William Makepeace Thackeray (Kalisch)

Textdaten
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Autor: Ludwig Kalisch
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Titel: William Makepeace Thackeray
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aus: Die Gartenlaube, Heft 28, S. 470–472
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1878
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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William Makepeace Thackeray.
Von Ludwig Kalisch.

Es war an einem heiteren Sommermorgen 1850, als ich mich, mit einigen freundlichen Zeilen von Philarète Chasles versehen, zu Thackeray, dem berühmten englischen Humoristen und Romandichter, begab. Der Bediente, der mir die in England stets verschlossene Hausthür öffnete, bemerkte, daß sein Herr um diese Stunde Niemand vorließe. Da ich indessen den weiten Weg nicht noch einmal zurücklegen wollte, so übergab ich ihm das Einführungsschreiben. Bald kehrte er zurück und zeigte mir die Thür, die zum Zimmer seines Herrn führte.

Ich öffnete sie, und ein riesiger Mann in einem leinenen Rocke trat mir entgegen und hieß mich mit einem herzlichen Händedruck willkommen. Er hatte eine Radirnadel in der Hand, da er gerade beschäftigt war, die Illustrationen zu den letzten Heften seines Romans „Arthur Pendennis“ zu vollenden. Er reichte mir eine Cigarre und stellte mir einen Stuhl neben den seinigen; während er mit der Nadel arbeitete, unterhielt er sich auf’s Lebhafteste mit mir von tausenderlei Dingen, besonders aber von deutscher Literatur. Ich sah bald, daß er von derselben eine genauere Kenntniß hatte, als man sie gewöhnlich bei einem Ausländer voraussetzen darf, und als ich ihm darüber meine Verwunderung ausdrückte, sagte er mir, daß er in seiner Jugend mehrere Jahre in Deutschland zugebracht, daß er längere Zeit in Weimar gelebt und den Olympier Goethe persönlich gekannt habe. Ich bemerkte in Allem, was er sprach, eine außerordentliche Klarheit, eine besonnene Würdigung der Zeitverhältnisse und eine scharfe, aber richtige Beurtheilung der Menschen. Besonders freute es mich, in seiner Unterhaltung nichts von jenem affectirten Wesen zu entdecken, das so viele Schriftsteller diesseits und jenseits des Canals auszeichnet und deren Umgang so unausstehlich macht. Er sprach wenig oder gar nicht von sich selbst und suchte auch nicht im Geringsten die Gelegenheit, sich zum Gegenstande der Unterhaltung zu machen. Er klagte weder über das Publicum, noch über die Buchhändler; er beschwerte sich weder über die Recensenten, noch über seine Musengenossen, und er zog seinem Gespräche keine Sonntagskleider an, damit es in irgend einem Journale dem Leser wortgetreu überliefert würde. Kurz, Thackeray machte auf mich, der ich schon so viele Jünger Apollo’s in Deutschland und in der Fremde gesehen, einen höchst günstigen Eindruck, und als meine Cigarre ausgeraucht war und ich mich von ihm verabschiedete, wünschte ich recht lebhaft, mit ihm genauer bekannt zu werden.

Dieser Wunsch wurde auf’s Allerbefriedigendste erfüllt. Während meines mehrjährigen Aufenthaltes in London war ich oft, ja zu gewissen Zeiten fast täglich in seinem Hause und im Kreise seiner Familie, sodaß ich Gelegenheit gehabt, ihn genauer kennen zu lernen, als so Viele, die über ihn geschrieben.

