Spruch vom Römischen Reich aus dem Jahre 1422

Textdaten
Autor: unbekannt
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Titel: Spruch vom Römischen Reich aus dem Jahre 1422
Untertitel:
aus: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur. Band 25, 1881, S. 71-77
Herausgeber: Ernst Henrici
Auflage:
Entstehungsdatum: 1422
Erscheinungsdatum: 1881
Verlag: Weidmann
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Erscheinungsort: Berlin
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Quelle: Google-USA* und Commons
Kurzbeschreibung:
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[71]
SPRUCH VOM RÖMISCHEN REICH AUS DEM JAHRE 1422.

Im folgenden teile ich aus der oben s. 60 beschriebenen foliohs. Arundel 6 des British museum ein gedicht mit, das eigentlich auf diese bezeichnung keinen anspruch erheben kann, denn es ist nur von historischem interesse. der text wurde genau nach der hs. gegeben, doch sind die wenigen compendien derselben aufgelöst, falsche Worttrennungen berichtigt und die interpunction hinzugefügt, mehrere stellen verstehe ich nicht.

In dem spruch vindt man war auff[1] das Romisch reich Im anfang gesetzt sey vnd wie das her komen sey.

GEystliche ertzundung warer mynnenn,
Got herr, tzundt an das flammen prinnen
Gemeingklich fur alle cristenheyt.
Was ich vor ye han geseyt,

5
Das ist alles gewesen ein schimpff.

Ich furcht erst grossen vngelimpff,
Der vnter den hossen will auff stan,
Als ich vor offt gemeldet hann,
Das man die seck[2] pillich het deutten,

10
Die cristen glauben also scheutten

Und leyder reichenn thut als weyt.
Ir secht waran es ytzundt leyt,
Das woldt ich yezů ertzelen.
Hort zu vnd lat her prellen.

15
Zw den tzeiten do Octauianus

Reichßnet der erst augustus,
Dem rufft lucas auß seyen[3] teytell
In seynem andern Capitell:
Exijt edictum,

20
Er wolt wissenn zale vnd sum,

Das menigklich in der werlt wurd tzelt.
Wer sich ytzunt des gleichen stelt

[72]

Vnnd sich auss[4] augustus nennet
Vnd bey dem name nicht erkennet,

25
Wie der name sey komen her,

Darumb merck meyne wort vnd ler:
Er heist ein merer alletzeyt.
Denn namen man eynem keyser geyt
Vnd rechtenn kuniglichen schall;

30
Also nennet man die noch all

Biß noch heut auff diesen tag,
Das nymant nicht wol gewissen mag,
Wie lang sie beleybenn der keyserthum
Denn Romischen fursten zu Rom.

35
Nach cristi gepurt dreyhundert iar

Und Eylfer mer, das wisset fur war,
Darnach wurden sie verschaltten,
Das sie nicht mer sollten waltten
Eyner keyserlichenn wall.

40
Das geschach durch suntlich vall.

Merkt, yr furstenn, diesen coppell[5]
Der wonet genn Constantinopell
Gleich als man ein kunig erwelt,
Als euch hernach wirt ertzelt,

45
Wie das du belyben sey

Das die furstenn bestanden dapey
Der wall, ob das ymant wundertt,
Zweyntzig iar vnd auch sechshundert
Ist belieben in der teutschen hant.

50
O teutsch zunge, piß gemant,

Das dir die ere nicht werde entzogen!
Suntliche hoffart wurden betrogenn
Romer vnd auch die kriechenn.
Secht wie der gelaub ytzundt begynt siechen,

55
Dartzu Cristenlich gepott.

Ert noch den almechttigen got,
Vnd tret nicht von der kur,
Demmet den ketzerlichen schawer
Vnd secht an gottes hantgethatt;

[73]
60
Laß[6] hochfart vnd neyt, das ist meyn rat,

So wirt auch nicht entzogen das.
Als ich in eyner Cronick laß,
Wie lublich begabt sie teutsche zunge,
Der grunt vnd der vrsprunge

65
Will ich ertzelen, ob ich kann.

Myt denn kurfursten heb ich ann,
Der siebend[7] sindt, die ich kenne.
Drey ertzpischoff, die ich nenne:
Meintz, cölen vnd darzu Trier,

70
Als keyser karell das geuiell,

Die gewalt sullenn habnn in der cantzley
(Ir teutschen, merckt diese krey),
Doch vglicher in seyner prouintz.
Noch sind mer redlicher printz,

75
Die macht nach keyserlichen stat:

Sachsen das marschalckamptte in hat,
Der truckseß ist pfaltzgraue pey Rein,
Der von brandenburgk soll kamerer sein.
Denn vierdenn nennen ich euch[8] sueß:

