ADB:Brueghel, Pieter (Maler)
vorigen, Maler, geb. zu Brüssel um 1565, lernte zu Antwerpen unter Egidius van Conincxloy und ließ sich 1585 in die Malergilde daselbst als freien Meister einschreiben. Im Jahr 1588 heirathete er Elisabeth Goddelet, von der er zwei Kinder bekam, eine Tochter Maria (geb. 1591) und einen Sohn Pieter (geb. 1589, Meister der Antwerpener St. Lucasgilde im J. 1608, übrigens ein wenig bekannter Künstler). Pieter II. besaß kein hervorragendes Talent, er wandelte in den Bahnen seines Vater, aber mit minderem Geiste, schwererer Farbe, schwächerer Zeichnung und copirte sogar dessen Werke. Ueberhaupt was in den Tagen des alten B. verdienstvoll war, konnte zur Zeit des jungen Pieter nur als ein Zurückbleiben hinter dem Geiste der fortgeschrittenen niederländischen Malerei betrachtet werden. Ein Hauptwerk von unserm B. befindet sich im Antwerpener Museum; es ist bezeichnet P. Brueghel 1607 und stellt die Kreuztragung Christi dar, die in eine ganz niederländische, mit Menschen und Beiwerk überfüllte Scenerie gesetzt [403] ist – von ganz groteskem Eindruck. Dasselbe gilt für die Bilder in München, Augsburg, Wien, Berlin etc. B. starb erst im J. 1637–38 zu Antwerpen. Der Name „Höllenbreughel“, den man diesem Pieter gegeben hat, ist, glaube ich, nur eine Verwechselung: man sah die zahlreichen Höllengeschichten des Alten und machte sich daraus einen eigenen „Höllenbreughel“ zurecht, indem man den Namen „Bauernbreughel“ als besondere Unterscheidung von einem „Höllenbreughel“ auffaßte.– Das ist eine leicht begreifliche Verwechselung, man fand eben die beiden Namen und glaubte sie auf zwei besondere Leute beziehen zu müssen. Die Folge davon war, daß man alle Höllenscenen des Bauern- und des Sammetbrueghel aufs Conto unsers Pieter II. schrieb. Der letztere scheint gar nicht eine so ganz besondere Vorliebe für derartiges Teufelswerk gehabt zu haben; ich wenigstens könnte mit Bestimmtheit ihm kein solches Werk zuschreiben, bezweifle allerdings gar nicht, daß er auch dergleichen geschaffen habe. Wichtig ist auch, daß van Mander ihn nicht als „Höllenbreughel“ bezeichnet. – Interessant ist die Thatsache, daß der große Thier- und Stilllebenmaler Frans Snyders im J. 1593 ins Atelier unsers B. trat. Von dessen Geiste hat Frans freilich nichts aufgenommen, um so mehr aber von dem des Rubens.