Man weiß, daß der Verfasser der „Vanity fair“, auf welches Werk wir sogleich zurückkommen werden, seine trüben, seine kummervollen Tage hatte, daß gar manches traurige Jahr verging, bis es ihm gelang, seinem Talente die gebührende Geltung zu erkämpfen. Der Weg zum Ruhme ist viel dornenvoller, als die unberühmten Leute glauben. Man muß außer dem angeborenen Talente einen eisernen Willen, eine eiserne Kraft besitzen, um nicht auf halbem Wege zu erliegen. Thackeray ist 1811 in Calcutta geboren, wo sein Vater Beamter der ostindischen Compagnie war, und kam noch jung genug mit seinen Eltern nach London, um in voller Frische wissenschaftliche und Kunststudien treiben zu können. Nachdem sein Vater jedoch sein nicht unbeträchtliches Vermögen in falschen Speculationen verloren hatte, sah sich der junge Mann in die peinlichste Lage versetzt, und er hatte Zeiten, wo er mit seiner Familie darben mußte. Er floh in die Literatur; seine ersten Leistungen erwarben sich jedoch nur Geltung in engeren Kreisen. Vielen war seine Satire unverständlich; Anderen erschien sie gehässig, und so sah sich Thackeray als Autor vieler Schriften mehr recensirt als gelesen, und mehr gelesen als verstanden. Seine „Irländischen Skizzen“ sowie seine „Reise von Cornhill nach Kahira“, die er unter dem Namen Michael[WS 1] Angelo Titmarsh herausgab und als gewandter Zeichner selbst illustrirte, erwarben sich einige Gunst, aber sie versprachen nichts weniger als eine glänzende literarische Laufbahn. Eines bedeutenden Erfolges erfreute sich jedoch sein „Buch [471] der Snobs“, eine Satire, die der Punch veröffentlichte und die sowohl wegen des Stoffes als auch wegen der geistreichen Behandlung einen sehr ausgedehnten Leserkreis gewann.

Was aber ist ein Snob? wird der Leser fragen.

Ein Snob ist ein Philister. Man kann dieses Wort nicht einfacher und erschöpfender übersetzen. Was das Philisterthum in Deutschland, das ist der Snobismus in England. Der englische Philister unterscheidet sich zwar von dem deutschen Philister, wie sich überhaupt John Bull von unserem Michel unterscheidet; im Ganzen aber gleicht er diesem darin, daß ihm für alles Edle und Erhabene der Sinn fehlt, daß er sich nur in der Plattheit behaglich fühlt und sich gern denen anschließt, die so platt sind wie er selbst.

In der erwähnten Schrift lieferte Thackeray eine Naturgeschichte der verschiedenen Arten und Gattungen der Snobs. Er ist der Cuvier des Snob-Reichs, und seine Satire hat nicht wenig zur Verbreitung des „Punch“ beigetragen.

Thackeray arbeitete auch viel an „Frazer’s Magazine“ und lieferte für dasselbe z. B. eine sehr geistreiche satirische Skizze „Unsere Weiber“. Indessen diese und ähnliche Arbeiten erwarben ihm wohl Anerkennung, jedoch keinen allgemeinen Ruf. Man hielt ihn für einen geistvollen Literaten, der eine spitze Feder führte, aber für keinen Schriftsteller, der berufen wäre, in der englischen Literatur eine bleibende Stelle einzunehmen. Da trat er unerwartet mit dem ersten langathmigen Werke, mit dem Romane „Vanity fair“ auf, und seine Stellung als Schriftsteller ersten Ranges war gesichert. Dieser bereits genannte „Roman ohne einen Helden“ ist ein wahrhaftiger Spiegel von vielerlei Eitelkeiten. Er schildert in demselben „das bewegte Leben nach allen Seiten, die Heuchelei und Lächerlichkeit, die sich unter prächtigen Masken breit machen“ und führt namentlich den englischen Leser gleichsam in „einen Saal, von dessen Wänden ihn die Portraits all der Thoren anlachen, mit denen er während seiner Lebenszeit zusammengetroffen“.

