Tractate für die Seelsorge (Wilhelm Löhe)/Auf was sollen die Eltern und Pathen bei der Taufe ihrer Kinder wohl achten
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Timotheus. Eine Ermahnung an Eltern und Kinder » | |||
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Auf was sollen Eltern und Pathen bei der Taufe ihrer Kinder wohl achten?
Wenn dir ein Kind geboren ist, so überlege, wenn es nicht schon vorher geschehen ist, vor allen Dingen, welche Gevattern du gewinnen sollst. Ist es dir klar und gewiß, bei weßen Thüre du anklopfen sollst, so thue, was nun geschehen muß, unverweilt, damit dein Kind zur Taufe komme. Bist du dir aber nicht klar, ob du eine Person, die du im Sinne hast, zu Gevatter gewinnen kannst, oder nicht; so mache dich auf und besprich dich mit deinem Seelsorger, welcher dir sagen wird, was du thun sollst. Du bist ohnehin schuldig, die Anzeige von der Geburt deines Kindes bei deinem Pfarrer schnell zu machen, weil derselbe nicht blos Tauf-, sondern auch Geburtsregister führt, und Fälle vorkommen können, in denen er die Geburt eines Kindes wißen muß, auch wenn die Taufe noch nicht festgesetzt werden kann. Gehst du also zu deinem Pfarrer, wie du sollst, um die Geburt anzuzeigen, so hast du auch reichliche Gelegenheit, dir deine Bedenken wegen der Pathenwahl lösen zu laßen.
Siehe, lieber Bruder, den Hebammen und Frauen auf die Hände, wenn dein Kind zur Taufe bereitet wird, denn sie treiben gern Aberglauben mit dem Eingebinde u. dgl. Laß nicht zu, daß zum herrlichen Gang in die Taufkirche auch der Wahn und Aberglaube sich als Gast einfinde. Der Herr und seine heiligen Engel sind deinem Kinde gut genug und stark genug für seinen ersten, heiligen Gang und für das ganze Leben.
Auf dem Weg zur Taufe vergiß nicht, daß du zu Gott und seinem Christus gehst: zerstreue dich nicht, schwatze nicht unterweges, wehre auch den Weibern und der ganzen Taufbegleitung das eitle Geschwätz, und bitte alle, daß sie feiernd und still zur Kirche gehen, oder nur göttliches reden und für dein Kind beten. Halte dich auch selbst in gleicher Weise.
Nach geschehener Taufe trägt der Pfarrer dieselbe in das Taufbuch ein, d. i. in das Register derjenigen, die Christo durch die Taufe angehören. Er schreibt ein die Namen des Kindes und seiner Eltern, den Geburtstag, den Tauftag und die Pathen. Kein Buch, das von Menschen geführt wird, ist wichtiger, als das Taufregister. Es gibt, wenn auch die Pathen sammt den Eltern unter der Erde liegen, jedem Täufling die sicherste Bürgschaft seiner Taufe, und damit seiner Wiedergeburt und Zugehörigkeit zu Christo. Die Aussage der Pathen über die Taufe des Kindes und deren richtige Vollziehung hat ihren besonderen Werth nebenher, soll auch nicht unterlaßen werden, dennoch aber ist der Eintrag im Taufbuche sicherer. Wollte ein Pathe oder der Vater seinen Kinde ein Eingebinde von bleibendem Werthe am Tauftag verehren, so könnte er ihm nichts schöneres geben, als einen amtlichen Taufschein und dazu ein persönliches, schriftlich beigefügtes Zeugnis, daß die Taufe mit Waßer im Namen des dreieinigen Gottes geschehen sei. Dem letzteren könnten auch alle Bemerkungen über Ort und Zeit und Weise der Taufe beigesetzt sein, weil dies alles für den Täufling später wichtig oder doch interessant sein kann. Diese beiden Zeugnisse des Pfarrers, so wie des Vaters oder Pathen, der Augenzeuge war, etwa vervollständigt durch einen schönen Abdruck der liturgischen Form, welche bei der Taufe gebraucht wurde, zusammengelegt, und in schmucker Hülle wären das empfehlenswertheste Pathengeschenk, welches man geben kann, und dennoch wohlfeil.
|Nach diesem allem dürfte man wohl die nachfolgenden Bemerkungen nicht für unnütz finden:
- a. In manchen Gegenden wird bei der Taufe der Exorcismus gebraucht, d. i. die Beschwörung des Teufels, von dem Kinde zu weichen und dem heiligen Geiste Raum zu geben. An andern Orten ist der Exorcismus entweder nie gebraucht, oder abgeschafft worden. Da soll nun ein jeder Vater wißen, daß der Exorcismus der Taufe weder etwas gibt noch nimmt, daß er ebensowohl dabei sein, als fehlen kann, weil er nicht zu den nöthigen Stücken der Handlung gehört.
