Textdaten
<<< >>>
Autor: Z.
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Theerjacke und Landratte
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 4, S. 70
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1873
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite

[70] Theerjacke und Landratte. Seit einigen Jahrzehnten hat sich in Deutschland mehr und mehr eine rege Theilnahme an maritimen Interessen und, namentlich auch im Binnenlande, an der Entwickelung der deutschen Kriegsflotte kund gegeben. In größerer Anzahl als früher widmen sich gebildete junge Leute dem seemännischen Berufe und wenden sich, da der Eintritt als Cadet in die Kriegsmarine nur verhältnißmäßig wenigen gestattet werden kann, der Kauffahrteischifffahrt zu; ist doch die Handelsflotte Deutschlands die dritte der Welt und wird an Anzahl der Schiffe sowie an Tonnengehalt nur von der Englands und Nordamerika’s übertroffen!

Wenn nun die deutsche Literatur bisher auch keine Seeromane aufzuweisen hat, die denen Cooper’s oder Marryat’s an die Seite zu stellen wären (und es erklärt sich leicht aus dem früheren, von der Nation so tief empfundenen Mangel einer Kriegsflotte, so wie aus dem Umstande, daß gebildete Seeleute auf deutschen Handelsschiffen vor nicht gar langer Zeit nur noch ziemlich spärlich anzutreffen waren, daß deutschen Federn dies Feld ziemlich fern lag), so bringen unsere Zeitschriften doch manchmal Novellen und Schilderungen aus dem Seeleben, und in manchen von diesen findet der mit dem Seewesen Vertraute oft Ausdrücke, die ihm fremd, mitunter geradezu lächerlich sind. Solche Ausdrücke sind „Theerjacken“ und „Landratten“. Beide sind aus dem Englischen falsch übersetzt, wie sich denn überhaupt die Übersetzer englischer Seeromane auch an der Verdeutschung der darin vorkommenden technischen Ausdrücke von jeher schwer versündigt haben.

„Jack Tar“ nennt der Engländer wohl scherzweise den Matrosen, und dies würde wörtlich übersetzt „Jan Theer“ heißen.

„Landratte“ ist aus dem englischen Worte landlubber gemacht. „Landlubber“ nannten die Seeleute der englischen Kriegsschiffe die armen Teufel, welche von den ehemals für die Flotte rekrutirenden nächtlichen Preßgängern aufgegriffen wurden und von denen es sich später herausstellte, daß sie keine Seeleute waren, die trotzdem aber nicht wieder entlassen wurden, sondern auf den Kriegsschiffen dienen mußten; konnte doch sonst das stolze England seine Flotte nicht bemannen! Landlubber wird verächtlicher Weise auch wohl Jemand genannt, der sich auf einem Schiffe als Matrose verdingt und doch seiner Charge nicht gewachsen ist, sodaß seine Cameraden häufig für ihn eintreten müssen; einen solchen würde der deutsche Matrose einen „verdammten Bur“ nennen.

Die Ausdrücke „Theerjacke“ und „Landratte“ gebraucht ein deutscher Seemann nie; sie werden ihm nur von Touristen in den Mund gelegt, die eine Hafenstadt oder ein Seebad besucht oder wohl gar eine kleine Seereise gemacht haben.

Es war daher wohl an der Zeit, hierauf aufmerksam zu machen, damit „Theerjacken“ und „Landratten“ endlich aufhören, als Schlagwörter zu figuriren!
Z.