, also bis in Gebiete, die einst M. gehört hatten, so wurden dieselben ihm doch nicht übergeben. Jetzt befand er sich nicht mehr im russischen Heer, zog nicht mit, als dieses wieder Reval belagerte, sondern mußte ruhig im russischen Dorpat sitzen. Hatte er einst gehofft durch den Zaren zu Macht zu kommen, so hatte er sich bitter getäuscht, diesem war er nie etwas anderes als der Köder gewesen eine russische Partei in Livland zu gewinnen, vielleicht glaubte man dort russischen Versprechungen über Sicherheit des Besitzes, Bekenntnisses, Rechtes, wenn sie der Mund eines deutschen und protestantischen Prinzen verkündete. Als es nicht geschehen, brauchte man ihn nicht mehr. So zurückgesetzt, suchte M. sich den russischen Schlingen zu entziehen, aber Polen wollte ihn nicht sofort aufnehmen. Noch einmal ist er dann mit Iwan zusammen ins Feld gezogen und gnädig behandelt worden, plötzlich aber wird er eingekerkert, sein Leben schien verspielt, dann aber wird er doch wieder zu Gnaden angenommen. Es war die höchste Zeit sich zu retten, sollte er nicht das Opfer einer der Wuthanfälle des Zaren werden. Jetzt führten neue Verhandlungen mit Polen zum Ziel: 1578 tritt M. mit all seinen Häusern und seinem curischen Gebiet Pilten unter litthauschen Schutz. Hier in Pilten lebte er die letzten Jahre seines Lebens, hier wurde 1581 sein einziges Kind Eudoxia getauft, hier schloß er am 18. März 1583 sein wechselvolles Leben, erst 42 Jahre alt. – Zu einer politischen Rolle mangelte ihm alles: fester Plan, Energie, persönliche Tüchtigkeit. An Entwürfen und Versuchen hat es bei ihm nicht gefehlt, an Erfolgen je länger je mehr. Freilich waren die Verhältnisse überaus schwierige und die ihn in dieselben hineingesetzt tragen mit an der Schuld, daß er so elend gescheitert: ohne hinreichende Macht sollte er sich in einer Zeit wildesten Kampfes aufrecht erhalten inmitten der streitenden Ansprüche dreier großer feindlicher Nachbarn. Es wäre ein hoher Grad politischer Einsicht und diplomatischen Geschickes erforderlich gewesen, hier nicht zerrieben zu werden. – Nur in den Gebieten, die er von Anfang an besessen, hat sein Wirken Folgen hinterlassen: auf Oesel dankt ihm die Stadt Arensburg ihre Gründung, in Kurland bewahrte sich die Landschaft Pilten eine bedeutende Selbständigkeit und ist trotz jahrhundertlanger Bemühungen der kurischen Herzoge nicht unter deren Herrschaft gekommen, eine Thatsache, die namentlich für die Ausbildung des Rechts der piltenschen Landschaft noch bis heute von Bedeutung ist.

Vgl. Busse, Herzog Magnus. 1871. Winkelmann, Bibl. Liv. hist. 1878.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Anprüche