- b. Manche Kinder schreien vor und während der Taufhandlung und gerathen durch ihr Geschrei in starke Aufregung, so daß es hie und da einem Vater oder einer Mutter bedenklich ist, ob denn auch die heilige Handlung unter solchen Umständen die rechten seligen Folgen haben könne. Dergleichen Bedenken gehören jedoch unter die unnützen Plagen, die man sich oftmals macht. Das Kind ist nicht zurechnungsfähig, sein Geschrei ist kein Widerstreben, am wenigsten ein bewußtes: das Kind, welches die Taufe schweigend empfängt, ist um nichts heiliger oder empfänglicher, als ein schreiendes Kind; die Taufe aber behält auf die Unmündigen in beiden Fällen dieselbe Wirkung. Mancher Vater läßt sich das auch gefallen, aber er meint, die Kinder sollen durch die Taufe wenigstens zum Schweigen gebracht werden, wie wenn das Schweigen eine Wirkung des Sakramentes sein sollte. Allein,| wer hat jemals das leibliche Schweigen unter die Wirkung des heiligen Geistes und Seines Sakramentes eingereiht? Selbst dann, wenn man beim Geschrei des Kindes sich des Eindrucks nicht erwehren könnte, als rege sich, sei auch unbewußt, die Sünde; so wäre es doch eine unbewußte Regung und Sünde, auf die man desto leichter den Spruch beziehen könnte: „Es ist nichts Verdammliches an denen, die in Christo JEsu sind.“ Durch die Taufe wird das Kind Christo JEsu eingepflanzt, es ist alsdann in Christo und bleibt zweifelsohne in ihm, bis es sich mit Willen und Bewußtsein von ihm losreißt. Das Kind ist, wie es in einer alten Pathenvermahnung heißt, „nach der heiligen Taufe für nichts anderes zu erkennen und anzusehen, als für ein Kind des Allmächtigen und ein Gliedmaß JEsu Christi, dem auch die Engel Gottes dienen.“
- c. Wenn der Täufer unter dem Ausspruch der heiligen Namen das Kind mit dem Wasser übergoßen hat, legt er ihm die Hand auf, spricht den Taufsegen, den die Pathen mit Amen beantworten, und darauf „Friede sei mit dir.“ Das ist das erste mal, daß dem Kinde in seinem Leben der christliche Friedensgruß gesprochen wird, in welchem das Zeugnis der Gliedschaft Christi und der Kirchengemeinschaft ruht. Nicht gibt der Friedensgruß Gliedschaft und Gemeinschaft, sondern die Taufe wirkt beides, aber der Friedensgruß spricht es zum erstenmale aus, und das Herz der Angehörigen kann sich dieses Ausspruches freuen.
Nach der Taufe ist das Kind im Stande der Wiedergeburt und kann in seinem Leben nicht etwa noch einmal wiedergeboren werden. Es kann auf verkehrte Wege kommen einmal oder öfter, und kann sich alsdann ein oder mehrere male bekehren müßen. Die Bekehrung ist wiederholbar und soll wiederholt werden, so oft es nöthig ist, wie der HErr zum Volke Ephraim spricht: „Kehre wieder, du abtrünniges Ephraim, kehre wieder“; wie er auch zu Ephraim gesagt hat: „Du hast mit vielen Buhlen gebuhlet,“ und es dennoch zur Wiederkehr und zur Bekehrung aufgefordert. Die Taufe aber und die Wiedergeburt ist nur eine einzige, und so oft man sich auch bekehren müße, man kehrt immer nur zu der einzigen Taufe wieder und zu der einen Taufgnade, welche wie die Bekehrung dem armen Sünder offen bleibt, so lange er lebt.
So achte denn ein Vater, eine Mutter, ein Pathe auf den Inhalt dieses Blattes und vergeße nicht, sich daran zu erinnern, wenn’s Noth thut.
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Mel.: Von Gott will ich nicht laßen etc.
Laßet die Kindlein kommen
Zu mir, spricht Gottes Sohn;
Sie sind mein Freud und Wonne,
Ich bin ihr Schild und Kron.
Auch für die Kinderlein,
Daß sie nicht wärn verloren,
Bin ich ein Kind geboren;
Drum sie mein eigen sein.
Der HErr gar freundlich küßet
Und herzt die Kinderlein,
Bezeugt mit Worten süße,
Der Himmel soll ihr sein.
Dieweil Sein theures Blut,
Das aus Sein heilgen Wunden
Am Kreuzesstamm gerunnen,
Ihnen auch kommt zu gut.
Drum nach Christi Verlangen
Bringet die Kinder her,
Damit sie Gnad erlangen;
Niemand es ihnen wehr.
Führet sie Christo zu,
Er will sich ihr erbarmen,
Nimmt sie in seine Armen,
Darin sie finden Ruh.
Ob sie gleich zeitlich sterben,
Ihr Seele Gott gefällt;
Denn sie sind Gottes Erben,
Laßen die schnöde Welt.
Sie sind frei aller Fahr
Und dürfen hie nicht leiden;
Sie loben Gott mit Freuden
Dort bei der Engel Schaar.
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