80
Kunig pinterna[9] boheymus.

Welenn ein den man kronen soll,
Wer inn darzu tut geuallen wol:
Das heyst ein kunig der Romisch kronn,
Den sollen wir pillich haltten schonn

85
Mit aller vnnser gehorsame.

Altzeit Augustus ist sein name;
Doch das er sey teutscher zungen,
Sust menigklich ist der wal verdrungen.
Er soll sein streng, gerecht vnd frum,

90
an[10] geuerde gleicher schirmung,

Vnd setzen die cristenheyt in frydt.
Des sullenn ym geholffenn sein seyne gleder[11],
Die dem reich do sind gewant,
Die myr ertzeygent[12] sindt bekant,

95
Darauff des reichs grund ist gesetzt,
[74]

Die sehen wie man ytzundt letzt
Das reich der heyligenn cristenheyt.
Das solt von denn haben gelayt,
Wann teutsche zunge ist dartzu gestifft,

100
Das die andern zungenn vbertrift

Myt fursten grauen freyen,
Die ich altzeyt will bekreyen
Vnd hie ertzelen wer die sint:
Pfaltzgraue pey reyn eins fursten kindt,

105
Luttringen vnd dartzu braunstzweyg,

Swaben nach Ritterlicher eyle
Das sind des reichs vier hertzogen.
Vier marggraue vnbetrogen:
Brandenburg vnd auch meychsen,

110
Merhern sich[13] man auch gleyssenn;

Der wirdt[14] marggraue von lottringen.
Nu sicht man her dringenn
Wier[15] lantgrauen myt grosser wirdt:
Von doringen, hessen myt gezirde,

115
Der uon leuchttenberg mit erschein

Vnd der in elsaß zu eßeßheym.
Also sint ir noch woll vier
Vnnd vier burggrauenn nennt man myr:
Meydburgk vnd nureinbergk,

120
Reyneck[16] vnd dortzu strumbergk.

Noch sindt vier grauen bey dem reich:
Von kleff vnd Swartzpurck bede gleich,
Von lunpurck vnd von Tusiß,
Westerburg[17] ich dartzu myß,

125
Der wierdt[18] ist vonn allewalden.

Vier Ritter thut man haltten:
Der ein ist von andlan[19],
Von strundeck den ken ich schon,
Der drit ist von meldingen,

130
Frawenburg[19] sicht man dringen.
[75]

Vier stet: der erst heyst Cesaris,
Augspurck nennt man sie ytzunt gewiß,
Mentz, ach, lübegk.
Vier dorffer banner ich auff steck:

135
Bambergk vnd sletstat,

Vlme, hagenaw dartzu wat.[20]
Mer vier des reichs gepauwern:
Cölnn, Regenßpurgk an trauren,
Constantz vnd Saltzpurg ich auff mytz,

140
Das sindt vier mechtig paurn myt witz;

Der grunt soll das reich auch haltten.
Nu ist der glaub leyder gespaltenn,
Das dem reich grossen schadenn pringt,
Die keytzerey myt dem glauben ringt

145
Wider gotlich ere vnd wirdt,

So ist Ordnung vnd gezirdt,
Das man doch pillich wenden thut.
Ir stoltzen fursten woll gemut,
Gedenck[21] an alle ewern stat,

150
Handelt die sach nach weysen rat,

Doch das die ketzer wern vertrieben;
Secht ann wie lang seyt yr belieben,
Das yr seyt der hochst senat,
Wann keysers wall von euch zu gat,

155
Das doch ein grosse wirdt heyst.

Darumb, yr teutschen, seyt gereytz,
Das yr waren l.ben .ilf[22]
Kumpt trostlich ytzundt zu hilff.
So rat ich das, keyser Sigmundt,

160
Habe die fursten lieb auß rechttem grundt,

Wann sie vonn bebstlichen wesen
Besunder hat auß gelesen
Kuniglich kron, darnach solttu dich betrachtten
Vnd nach hilff der teutschen achten,

165
Die man dir freuntlich teylt hat myt.

Heb an, flehe, gepewt vnd pit,
Tu auff den schatz, silber vnd golt,

[76]

Vnd gib der Ritterschaft iren solt,
Auch sprich denn fursten gutlich zu,

170
Damit die cristenheyt kumpt wider in rw

Durch der fursten hilff vnd crafft,
Vmb cristenliche Ritterschafft
Vnd auch vmb manig lebendig schar,
Der die herolt nement war.

