Topographia Palatinatus Rheni: Creutzenach

Topographia Germaniae
Creutzenach (heute: Bad Kreuznach)
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aus: Matthäus Merian (Herausgeber und Illustrator) und Martin Zeiller (Textautor):
Merian, Frankfurt am Main 1645, S. 22–24.
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Creutzenach.

Ein wolbekandt / und zwar doppelte Stadt in der Untern-Pfaltz / an der Nahe / sambt einem Berg-Schloß / der Kautzenberg genant / im Anstoß des Hundsrucks / gelegen / so man vor Zeiten Stauronesum geheissen / wie Trithemius in Chronico Sponheim. schreibet; der auch in Anno 1181. solchen Orth noch ein Dorff nennet / und daß Anno 1183. daselbst ein grosse Brunst entstanden / dardurch viel Häuser verbronnen / und grosser Schaden geschehen seye. Es ist aber Creutzenach damaln unter dem Stifft Speyer gewesen / welches hernach solchen Orth / im Jahr 1241. dem Grafen von Seyna / umb 1100. Marck klaren Silbers / verkaufft / und umb solches Geld ihme gelegenere Orth erkaufft hat; wie er abermals schreibet / und sagt / daß Anno 1399. in der neuen Stadt zu Creutzenach ein groß entstandenes Feuer mehr als den halben Theil hinweg genommen habe. Es berichtet einer / daß Creutzenach von dem besagten Grafen von Seyna / an Sponheim / oder Spanheim / und folgends / durch diese Grafen / an Chur-Pfaltz / kommen; und sich befinde / daß solcher Orth etwan der alten Hertzogen in Francken gewesen / und durch Geschenck an besagtes Stifft Speyer gelangt seye. Und stehet in solchem Bericht ferner / daß das Barfüsser Closter allhie / von Pfaltzgraf Friederichen bey Rhein / Grafen zu Sponheim / mit Hülff des gemeinen Manns / Anno 1480. gestifftet worden; davon auch besagter Trithemius zu lesen. Es meldet der gedachte Bericht weiters / daß allhie auch ein Carmeliten Closter / am Marckt / das Schwartz-Closter / wegen deß Carmelitischen Habits / genant / so nachmals in ein Fürstliche Schul verwandelt worden. Die Pfarrkirchen stehet in einer Insul / so die Nahe machet; davon vielleicht / und einem grossen Crucifix / so etwan allda gestanden / der oberwehnte alte Nahm Creutz Insul herkommen / so man hernach in Creutzenach / oder wie ernanter [23] Abbt Trithemius (so sich Anno 1504. in dem Pfältzisch-Bäyerischen Krieg / mit deß Closters Sponheim / Büchern / (dergleichen Bibliothec damahlen keine in Teutschland gewest seyn solle /) und den besten Sachen / mehrer Sicherheit halber / hieher begeben) redet / Creutzenacht / verwandelt hat. Das Rathhauß / und der Pfaltzhoff / seynd allda auch zu sehen. Graf Johann von Sponheim hat den Metzgern allhie / wegen eines Metzgers von Creutzenach / Michel Mort genant / ein sonderlich privilegium ertheilt / welcher ihme in einer Schlacht so treulich beygestanden / ihn auß seiner Feind Hände / mit seinem eigenen Blut erlöst / mehr als 20. mit seinem Schwerd erlegt / und mitten hindurch ihme ein Bahn gemacht / und endlich / als er von Menge der Feinde unterdruckt / nicht mehr stehen können / auff den Knien / noch fünff getödtet / und viel verwundet hat; deme zu Ehren besagter sein Herr hernach ein steinern Bild offentlich auffrichten lassen; so geschehen Anno 1279. bey Gentzingen / nicht weit von Sprenglingen / wegen deß Castels Beckelnheim / so Graf Heinrich von Sponheim / dem Bischoff Werner von Mäyntz / ohne seines Brudern / gedachten Graf Johanns / Bewilligung / verkaufft hatte; wie bey dem viel angezogenen