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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 12

wieder auf und gelangten zu einer nie gekannten Bedeutung unter der Regierung Ludwigs XV. Wie früher der Ritter die Farben seiner Dame trug, so benutzte jetzt der Kavalier das Parfüm, welches die Dame als ihr angenehm bezeichnet hatte. Gegenwärtig ist der Verbrauch der Parfümerien ein viel größerer als damals; während er sich aber früher nur auf die höchsten Kreise beschränkte, hat er sich jetzt über alle Volksschichten ausgedehnt und ebendadurch bedeutende Industriezweige geschaffen. Es fehlen genaue statistische Angaben über die Produktion von Parfümerien; aber Barreswil berechnete, daß der Umsatz in diesen Artikeln in Frankreich über 40 Mill. Frank beträgt (20mal mehr als 1810). Vgl. Hirzel, Toilettenchemie (3. Aufl., Leipz. 1874); Rimmel, The book of perfumes (4. Aufl., Lond. 1866); Deite in Bolleys „Handbuch der chemischen Technologie“ (Braunschw. 1867); Askinson, Die Parfümeriefabrikation (2. Aufl., Wien 1884); Piesse, The art of perfumery (4. Aufl., Lond. 1880); Winckler, Die Parfümeriefabrikation (2. Aufl., Halle 1882); Bergh, Rezeptbuch der Parfümeriefabrikation (Berl. 1883); Mierzinski, Die Riechstoffe (6. Aufl., Weim. 1887).

Parfümieren (franz.), wohlriechend machen.

Parga, feste Stadt im türk. Wilajet Janina, am Adriatischen Meer, der Insel Paxos gegenüber, in herrlicher, an Fruchtbäumen reicher Gegend, hat eine Citadelle, einen von den Venezianern 1572 errichteten Hafendamm und zählt kaum 1500 Einw. Die alte Stadt P. (Paläoparga) lag westlich von der jetzigen, an der Stelle des antiken Toryne; bei dem Einfall der Türken in Europa bauten sich die Bewohner (Pargioten) auf der jetzigen Stelle an und trotzten dort jahrhundertelang der Macht der Türken. 1401 begaben sie sich in den Schutz Venedigs und blieben mit der Republik im Bündnis bis zum Untergang derselben (1797), worauf sie französische Truppen aufnahmen. Ali Pascha von Janina wünschte die Stadt in seiner Gewalt zu haben; die Pargioten schlugen jedoch alle Angriffe des letztern siegreich zurück und suchten um Einverleibung in die Republik der Ionischen Inseln nach, worauf die Engländer eine Besatzung nach P. legten, ohne indes die Bitte um Einverleibung zu gewähren. Sie übergaben vielmehr die Stadt 1819 Ali Pascha. Nun wendeten sich die Einwohner fast alle nach den Ionischen Inseln, so daß Neuparga ganz verödete.

Parhelĭen (griech.), s. v. w. Nebensonnen, s. Hof, S. 604 f.

Pari (ital., franz. pair, engl. par), gleich, insbesondere dem Nennwert oder Nominalgehalt gleich, vorzüglich zur Bezeichnung des Kursstandes von Geld und Wertpapieren gebraucht. Münzen stehen p. oder al pari (auf dem gleichen, franz. au pair), wenn ihr Kurs gleich ihrem Metallgehalt, bez. bei Scheidemünzen und Wertpapieren, wenn er gleich der Summe ist, auf welche dieselben lauten. Steht der Kurs über p., so nennt man den Mehrbetrag Agio oder Aufgeld, steht er unter p., so heißt der Minderbetrag Disagio. Parität tritt bei Wechseln dann ein, wenn sie an verschiedenen Wechselplätzen gleichen Kurs haben. Vgl. Kurs.

