Von den Raubzügen der Sumpfschildkröte

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Titel: Von den Raubzügen der Sumpfschildkröte
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 44, S. 732
Herausgeber: Ernst Ziel
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1884
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Ernährungsweise der Europäischen Sumpfschildkröte
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[732] Von den Raubzügen der Sumpfschildkröte. (Mit Abbildung.) Unsere heimische Schildkröte, die einzige ihrer Art in Deutschland, ist ein ausgesprochener Liebling der Aquarien- und Terrarienbesitzer und gilt im Allgemeinen als ein ruhiges, geduldiges und sanftmüthiges Geschöpf. So meinen wenigstens Leute, die eine Schildkröte gezähmt haben, daß sie auf den Ruf „Hans“ oder „Ilse“ auf dem Futterplatz erscheint und ohne Scheu die ihr dargebotene Nahrung aus der Hand frißt. Die Naturforscher jedoch, welche die Sumpfschildkröte in Terrarien, die der Natur nachgebildet sind und den Thieren größeren Spielraum gewähren, beobachtet haben, berichten über andere Charakterzüge des anscheinend trägen Geschöpfes. Demnach ist die Schildkröte ein ausgesprochenes Raubthier und wagt sich nicht allein an Regenwürmer und Schnecken, sondern auch an Fische und Frösche heran. So beobachtete Marcgrave an gefangenen Schildkröten, daß sie arglos an ihnen vorbeischwimmenden Fischen Bisse in den Unterleib versetzen, die ermüdeten Opfer in’s Wasser ziehen und sie bis auf die Gräten verzehren. Oft wird dabei die Schwimmblase des Fisches abgebissen, sodaß sie in die Höhe steigt. Findet man daher derartige frei umherschwimmende Blasen auf der Oberfläche des Teiches, so kann man mit ziemlicher Sicherheit annehmen, daß in dem Wasser Schildkröten vorhanden sind. – Die Jagd der Schildkröte auf Frösche schildert uns Adolf Franke in seinem interessanten Buche „Die Reptilien und Amphibien Deutschlands“ (Leipzig, Veit und Comp.). Er hatte oft Gelegenheit, in seinem mustergültigen Terrarium (vergl. „Zwanglose Blätter“ „Gartenlaube“ 1883 Nr. 5) zu beobachten, wie ein Frosch, der auf Beute lauernd auf dem Wasser ausgestreckt lag, plötzlich an einem Hinterbeine von einer Schildkröte gepackt und trotz aller Befreiungsversuche verzehrt wurde. Es ist ein Bild seltener Grausamkeit, das sich dabei den Augen des Beobachters bietet, da die Schildkröten mit ihren Krallen das Fleisch stückweise von dem Körper ihres Opfers loslösen.

Die Sumpfschildkröte auf der Jagd.
Originalzeichnung von Emil Schmidt.

Die Liebhaber, welche Schildkröten im Hause halten, möchten wir bei dieser Gelegenheit auf den Umstand aufmerksam machen, daß unsere Sumpfschildkröte nur unter Wasser schlucken kann und darum auch jede auf dem Lande erhaschte Beute in’s Wasser trägt. Man füttert sie darum in der Gefangenschaft am besten, indem man einige Regenwürmer oder Stücke von Fischfleisch in eine Schüssel mit Wasser thut, in das auch die Schildkröte hineingesetzt wird.