Trithemio, mit mehrerem hievon zu lesen. Anno 1334. hat Churfürst Baldewin von Trier diese Stadt vergebens belagert / das Land aber ringsherumb biß an die Pforten übel verderbet. Anno 1365. war Auffruhr allhie der Burgerschafft wider den Rath / also daß auch derselbe an den geweiheten Orthen / vor dem Pöfel / nicht sicher gewesen. Als solche gestillt / seynd 4. von den Hauptanfängern gefangen / und auff deß Grafen von Spanheim Befelch geköpfft worden. Anno 1458. ist vom zerflossenen Schnee / allhie ein solch Gewässer entstanden / daß die Nahe in die Pfarrkirchen geloffen / dieselbe gantz mit Wasser gefüllt / etliche Altär umbgerissen / die Wänd auffgelöst / die Grabstein hinweg geflösset; und die Kirch schier gar zu Grund gerichtet hat. Anno 1500. seynd zu Creutzenach / und in den umbliegenden Dörffern; auch zu Bingen / Mäyntz / Sobernheim / Meysenheim / und andern Orthen Teutschlands / viel / und seltzame Creutz / gesehen worden / an der Menschen Hembder / Schleyer / Tischtücher / Leylach; auch an denen / so in den Kisten verschlossen gewesen / und an der Altär Zierde / von unterschiedenen vermischten Farben / als wann Fett darunter wäre / so sich nicht außwäschen liesen / sondern biß auff den 9. oder 10. Tag verblieben / da sie selbst verschwunden seynd. Zwey Jahr hernach ist ein grosses Sterben darauff erfolgt. Anno 1504. hat Landgraf Wilhelm auß Hessen alles / so Chur-Pfältzisch umb Creutzenach herumb gewesen / greulich verwüstet / wie abermals beym gedachten Trithemio zu lesen; der auch in einer Epistel / Anno 1507. zu Würtzburg abgeben / sagt / daß M. Georgius Sabellicus, so sich den jüngern Faustum, Item fontem Necromanticorum, Astrologum, Magum secundum, Chiromanticum, agromanticum, pyromanticum, in hydra arte secundum, selbsten titulirt, eine kurtze Zeit / allhie / den Schuldienst versehen habe / als er durch Frantzen von Sickingen hieher befördert worden. Anno 1620. im Herbstmonat / als Marggraff Spinola / mit dem Burgundischen / und der Marggraf von Brandenb. Ohnspach / mit der Union Volck / bey Oppenheim / ein halbe Meil von einander / vergebens gelegen / hat unterdessen der Graf von Embden / auß Befelch deß besagten Spinolae, sich / mit sechs tausend zu Fuß / und etlich Cornet Reiter / zuruck gewendet / und vor Creutzenach gelagert / die Pforten mit einer Petarden eröffnet / und die Stadt den 10. dieses eingenommen: Und weil er deß andern Tags Alzei auch bekommen / ist ein grosser Schrecken / und Fliehen / zu Heydelberg entstanden / daß wann 2. Cornet Reiter dahin gelangt / die Stadt / und / so Spinola fortgesetzt hätte / die gantze Unter-Pfaltz übergangen wäre; wie ein gewester Professor zu besagtem Heydelberg schreibet. Folgends ist ein Spanische Regierung / unter Don Guilielmo Verdugo allhie zu Creutzenach gewesen. Anno 1632. mitten im Hornung / hat der König auß Schweden / von Mäyntz auß / Volck und Geschütz nach Creutzenach commandirt / so damals mit einer starcken Spanischen Guarnison besetzt war; und ist der König / mit Pfaltzgraf Friederichen / selber gefolgt; und hat zwar die Stadt mit Sturm erobert; aber die Besatzung im Schloß hat sich hertzhafft gewehret / und [24] ziemlichen Sachen unter den Schwedischen / auch denen gethan / so von Qualitäten waren. Nachdem aber das Schloß untergraben worden / und eine Mina gesprungen / so ihre Würckung ziemlich gethan / haben die Spanischen angefangen zu parlamentiren, und sich zu letzt ergeben. Der