Parĭa, Halbinsel an der Küste von Venezuela, gegen O. gerichtet, reicht bis ziemlich an die Nordwestspitze der Insel Trinidad und war wahrscheinlich in der Vorzeit mit derselben verbunden. Die Halbinsel ist von den östlichen Ausläufern der malerischen Küstenkette Venezuelas durchzogen, welche sich über mehrere kleine Inseln von der Punta P., der nordöstlichsten Spitze Südamerikas, nach der Insel Trinidad hinüberzieht. Die Straße zwischen Festland und Insel ist die Boca del Drago („Drachenschlucht“), welche mit Hast und Gewalt von der äquatorialen Meeresströmung durchflossen wird. Zum erstenmal wurde die Straße von Kolumbus auf seiner dritten Reise 15. Aug. 1498 durchfahren, nachdem er 14 Tage vorher (1. Aug.) das Festland von Amerika entdeckt hatte. Die Halbinsel umschließt mit der Insel Trinidad den Golf von P., an dessen Küste, in der Nähe des Cabo de Lapa, der Kontinent 4. Aug. 1498 zum erstenmal von Europäern betreten wurde.

Parĭan (parisches Porzellan), den gelbweißen Ton des parischen Marmors nachahmende englische Porzellanmasse, wird besonders zu Figuren benutzt. Es nimmt eine Mittelstellung zwischen Steingut und Frittenporzellan ein und wurde zuerst 1848 von Copeland u. Söhnen und von Minton in Stoke upon Trent hergestellt. Vgl. Thonwaren.

Parias (Parayen, von dem tamulischen Parai, die Trommel, da die P. häufig die Dorfmusikanten vorstellen), Leute der niedrigsten Hindukaste, stehen eigentlich außerhalb der Kastenordnung und befanden sich deshalb früher vielfach in einer der Sklaverei ähnlichen Lage, während sie jetzt freie Handarbeiter sind. Die Portugiesen fanden diesen Namen an der Küste von Madras den unreinen, niedrigen Kasten gegeben; fälschlich wurde er dann auf das ganze Reich übertragen. Der Zensus von 1881 ermittelte 3,290,038, davon 3,223,584 in der Präsidentschaft Madras, der Rest in Travankor.

Parĭation (lat.), Ausgleichung; Schuldtilgung, Barzahlung; auch s. v. w. Einkindschaft.

Parĭdae, Meisen, Familie aus der Ordnung der Sperlingsvögel (s. d.).

Parieren (lat.), gehorchen; in der Fechtkunst einen Stoß oder Hieb abwenden (s. Fechtkunst, S. 89); ein Pferd in schnellem Lauf plötzlich zum Stehen bringen; auch s. v. w. wetten; in der Kochkunst endlich: Fleischstücke, wie Beefsteaks etc., sauber zuschneiden und von Haut und überflüssigem Fett befreien.

Parīerstange, s. Schwert.

Parĭes (lat.), Wand, Wolkenbank.

Parĭetāles, Ordnung von Dikotylen im Pflanzensystem Endlichers und Brauns, charakterisiert durch meist fünfgliederige Blütenblattkreise und meist drei Karpelle, welche einen oberständigen, einfächerigen Fruchtknoten bilden, an dessen Wänden die wenig vorspringenden Samenträger hinlaufen, umfaßt die Familien der Resedaceen, Droseraceen, Violaceen und Frankeniaceen. Im System Eichlers werden die P. mit den Guttiferen und Lamprophyllen zu der Reihe der Cistifloren (s. d.) vereinigt.

Parieu (spr. parĭöh), Marie Louis Pierre Félix Esquirou de, franz. Staatsmann und Gelehrter, geb. 13. April 1815 zu Aurillac, ward 1841 Advokat am Appellhof zu Riom und 1848 Mitglied der Nationalversammlung, wo er zu den gemäßigten Republikanern gehörte und 5. Okt. vergeblich die Wahl des Präsidenten durch die Versammlung verlangte. In der Legislative gehörte er zur Ordnungspartei, war vom 1. Nov. 1849 bis 13. Febr. 1851 Unterrichtsminister und übte einen unheilvollen und dem herrschsüchtigen Klerus vorteilhaften reaktionären Einfluß aus. Nach dem Staatsstreich ernannte ihn Ludwig Napoleon zum Mitglied der konsultativen Kommission; 18. Dez. ward er Vorsitzender der Kommission für Inneres, Justiz und Unterricht, im Januar 1852 Staatsrat und 1855 Vizepräsident desselben, welche Stelle er bis 1856 bekleidete. Er wurde aus einem Republikaner ein starrer Absolutist, der sich allen liberalen Reformversuchen

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verschiedene: Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage, Band 12. Bibliographisches Institut, Leipzig 1888, Seite 717. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Meyers_b12_s0717.jpg&oldid=- (Version vom 21.12.2024)