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Artikel „Boner, Charles“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 47 (1903), S. 98–99, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Boner,_Charles&oldid=- (Version vom 26. November 2024, 18:53 Uhr UTC)
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Boner: Charles B., Dichter und Schriftsteller, geboren am 29. April 1815 zu Bath (Grafschaft Somerset), † am 7. April 1870 zu München, verdient, da seine Thätigkeit hauptsächlich in Deutschland spielte, hier eine rühmliche Erwähnung als Mittler zweier Nationen. Frühzeitig in die Stellung eines Erziehers an den Hof des Fürsten von Thurn und Taxis nach Regensburg gerufen, gewann B. die Achtung und Liebe der Familie im hohen Grade. Sein reicher poetischer Genius brach sich zuerst in Liedern Bahn, welche unter dem bescheidenen Titel „Verses“ (London 1858) erschienen und seinen Ruf als Dichter ehrenvoll begründeten. Ebenso ausgezeichnet waren seine Uebersetzungen, in welchen B. Gedichte von Franz v. Kobell, Hoffmann von Fallersleben, Georg Scheurlin, Bodenstedt u. A. klangreich und in den originalen Metren ins Englische übertrug. Mit derselben Meisterschaft der Sprache übersetzte B. die trefflichen „Naturstudien“ von Hermann Masius und Andersen’s Märchen („Tales from Denmark“, London 1847), letztere erschienen mit Illustrationen von Graf Franz Pocci, welcher auch das „Charles Boner’s Book“ und dessen „Little Tuck“ (London 1848) mit Holzschnittzeichnungen versah. – Mit einem wahren Künstlerauge für die Schönheiten der Natur begabt, fand das Waidwerk an B. einen tapferen Gesellen, welcher ihm nicht nur mit unermüdlicher Ausdauer oblag, sondern dasselbe auch in beredten Formen, in glänzender Prosa und gebundener Rede feierte. Wahre Alpenluft weht aus seinen Werken über die Gemsjagd („Chamois hunting in the Mountains of Bavaria“, London 1853; in 2. Auflage 1860 mit Illustrationen seines geistreichen Schwiegersohnes, des Schlachtenmalers Theodor Horschelt) und den „Forest Creatures“, welche von dem Autor selbst in deutscher Uebertragung als „Thiere des Waldes“ (mit Bildern von Guido Hammer, Leipzig 1862) erschienen. Nachdem B. seine Aufgabe als Erzieher vollendet hatte, übersiedelte er nach München, wo er mit den von König Maximilian II. berufenen Celebritäten, insbesondere mit J. Liebig und Bodenstedt in Fühlung trat und eine äußerst rege litterarische Thätigkeit für das „Athenaeum“ und andere schöngeistige Zeitschriften Englands begann. Nach wiederholten Reisen nach London [99] und Paris ging B. 1863 nach Siebenbürgen, um dieses damals noch wenig erforschte Land „zur Kenntniß der übrigen Erdtheile“ zu bringen. Die Ausbeute seiner Studien legte er in dem umfangreichen Buch „Transylvania“ (London 1865) nieder, welches von dem Autor auch ins Deutsche übersetzt („Land und Leute in Siebenbürgen“, Leipzig 1868, mit vielen Ansichten und Karten), gerechtes Aufsehen erregte. In der Folge nahm B. seinen Aufenthalt für einige Jahre in Wien, wo er mit der ihm eigenen Arbeitskraft sich auf das Gebiet der Publicität warf und als ständiger Correspondent für englische und amerikanische Zeitungen sich abarbeitete, bis der ehedem so stramme Bergsteiger und Alpenjäger, krank und gichtgequält nach München zurückkehrte und am Herd seiner mit Theodor Horschelt verheiratheten Tochter ein glückliches Heim fand. Er schien neu aufzuleben, neue Pläne und Entwürfe dämmerten auf, er hatte noch Stoffes genug vorräthig und angesammelt, um ein halbes Menschenalter vollauf geistig beschäftigt und thätig zu sein; er dachte an eine Sammlung seiner englischen und deutschen Dichtungen und eine Auslese seiner prosaischen Schriften, arbeitete an einer Geschichte des deutschen Handwerkerlebens, trug sich mit einem Buch über deutsches Leben und Wesen, selbst eine Hoffnung zu einer neuen Weltfahrt dämmerte auf: da warf ihn nach kurzer Krankheit der Tod darnieder am 7. April 1870. (Vgl. Nekrolog in Beilage 118 d. Allgem. Zeitung v. 28. April 1870 und Nr. 1410 d. Illustr. Zeitung v. 28. April 1870.)

B. war jeder Zoll ein Gentleman, von bewundernswerther Bereitwilligkeit für seine Freunde, von einer liebefreudigen Theilnahme, die selbst das Unmögliche zu leisten wenigstens versucht hätte; seine Seele ohne Arg und Falsch, das herrliche „Truth“ im vollsten Sinne seine Devise. Sein Stil ist knapp und kurz, von außerordentlicher Schönheit und Kraft des Ausdrucks; seine Sprache hat einen poetischen Schwung und eine plastische Genialität, welche immer erfrischend anmuthet und packt. Nach seinem Tode erschienen „Memoires and Letters of Charles Boner, with Letters of Mary Russell Mitford to him during ten years, edited by R. M. Kettle“ (London 1871, in 2 Bänden).