König hat ihnen die Wehr auß Gnaden geschenckt / und Stadt / und Schloß / besetzt. Anno 1636. war dieses Creutzenach von den Käyser- und Spanischen wieder belagert; aber folgends verglichen / daß es Neutral / und in Pfaltzgraf Ludwig Philips / und Marggraf Wilhelms von Baden / devotion seyn solte; wie dann auch Besoldus in Thesauro practico von Ganerben / pag. 312. schreibet / daß Creutzenach den Churfürsten Pfaltzgrafen / und den Marggrafen von Baden / zu Herren habe: Welches ingleichem Wehnerus in pract. observat. p. 198. bestättigt / und diesen Orth daher ein Ganerben-Stadt nennet. Anno 1639. haben die Sächsisch-Weymarische / und die Frantzosen diesen Orth erobert / und behalten / biß Anno 1641. beyde Städte umb den 27. May / und das Schloß den 2. Junij / die Käyserische unter ihrem General Gil de Has / wieder einbekommen haben. In dem Monat Decembri deß 1644. Jahrs / haben sich die Frantzösische am Rheinstrom befindliche Völcker / wiedermalen vor Creutzenach gemacht /und die Stadt erstlich / und endlich den 17. Decemb. auch das Schloß / nachdem sie demselben mit Miniren / und anderer Kriegs Gewalt starck zugesetzt / durch Ubergab erobert / und besetzt. Die Stadt sampt dem Land sollen sie hernach Herrn Pfaltzgraf Philips Ludwigen von Lautern / oder Simmern / zugestellt haben / wiewol einer berichtet / daß das Schloß sich erst Anno 1646. den Frantzosen ergeben habe / nach dem zuvor / im Jahr 45. den Besatzungen in Franckenthal / Coblentz und Hermanstein / ihr Anschlag auff die Stadt gefehlet hatte. Und solches Schloß haben sie die Frantzosen / noch Anno 1650. innen gehabt / biß folgends die restitution erfolgt ist. Es seynd umb die Stadt Creutznach feine Oerther / als Sobernheim / Monzingen / obgedacht Beckelnheim / Noßbaum / Mertzheim / etc. so vor der Zeit den Grafen von Sponheim zuständig gewesen / nachmals an Chur-Mäyntz kommen; folgends Hertzog Ludwigen dem Schwartzen zu Zweybrügg / von Mäyntz verpfändet / und in desselben unglückhafftem Krieg mit Churfürst Friderico I. durch Vertrag / bey Chur-Pfaltz verblieben / so geschehen Anno 1471. zu welcher Zeit auch obgedachtes Castell Beckelnheim in sein / deß Pfaltzgrafen / Gewalt / kommen ist. Es ligt bey Creutzenach das Closter Schwabenheim / der Regul S. Augustini, aber dem Ertzstifft Mäyntz unterworffen. Hergegen schreibet der Benedictiner Mönch / Romanus Hay, in Aula Eccles. et Horto Crusiano pag. 508. daß von dem Käyser Ferdinando II. Anno 1636. das verödete Unser lieben Frauen Closter Pfaff-Schwabenheim / nicht weit von der Stadt Creutzenach gelegen / und das vorhin den Canonicis regularibus S. Augustini gehört; aber die Pfaltzgrafen profanirt hätten / den Jesuitern wäre bewilligt worden. So ist in dem Ampt Creutzenach auch das vornehme alte Closter S. Disibodi Berg / so von dem H. Disibodo / einem Irrländer / so dieses Closter / nicht weit vom Closter Sponheim / erbaut / den Nahmen hat: So nachmals / als es zerfallen / auff einen andern Orth / und auff einen Berg / versetzt / allda S. Disibods Beine auch in eine neue Lad gethan worden seyn. Es schleust sich diß Ampt Creutzenach am Rhein / bey Bingen. Zwey Meil Wegs von Creutzenach ligt der Stahlberg. Anno 1653. hat sich Herr Pfaltzgraf Friederich zu Zweybrücken / erbotten / da jemand die gar reiche und lautere Silbergrub / auff diesem Stahlberg / wieder auffrichten / und in den vorigen Gang bringen wolte / demselben allen möglichen Vorschub zuthun.