Vorbereitungen zu einem Himmelsfeste

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Autor: unbekannt
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Titel: Vorbereitungen zu einem Himmelsfeste
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aus: Die Gartenlaube, Heft 45, S. 720
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1864
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[720] Vorbereitungen zu einem Himmelsfeste. Wie die wissenschaftlichen Engländer eine große, kostspielige und kostbare Expedition zu Wasser und zu Lande machten, um die totale Sonnenfinsterniß vor sechs Jahren von dem günstigsten Punkte (in Spanien) aus zu beobachten und das offene, nach allen Seiten strahlende, bis jetzt unenthüllte Geheimniß des Sonnenlichtes zu erforschen, rüsten sie sich jetzt schon wieder zu einem der seltensten astronomischen Ormuzd- oder Sonnenfeste. Diese Festlichkeit wird erst in achtzehn Jahren am 6. December auf der Sonnenscheibe stattfinden. An diesem 6. December des Jahres 1882 wird nämlich die erste planetarische Nachbarin der Sonne, der göttliche Morgen- und Abendstern Venus, zur Sonne auf Besuch kommen, so daß sie die bewaffneten Augen der Himmelsforscher von gewissen Breitengraden der Erde aus über die Sonnenscheibe hinweggehen sehen können.

Der Präsident der astronomischen Gesellschaft in London, Professor Airy, der, wie die Gartenlaube bereits früher mittheilte, das Gewicht der Erde ermittelte, hat nun schon vor einigen Wochen seine Collegen und ganz England aufgefordert, Vorbereitungen zur Feier und Benutzung dieses seltenen, wichtigen Himmelsfestes zu treffen. Es sei durchaus nicht zu früh, meint er, da bei der Wichtigkeit dieses Ereignisses alle astronomischen Kenntnisse und Hülfsmittel, alle Genialität und Weisheit, die Ermittelung der geeignetsten Beobachtungsplätze und deren Ausrüstung nöthig sein würden, um mit einiger Wahrscheinlichkeit auf einen genauen Erfolg rechnen zu können. Dieser Erfolg, auf den man rechnet, bezieht sich auf die dann eintretende Möglichkeit, endlich die Entfernung zwischen Sonne und Erde genau zu messen. Dies weiß man nämlich jetzt in Folge wissenschaftlicherer Beobachtungen nicht mehr genau, obwohl das Maß dieser Entfernung Jahr aus Jahr ein in allen Schulen gelehrt und auswendig gelernt wird.

Das Mittel dieser bestimmteren Messung ist durch das Licht gegeben, dessen Geschwindigkeit man genau kennt. Da man nun auch jetzt schon auf’s Haar weiß, wo und in welcher Secunde Venus über die Sonnenscheibe zu wandern beginnt, genau weiß und schon in Zeichnungen anschaulich gemacht hat, welchen Weg sie über die Sonnenscheibe machen und wo und in welchem Augenblicke sie den äußersten Rand der Sonne verlassen wird, so hat man in Beobachtung des Schattens etc. und mit Berechnung der Zeit, die zwischen dem wirklichen und scheinbaren Ein- und Austritt verfließt, das Mittel, die Entfernung zwischen Sonne und Erde astronomisch genau zu erkunden. Da diese Entfernung gewissermaßen die astronomische Himmelselle für alle andern Entfernungen ausmacht, wird man ohne weitere Kenntnisse wenigstens ahnen, wie wichtig die genaue Ermittelung dieses Ellenmaßes sein muß.

Warum aber achtzehn lange Jahre vorher rüsten und vorbereiten?

Dies ergiebt sich aus dem Umstande, daß die besten Beobachtungsgegenden unter dem 65. Grade südlicher Breite, also unter dem Polarkreise des südlichen Eismeers, liegen werden. Professor Airy trägt also darauf an, daß zunächst eine große See-Expedition ausgerüstet werde, welche untersuchen soll, ob sich der 65. Grad und wo er sich am besten erreichen lasse, ob dort fester Boden für Beobachtungsstationen aufzufinden sei etc. Da diese Forschungen ungünstig ausfallen könnten, müsse diese oder eine andere Expedition in jenen eisigen Gegenden andere geeignete Beobachtungsstationen zu ermitteln suchen. Das erfordere viel Geld, Zeit, Mühe, Wissenschaft und Opfer, und deshalb sei es durchaus nicht zu früh, schon jetzt anzufangen.

Für uns, die wir keine Astronomen sind, hat diese weit voraussehende kühne Wissenschaftlichkeit kein besonders warmes Interesse; aber es ist schön und einen Culturstaates würdig, wie dies England vor allen andern ganz besonders häufig und mit reichen Mitteln gethan hat und noch thut, den Männern der Wissenschaft Schiffe und Geld und sonstige Staatshülfe für ihre Zwecke zur Verfügung zu stellen. Leider denken die Lenker unserer deutschen Staaten von der Wissenschaft minder hoch.