Boshafte Entgegnung
[732] Boshafte Entgegnung. Die berühmte Tänzerin Cerrito war ebenso flink mit der Zunge wie mit den Beinen. Im Jahre 1848 wurde sie, um im Programm der gelegentlich der Krönung König Maximilian’s II. von Bayern veranstalteten Festlichkeiten mitzuwirken, nach München berufen und trat daselbst im Ballet „La fille de marbre“ auf. Dasselbe schließt mit einer großen Zerstörungsscene, einer Feuersbrunst und einem Einsturz. Unglücklicher Weise versagte die Versenkung, welche die Tänzerin den Gräueln der Verwüstung entrücken sollte, den Dienst, und so mußte Fräulein Cerrito, bis der Vorhang fiel, in den Flammen und stürzenden Trümmern ausharren. Sie ward dabei auch in der That von einer herabfallenden Decoration an der Schulter verwundet und dadurch genöthigt, einige Tage das Bett zu hüten. Die Künstlerin beklagte sich mit Recht über diese grenzenlose Nachlässigkeit und forderte Schmerzensgelder. Der Intendant, dem man großen Ehrgeiz und lebhafte Sehnsucht nach einem hohen Orden nachsagte, meinte dagegen, daß der Unfall doch nicht so bedeutend gewesen sei, um davon so viel Aufhebens zu machen. „Nicht so bedeutend?“ rief die Cerrito erzürnt. „Nicht so bedeutend, wenn eine Decoration auf mich fällt? Sie haben doch wahrlich schlaflose Nächte genug wegen einer Decoration, die Ihnen nicht zufallen will.“ L. M.