Als ich eines Tages bei Thackeray war und er in seinen Papieren herumstöberte, fiel ihm eine Abschrift seines besten Romans in die Hände. Er zeigte mir dieselbe nicht ohne sichtbare Rührung und mit der Bemerkung, daß es ihm unendlich viel Mühe gekostet, für das Lieblingskind seiner Muse einen Abnehmer zu finden. Er liebte es überhaupt, in vertrauten Augenblicken von diesem Buche zu sprechen, das seinen düsteren Lebensverhältnissen eine solche günstige Wendung gegeben. Als ich an einem Winterabende mit ihm und einem irländischen Romanschriftsteller in einem kleinen, aber sehr gemüthlichen Zimmer des „Swan-Hôtel“ saß, zeigte er mir das Ecktischchen, an welchem er die Vorrede zu „Vanity fair“ geschrieben.

Sogleich nach dem Erscheinen dieses Romans wurde Thackeray der Held des Tages. „Vanity fair“ ward in allen Häusern gelesen, und der Autor war der Gegenstand der Unterhaltung in gebildeten und halbgebildeten, in aristokratischen und in aristokratischthuenden Kreisen. Noch ein anderer, höchst sonderbarer Umstand kam hinzu, seiner Persönlichkeit ein seltenes Interesse zu verleihen. Die Verfasserin des schönen Romans „Jane Eyre“, die pseudonyme Currer Bell (Miß Bronte), sprach in einer Vorrede ihre Bewunderung für das Talent Thackeray’s aus und stellte ihn über die englischen Humoristen des 18. Jahrhunderts. Das Publicum, das so oft den Autor mit dessen Helden verwechselt, glaubte nun, daß die Verfasserin der „Jane Eyre“ in diesem Roman ihr eigenes Leben geschildert und daß der Held dieses Romans, Rochester, kein Anderer wäre, als William Makepeace Thackeray. Das vermuthungssüchtige Publicum hatte für diese Vermuthung mehrere Gründe. Rochester, der Held des Romans „Jane Eyre“, schien nicht nur der Schilderung der äußeren Erscheinung nach ein Portrait Thackeray’s zu sein, sondern der Umstand, daß dessen Gattin seit Jahren an einer unheilbaren Geisteskrankheit litt, gab dieser Vermuthung einen noch weiteren Spielraum, und so machte man in den Londoner Salons einen Roman, in welchem ein Romanschriftsteller und eine Romanschriftstellerin die Hauptpersonen bildeten. Man behauptete sogar, daß Jane Eyre im Hause Thackeray’s lebe, und als ich mich einst in einer Gesellschaft befand, in der man wußte, daß ich Thackeray oft sehe, ward ich von allen Seiten mit der Frage bestürmt, ob ich nicht die Gouvernante seiner zwei Töchter kennte, die keine Andere wäre, als Currer Bell. Ich wußte recht gut, daß Miß Bronte damals in Yorkshire wohnte, und zwar als Jungfrau, die fast vier Dutzend Jahre hinter sich hatte und also älter war als Thackeray. Ich erfuhr von diesem, daß ihm der hinter seinem Rücken auf seine Kosten entworfene Roman nicht unbekannt war, ja, daß ihm einst einer seiner liebenswürdigen Landsleute geradezu mit der höchst naiven Frage zu Leibe rückte, was denn eigentlich an der Sache wäre? Thackeray, der ein Mann von Geist war und einen guten Spaß liebte, that sehr geheimnißvoll und mystificirte seinen zudringlichen Landsmann auf die komischste Weise.

