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Titel: Aus den Kaukasus-Kriegen
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aus: Die Gartenlaube, Heft 4, S. 70–71
Herausgeber: Ernst Keil
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Erscheinungsdatum: 1873
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[65] 

Plastuni, Tscherkessen aufspürend. Nach der Skizze des russischen Artillerie-Hauptmannes W. im Kaukasus.

[70] Aus den Kaukasus-Kriegen. (Mit Abbildung, S. 65.) Wir werden unseren Lesern in einer der nächsten Nummern Mittheilungen eines russischen Officiers aus dem kaukasischen Leben, besonders aus den Tscherkessen-Kämpfen, darbieten und bringen als Vorläufer jener Mittheilungen heute eine Scene in Wort und Bild, welche die eigenthümliche Art der dort gebräuchlichen Kriegführung treffend charakterisirt. Unser Correspondent schreibt uns:

„Beim Beginne des letzten großen kaukasischen Krieges, als die russischen Colonnen begannen, von allen Seiten durch die damals noch dicht stehenden Wälder des Kaukasus gegen die Berge vorzudringen, verloren sie ungeheuer viel Leute, welche ihnen einzeln aus Hinterhalten niedergeknallt wurden. Da die Terrainausdehnungen ungemein groß und mit dicht stehendem Holze bewachsen waren, so war es einzelnen Banden der zurückweichenden Tscherkessen ganz leicht, sich in den Flanken oder im Rücken vormarschirender Colonnen zu sammeln. Da überfielen sie dann ganze Wagen- und Waarenzüge, oder Ansiedelungen russischer Colonisten und beraubten und mordeten, was ihnen unter die Hände fiel; vorgeschobene Posten, einzelne Officiere und Soldaten, welche sich nur um Weniges von der Colonne oder dem Lager entfernten, wurden sofort von in sicheren Verstecken liegenden guten Schützen niedergeschossen, und sehr oft kam es vor, daß mitten in einer sich außer Schußweite wähnenden Colonne, oder in der Mitte eines mit doppelten Posten umzogenen Lagers von hinter Felsen oder Gebüschen versteckt liegenden, einzelnen, vortrefflich schießenden Tscherkessen Officiere verwundet oder getödtet wurden.

Da kam man auf den Gedanken, ein Parteigängercorps zu bilden, welches diese Guerillabanden in Schach halten sollte. Zu einer solchen Truppe aber brauchte man Leute, welche es an Verwegenheit, Ausdauer, Terrainkenntniß und Schußsicherheit mit den wilden Bewohnern der Berge aufnehmen konnten. Die glücklichste Wahl, welche je für diesen Zweck getroffen werden konnte, fiel auf die Bewohner der Gegenden des schwarzen Meeres, auf die tapferen und verwegenen Nachkommen der Saporoger, die Kosaken vom schwarzen Meere. Waghalsig bis zum Extrem, mit den Sitten und Gebräuchen sowie der Art der Kriegführung der Bergbewohner und zum größten Theil auch mit ihrer Sprache vertraut, waren sie jedenfalls für diese äußerst gefährliche Aufgabe die richtigen Leute, um so mehr, da sie zuallernächst persönlich dabei interessirt waren, den Raubzügen der Marodeurbanden einen Riegel vorzuschieben, da ihre Familien und Gehöfte [71] den Angriffen und Ueberfällen der im Rücken und den Flanken vorrückender Colonnen streifenden Tscherkessen am allermeisten ausgesetzt waren.

Diese Truppe war mit gezogenen kleincalibrigen englischen Doppelstutzen versehen und bestand aus meist ausgezeichneten Schützen und stets tüchtigen und kundigen Jägern, welche auf’s Genaueste gleichgekleidet waren, wie die Tscherkessen. Von geschickten, auf’s Aeußerste verwegenen Officieren befehligt, leistete dieses Corps, sowohl als Kundschafter operirender Abtheilungen, wie auch als meist unsichtbarer Beschützer einzelner, nicht in unmittelbarer Nähe der Truppen sich befindender Soldaten, Transportzüge und alleinstehender Gehöfte wirklich ausgezeichnete Dienste. Gewöhnlich zu Zweien oder Dreien, höchst selten zu mehr als sechs Mann, durchstreiften diese Parteigänger in allen Richtungen das von Truppen durchzogene Terrain, gleich ihren Feinden, sich hinter jedem Felsen, hinter jedem Busche versteckend, wie die Schlangen durch Dick und Dünn kriechend, unermüdlich der Spur der Tscherkessen folgend und Gleiches mit Gleichem vergeltend, wo einer in Schußweite kam, denselben unerbittlich niederknallend. Meist an Körperkraft und Gewandtheit ihren Gegnern überlegen, nahmen sie oft den Kampf mit den ihnen an Zahl dreifach gegenüberstehenden Feinden auf, hatten dann aber auch im Falle des Unterliegens keine Gnade und Barmherzigkeit zu erwarten.

Plastuni (die Kriegenden, auf der Erde Liegenden) wurden sie genannt wegen ihrer Gewohnheit, gleich den Katzen auf dem Bauche bis an ihre Beute hinanzukriechen. Von ihren wilden Gegnern nahmen sie nur zu oft rohe und unmenschliche Gebräuche an; so war es bei ihnen lange Zeit Sitte, die Köpfe oder die rechte Hand ihrer getödteten Feinde, sowie die Ohren der gefangenen als Siegestrophäen abzuhauen.“