ADB:Aemilius, Georg (2. Artikel)
[WS 1] wurde zu Wittenberg, wo er seit dem Winter 1532 auf 1533 studirte, von Melanchthon veranlaßt, seinen deutschen Namen Oemler (auch Omler) abzulegen und sich fortan Aemilius zu nennen. So hat er denn auch schon unter dem Namen Georg Aemilius in der A. D. B. I, 127 f. Aufnahme gefunden. Zu dem dort Gesagten mag das Folgende als ein Zusatz betrachtet werden. Sein Vater, Nikolaus Oe. in Mansfeld, ein einfacher Bürger und Bergmann, der jedoch, wie so manche seines Standes in jener Zeit, lateinisch verstand, war mit dieser Namensänderung garnicht einverstanden; wir haben noch den Brief des Sohnes an ihn, in welchem er dieselbe als eine unter Gelehrten übliche Sitte zu rechtfertigen sucht. Als Georg im Januar 1537 in Wittenberg Magister geworden war, suchte Melanchthon, mit dem er besonders befreundet war, ihn zunächst dort festzuhalten; doch war er im J. 1538 auch in Schlesien, wir wissen nicht, zu welchem Zwecke. Am 2. Juni 1540 kam er in Siegen an, um das dortige Rectorat zu übernehmen. Hier übersetzte er die französischen Epigramme des Gilles Corroset zum Holbeinschen Todtentanz ins Lateinische; die erste Ausgabe mit den lateinischen Versen des Aemilius erschien, soweit wir wissen, Lugduni 1542; dann erschienen viele weiteren Ausgaben in rascher Folge. In Siegen scheint er sich bald verheirathet zu haben; im Juli 1543 condolirt Melanchthon ihm und seiner Frau wegen des Verlustes einer Tochter. Nachdem er im J. 1553 (vor dem 8. Juni) die Superintendentur in Stolberg angetreten hatte, ward er am 8. Mai 1554 in Wittenberg Doctor der Theologie. Als Dichter sowohl lateinischer als deutscher geistlicher Lieder hat er sich seinen Zeitgenossen besonders bekannt gemacht; unter seinen deutschen Liedern ist das „Gratias (Danklied nach dem Essen) „Danket dem Herrn, der uns all thut nähren“ in der Sapphischen Strophe wohl am längsten bekannt geblieben. – Was die Verwandtschaft Oemler’s mit Luther anlangt, so wird bald er, bald sein Vater Luthers Schwager genannt. Thatsächlich ist, daß Luther in eine Bibel, die er im J. 1544 dem Nikolaus Oe. schenkte, Widmungsworte schrieb, in welchen er diesen seinen Schwager nennt. Aber ebenso gewiß ist, daß Georg Oemler’s Mutter nicht eine Schwester Luthers war, sondern eine Schwester des Hüttenmeisters Hans Reinicke in Mansfeld († 1538). Höchst unwahrscheinlich ist, wenn auch nicht unmöglich, daß Nikolaus Oe. noch später [352] (nach Juli 1534 und vor der Niederschrift der genannten Widmung) in zweiter Ehe eine Schwester Luthers geheirathet hat; das könnte dann nur entweder die Wittwe von Georg Kaufmann oder die Wittwe von Georg Mackenrodt gewesen sein. Wahrscheinlich ist dagegen, daß Luther in dieser Widmung den Nikolaus Oe. nur auf Grund eines weiteren Verwandtschaftsverhältnisses seinen Schwager nennt, wie er auch Johann Ruhel (sehr oft) und Wilhelm Reiffenstein, die beide sicher nicht Schwestern von ihm geheirathet hatten, ebenso bezeichnet; und dieses weitere Verwandtschaftsverhältniß ist dann nicht unwahrscheinlich so zu denken, daß Luther’s Bruder Jakob eine Schwester von Nikolaus Oe. zur Frau hatte; in diesem Falle würde Luther den Schwager seines Bruders selbst Schwager nennen, eine Bezeichnungsweise, welche in Thüringen noch heute nicht ungewöhnlich ist. – Georg Oemler’s Tochter, Gertrud, war mit dem bekannten Salomon Plathner (Plathener) verheirathet; sein Sohn, Leonhard Oe., war Stadtphysicus in Nordhausen und hernach in Eisleben.
Oemler: Georg Oe.- Ein großer Theil der obigen Angaben ist dem Briefwechsel der Reformatoren in den bekannten Sammlungen entnommen. – Die Bibelinschrift ist abgedruckt in der Zeitschrift des Harzvereins, 1869, 2. Heft, S. 63. Wegen der Verwandtschaft mit Luther vgl. ebenda S. 56 u. 62; ferner: Otto Plathner, die Familie Plathner, Berlin 1866, S. 224. – Ueber Luther’s Geschwister: Luther’s Briefe von de Wette, Band VI (von Seidemann), S. 150 f. – Schwabe, historische Nachricht u. s. f., Weimar 1817, S. 5 – Im Uebrigen sind zu vgl.: Zeitfuchs, Stolbergische Kirchen- und Stadt-Historie, Frankfurt und Leipzig 1717, S. 380 f. – Maßmann, Litteratur der Todtentänze (Abdruck aus dem Serapeum), Leipzig 1840, S. 12 Anm. u. 13 ff. – Foerstemann, liber decanorum, pag. 38. – Wackernagel, Bibliographie, S. 301 f.; – das deutsche Kirchenlied, IV, S. 119 ff. – Koch, Geschichte des Kirchenliedes u. s. f., 3. Aufl., II, S. 487. – Goedeke, Grundriß, 2. Aufl., II, S. 95 u. 191. – Nach Corp. Reff. IV, col 1039, müßte Oe. am Donnerstag, den 10. Januar 1537, Magister geworden sein; aber das ist ein unmögliches Datum; nach dem in Halle (handschriftlich) vorhandenen Magisterbuch von Wittenberg steht fest, daß es im Januar 1537 war. – Vier Briefe Oemler’s an Hartmann Beyer (s. A. D. B. II, 597) befinden sich abschriftlich auf der Hamburger Stadtbibliothek.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Über diese Person existiert in Band 1 ein weiterer Artikel.