Man hat Thackeray oft mit Dickens verglichen. Seine Freunde haben ihn hoch über diesen, seine Gegner mehr oder minder tief unter ihn gestellt. Freunde und Gegner sind in einem großen Irrthume befangen. Obgleich beide Schriftsteller die englische Gesellschaft zum Hauptthema ihrer Werke machen, sind doch diese himmelweit von einander verschieden. Dickens berührt nicht gern die höheren Schichten der Gesellschaft; Thackeray vermeidet in seinen Romanen absichtlich, die unteren Volksclassen zu berühren. Thackeray geißelt die höheren und mittleren Stände; Dickens schildert mit Vorliebe die niederen Volksclassen. Thackeray deckt nur die Thorheiten und Schwächen gewisser Stände auf, die Muse Dickens’ aber steigt selbst bis in den Abgrund der furchtbarsten Verbrechen hinab. Thackeray hat keine reiche Phantasie. Er schafft wenig Typen. Sein scharfer analytischer Verstand aber zersetzt jeden Charakter und zeigt uns die logische Nothwendigkeit in dessen Handlungen. In der Charakterschilderung ist Thackeray ein großer Meister. Dickens’ schöpferische Einbildungskraft führt uns eine Menge Personen vor und läßt sie in mannigfache Conflicte, in die unerwartetsten Situationen gerathen; diese Conflicte sind jedoch häufig zu gewaltsam herbeigeführt; diese Situationen sind selten motivirt. Dickens’ schwächste Seite ist die consequente Durchführung eines Charakters. Man verzeiht ihm indessen diese Fehler, sowie man ihm seine häufigen Sünden gegen den guten Geschmack und seine unkünstlerische Effecthascherei verzeiht, und zwar wegen des Adels seiner Gesinnung und der ihm eigenthümlichen, sich niemals verleugnenden Gefühlswärme.

Dickens sitzt fest im Herzen seines Volkes. Er war auch persönlich sehr beliebt, und zu denen, die ihn am aufrichtigsten liebten, gehörte Thackeray, der keinen Handwerksneid kannte und auch von keiner Literaten-Eitelkeit besessen war. Die Siege eines Andern raubten ihm nicht den Schlaf, und seine eigenen Siege verblendeten ihn durchaus nicht über sich selbst. Man konnte die allerstrengste Gerechtigkeit gegen ihn üben, ohne sich seinem Groll auszusetzen. Thackeray hatte eine derbe Haut. Er gehörte nicht zu jenen Schriftstellern, die Ach und Zeter schreien, wenn sie von irgend einem literarischen Floh gestochen werden. Er wußte auch recht gut, daß er niemals die Popularität Dickens’ erlangen, daß er niemals in die unteren Volksschichten dringen würde. Beide Schriftsteller waren während kurzer Zeit etwas über den Fuß gespannt, schlossen sich aber bald um so inniger an einander an, und ihre Freundschaft ging auf ihre Kinder über.

Thackeray hatte viel Verstand, er war aber kein bloßer Verstandesmensch. Er räumte dem Verstande keine tyrannische Gewalt über sein Herz ein; ja, er war sogar einer der gefühlvollsten Menschen, die man sich denken kann. Als ich ihm nach der Lectüre des „Pendennis“ bemerkte, daß mir die Mutter dieses Romanhelden der gelungenste und sympathischste Charakter schiene, deutete er tief gerührt auf das Portrait seiner Mutter, das in seinem Arbeitszimmer hing, und rief: „Das ist die Mutter des Pendennis!“ Man weiß, welche Rolle dem Muttergefühl in „Vanity fair“ zugetheilt ist. Das Bild seiner Mutter schwebte beständig vor seiner Phantasie.

Kurze Zeit bevor ich die Bekanntschaft Thackeray’s machte, wurde Gorehouse, die prächtige Residenz der Lady Blessington, mit dem kostbaren Inhalt von Möbeln, Büchern und Kunstgegenständen versteigert. Die Besitzerin hatte sich genöthigt gesehen, vor ihren Gläubigern nach Frankreich zu fliehen, und in den prunkenden Gemächern, wo die berühmtesten und geistvollsten Männer Europas sich so oft versammelt, drängten sich Krämer aller Confessionen, jeden Gegenstand betrachtend und taxirend. Aber auch viele Neugierige, die das Haus in seiner Pracht und Herrlichkeit gekannt, kamen herbei, um an dem Contraste sich zu [472] weiden. Alle Säle waren gedrängt voll, aber unter der bunten Menge war nur ein Einziger, der, von dem Wechsel menschlicher Dinge heftig ergriffen, sich eine Thräne aus dem Auge wischte: und dieser Mann war William Makepeace Thackeray.