Brueghel: Pieter B., der Junge, Sohn desJan B., gleichfalls Maler und Sohn des Bauernbrueghel; geb. zu Brüssel 1568, wurde nach dem Tode seiner Mutter 1578 bei der Großmutter Maria de Bessemers erzogen; er erlernte bei derselben die Malerei in Wasserfarben, Pieter Goetkint brachte ihm sodann die Behandlung der Oelfarben bei. Jan reiste über Köln nach Italien und hielt sich 1593 in Rom auf. Nach seiner Rückkehr ließ er sich 1597 als freien Meister in die St. Lucasgilde zu Antwerpen einschreiben. Den 23. Januar 1599 verehelichte er sich mit Isabella de Jode, und in demselben Jahre trat er in die Gilde der Romanisten. Am 23. Sept. 1601 wurde sein Sohn Jan B. zu Antwerpen getauft (dieser verheirathete sich im J. 1626 mit der Tochter des bekannten Historienmalers A. Janssens; er schlug die künstlerische Bahn des Vaters ein, ist aber wenig bekannt geworden). Das Antwerpener Bürgerrecht erkaufte der Künstler am 4. Oct. 1601. Bald Wittwer geworden, heirathete B. im April 1605 Katharina van Marienburg. Im J. 1602 war er Decan der Gilde, auch wurde er Mitglied der Rhetorikerskammer „de Violierebloem“ und verfertigte dafür nebst H. van Balen, Frans Francken II. und Seb. Vrancx ein Wappenschild, das den ersten Preis bei der Concurrenz von 1618 davon trug. Im J. 1616 befand sich B. in Nürnberg. Neun Jahre später, den 13. Jan. 1625 raffte ihn zu Antwerpen der Tod weg. B. war ein äußerst gewissenhafter Künstler und entwickelte einen großen Fleiß. Er malte zumeist Landschaften, die mit großer Vollendung ausgeführt sind; alle Einzelheiten bis in die Hintergründe hinein zeigen die sorglichste Behandlung. Dadurch werden sie freilich etwas geistlos und hart, und namentlich ist das Blätterwerk der Bäume zu conventionell, nicht minder die hellgrüne Farbe, während die Hintergründe und der Himmel durch das Durchwachsen des Ultramarin ein schreiendes Blau zu zeigen pflegen. Es sind zumeist Ansichten aus der flandrischen Heimath: flache Canalgegenden, Dorfpartien, leichtes Hügelland mit hie und da verstreuten Dörfern, Behausungen und Wäldern, hie und da auch ein Winterbild mit Schlittschuhvergnügen etc., ferner Höllenscenen und Brände (München, Dresden, Wien), worin das verschiedenartige Licht eine Hauptrolle spielt. Selten pflegt eine reichere Staffage, die gleichfalls bunt und etwas hart gemalt ist, zu fehlen. Zumeist ist auch das Format klein und größere Bilder wie Christus, der in einer reichen Landschaft dem Volke vom Schiffe aus predigt, und die Enthaltsamkeit Scipio’s, in einer desgleichen, beide in der Pinakothek zu München, sind zum Glücke selten. B. malte auch hie und da Blumenstücke, die allerdings keine rechte Haltung haben, aber durch die sorgfältige [404] Ausführung; die genaue Zeichnung und das überaus klare, wenn auch bunte Colorit hervorragen. D. Seghers hat sich nach diesen gebildet, es aber zu malerischerer Haltung gebracht. Landschaften und Stillleben finden sich in reicher Anzahl in München und Schleißheim. Uebrigens verband sich B. auch mit andern Künstlern, so mit Hendrik van Balen, J. Rottenhammer, J. de Momper und Rubens, um bald die Staffage, bald die Landschaft oder die Blumen in Werke dieser Meister zu malen. Interessant namentlich sind die von Rubens und B. gemeinsam ausgeführten Bilder, indem der erstere den Feinmaler zu größerer Breite nöthigte. Die beiden Künstler standen überhaupt im freundschaftlichsten Verhältnisse; Rubens schrieb mehrere Jahre lang für den des Italienischen weniger kundigen B., der Aufträge von dem mailändischen Cardinal Federigo Borromeo erhalten hatte, die Briefe, und unterzeichnete sogar manchmal mit Brueghel’s Namen, so daß der letztere den Rubens in zwei Postscripten seinen Secretario nennt. B. hat auch einige Landschaften radirt. Er soll sich gern in Sammet gekleidet und davon den Beinamen des „Sammetbrueghel“ erhalten haben. Merkwürdig ist übrigens, wie sich von Brueghel ausgehend neben der breiten Malerei der Rubensianer in Belgien bis ins 18. Jahrhundert eine Feinmalerei erhalten konnte, freilich sind die Spätern immer mehr geleckt und glatt in der Behandlung, sie werden manierirt, wo B. naiv erscheint, es ist eben bei ihnen ein gesuchter Archaismus.