175
Der was an tzall vnd vbervill.

Der wappen ich blaßmyrn will.
Als ydem seynem stat do zymmet
Hann ich getrachttet vnd gestympt
Nach der rechtten visiment

180
Durch fursten vnnd auch ander gent,

Von golde, silbervarb vnd gestein
Verwapent adenlich vnd reyn:
Der schar daucht ich mich[23] gemeyt.
Nu will ich sagen vnderscheyt

185
Der wappen ein teyll, ob ich kann,

Wie cleydet was maniger stoltzer man.
Hundert tausent man do sach,
Als mir manig herolt das vergach,
Auff das mag sprechen ich,

190
Ains dem andern was nicht gleich.

Als do man schylt vnd helm verpant,
Vil manig tyer ich do bekant
Bede[24] tzam vnd dartzu wildt,
Auf pirg, gestreuß vnd auff geuildt

195
In sprungen, gengen ich sie vand

In spur, in pellen vnd in Rampand.
Ir was auch manges gepochen
In last vnd auch auff getzogen;
Ein teyl stunden in schonn in stagk,

200
Ains das stundt, etlichs das lach.

Zeltten, trabn, Esell vnnd maull;
Geturnet, gepfert, gerste vnd sewll;
Vnd manig schilt gewolkenyrt,
Vme geben vnd gestagnyrt,

[77]
205
Schilt kuchen vnd auch das roch.

Schilt in schilt sach man auch,
Vnnd manger schilt durch plencket
Swer ploß in pundt geschrencket[25]
Vnd manig wappen das nicht wirt ertzelt,

210
Domyt gewappent was manig helt;

Also was beheym walt durch strewt,
Des sich manig hertz vnd mut erfrewet.
Die schar, die man da thut sehenn,
Als myr die herolt des verjehenn,

215
Do was grosser gewalt vnd vbermacht;[26]

Wie sich das biß her hat gesacht,
Das will ich nu zu mall vertragenn
Und von der sach nichtz mer sagenn
Doch die rede, die ich denn fursten[27]

220
Die soll damit haben ein ennde.

Die stuck verkundet offenbar
Do man tzalt viertzenhundert iar
Vnd zweyvndtzentzig iar da pey.


Berlin, den 6 april 1880. ERNST HENRICI.


  1. auff war hs., durch zeichen umgestellt
  2. l. seckt; der sinn der zeile ist mir jedoch unklar
  3. l. seynen
  4. l. auch
  5. die construction dieser und der folgenden zeilen ist unklar
  6. l. Lasst
  7. l. sieben
  8. hs. euch ich, durch zeichen umgestellt
  9. mir unklar, vielleicht verdorben aus Pincerna kunig
  10. vor an ist Alle durch zeichen getilgt
  11. der reim erfordert glid
  12. verstehe ich nicht
  13. l. sicht
  14. l. vierdt
  15. l. Vier
  16. unweit der mündung des Rheins in den Bodensee
  17. auf dem Westerwald, in der alten grafschaft Leiningen-Westerburg
  18. l. vierdt
  19. a b im Unter-Elsass, kreis Schlettstadt gibt es Andlau, Frauenburg am frischen haff
  20. l. vat
  21. l. Gedenckt
  22. an der stelle der puncte je ein buchstabe undeutlich; vor ilf scheint b zu stehen; unverständlich
  23. micht hs.
  24. Bedem hs.
  25. die letzten zeilen sind mir unklar
  26. in der hs. steht macht in der folgenden zeile
  27. die stelle ist wol verderbt; es scheint ein vers zu fehlen, auch am ende mangelt vielleicht einer

Anmerkungen (Wikisource)

Zum Text siehe Hans-Joachim Ziegeler, 'Spruch vom Römischen Reich', in: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, 2. Aufl. Bd. 9, Sp. 186-188. Der möglicherweise von einem Herold verfasste Spruch gehört in den Kontext der Hussitenkriege und enthält die früheste datierte schriftliche Aufzählung der Quaternionen der Reichsverfassung.

Überlieferung:

  • London, British Library, Ms. Arundel 6, Bl. 26v-29r, geschrieben 1460 von Johannes Schumann de Lutzenburg Handschriftencensus
  • Nürnberg, Staatsarchiv, Rep. 52a, Nürnberger Handschriften, Nr. 338a, geschrieben nach 1442 (Datierung einer Urkunde) bzw. 1446 (rote Jahreszahl Bl. 61r) wohl in Nürnberg. Ein Hanns Reynolt trug historische Notizen über die Schicksale der Juden in Nürnberg nach. Zur Handschrift siehe außer dem Handschriftencensus und dem Findbuch die Beschreibung bei Ernst Schubert: Die Quaternionen. Entstehung, Sinngehalt und Folgen einer spätmittelalterlichen Deutung der Reichsverfassung, in: Zeitschrift für historische Forschung 20 (1993), S. 1-63, hier S. 61f. Schubert gibt vom 'Spruch vom Römischen Reich' S. 60f. kurze Textproben aus der Nürnberger Handschrift und druckt S. 62f. die Passage über die Quaternionen nochmals ab.