Ein anderes Beispiel von der Wärme seines Herzens!

Eines Tages, als ich bei ihm vorsprach, rief er mir entgegen: „Wie freut es mich, daß Sie kommen! Sie können mich vielleicht aus einer großen Verlegenheit reißen.“ Und als ich ihn fragte, um was es sich handelte, sagte er, daß ein deutscher Künstler seine Dienstfertigkeit in Anspruch genommen. „Er hat mir bereits zweimal geschrieben,“ fuhr er fort, „aber immer das Hauptsächlichste vergessen: seine Adresse. Die Unbeholfenheit dieses Mannes erregt meine lebhafteste Theilnahme. Ich möchte ihm gern dienen und in ihm den Verdacht nicht aufkommen lassen, daß ich seine Briefe gleichgültig in den Papierkorb geworfen.“ Er bat mich sodann, nichts unversucht zu lassen, um etwas Näheres über meinen Landsmann zu erfahren. Dies gelang mir jedoch trotz aller meiner Bemühungen nicht, worüber Thackeray ganz trostlos war.

Ich sah ihn, nachdem ich London verlassen, oft in Paris, wo seine Mutter wohnte, eine edle ehrwürdige Matrone, in deren Antlitz die Spuren früherer Schönheit noch deutlich zu sehen waren. Bei ihr lebten, während Thackeray’s Reisen in den Vereinigten Staaten, seine zwei Töchter. Ich glaube, es war im Spätsommer 1861, als ich ihn zum letzten Male sah. Ich begegnete ihm auf den Boulevards und fand ihn aufgeregt. Er sagte mir, daß er soeben seiner älteren Tochter das letzte Capitel der „Newcomes“ dictirt habe. Er lud mich ein, mit ihm eine Spazierfahrt nach dem Bois de Boulogne zu machen, und klagte mir auf dem Wege, daß seine Gesundheit zerrüttet, daß alle seine Illusionen dahingeschwunden und daß er froh sei, durch die Früchte seiner Arbeit die Zukunft seiner Kinder gesichert zu wissen. Die häufigen Reisen nach Paris fingen an, ihn zu ermüden; er überredete deshalb seine von ihm wahrhaft angebetete Mutter nach London überzusiedeln und in seinem Hause den Abend ihres Lebens zu verbringen. Das Glück, in seiner Nähe zu leben, währte nur kurze Zeit. Am 24. December 1863 ward ihr der Sohn, in dessen Ruhm sie sich verjüngte, plötzlich durch den Tod entrissen. Dieser Verlust brach ihr das Herz, und sie folgte ihm bald in’s Grab.

Thackeray war von athletischem Körperbau. Auf seinen breiten Schultern saß ein gewaltiger Kopf, der von Energie und Festigkeit des Willens zeigte. Er hatte bereits schneeweißes Haar, als er kaum das Jünglingsalter überschritten, was ihn viel älter erscheinen ließ, als er war. Sein Gesicht war voll und derb und wäre vielleicht schön zu nennen gewesen, hätte sich nicht die Nase auf Kosten desselben so sehr breit gemacht. Was indessen das Gesicht dadurch an Adel verlor, gewann es an Originalität. Wenn sich Thackeray’s Züge im Gespräch belebten, hatten sie sogar einen ganz eigenthümlichen Zauber.

Im Umgang war Thackeray schlicht, wohlwollend und ohne die allergeringste Prätension. Er zeigte sich oft kaustisch, doch ohne jemals zu verletzen. Obgleich Engländer durch und durch, war er doch frei von den Vorurtheilen, die, wenigstens noch vor drei Decennien, in seinem Vaterlande gegen alles Nichtenglische herrschten. Thackeray war ein Gentleman, und zwar in der umfassendsten, vor allein in der schönsten Bedeutung des Wortes.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Michel